Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
den Wirren nichts geschehen sei. Zu allem Übel wurde Blanca von einem schweren Fieber niedergeworfen und verlor das Bewusstsein.
    Das alles hätte sie verwunden, wie sie in ihrem Leben schon so viele Demütigungen, Enttäuschungen und Krisen weggesteckt hatte. Doch dieses Mal war alles anders, denn es gab niemanden, für den sie kämpfen konnte, außer ihr selbst. Früher hätte auch das ausgereicht, doch heute, fast dreiundsiebzig Jahre alt, geprägt von zahllosen Kriegen und Fehden und bereits über den Gipfel ihrer Träume hinweggestiegen, war ihr das nicht mehr genug.
    »Du fehlst mir so«, sagte sie vor Landos Sarkophag. »Wie soll ich ohne dich weitermachen? Sag mir das, du sturer Kerl.« Wie damals beleuchteten Kerzen die Kapelle, und obwohl sie allein war, meinte sie das melancholische Spiel der Flöte zu hören. Aus einem kleinen silbernen Gefäß dampfte wohltuende Myrrhe und hüllte den Raum mit ihrem rauchigen, beruhigenden Duft ein. Marocias Kopf sackte langsam herab, tiefer und tiefer. Plötzlich gellten laute Rufe durch die Gänge und Hallen des Kastells.
    Marocia schreckte umgehend hoch. Waren die Aufständischen eingedrungen? Ihren Stock mit den Fäusten umklammert, eilte sie so schnell wie möglich aus der Kapelle. Da kam ihr auch schon Suidger entgegen. »Es sind die Deutschen!«, rief er atemlos. »Nicht viele, aber immerhin. Sie haben die Belagerer vertrieben.«
    Zu Suidgers großem Erstaunen fiel Marocia ihm augenblicklich um den Hals und hielt diese Position eine Weile, so dass der Geistliche sich kaum bewegen konnte. Als sie ihn endlich wieder losließ und anstrahlte, räusperte er sich verlegen und sagte: »Einen bitteren Beigeschmack hat diese Rettung allerdings. Die Deutschen werden von Eurem speziellen Freund Liudprand angeführt.«
    Marocias Freude ließ sich nicht irritieren. »Heute ist der Mann mir ein Segen.«
    »Ja«, murmelte Suidger und ging der Senatrix voran. »Und morgen vielleicht ein Verderben.«

    »Ein halbes Jahrhundert lang hast du unrühmliche Kirchengeschichte geschrieben, Weib, aber das ist nun vorbei.« Liudprands Stimme posaunte wie das Urteil des Jüngsten Gerichts durch die Eingangshalle der Engelsburg, wobei sie sich mehr an die Umstehenden zu wenden schien als an die Senatrix. Vor wenigen Augenblicken erst hatte der Bischof und kaiserliche Sonderbotschafter das Kastell betreten, doch schon hielt ihn nichts zurück, sich in hasserfüllter Prophetie zu üben: »Ich werde dein Geschlecht mit Stumpf und Stiel vom Erdboden vertilgen, und mit der entsetzlichsten deiner Kreaturen, deinem Enkel, mache ich den Anfang.«
    Er hinkte einige Schritte durch die Eingangshalle, wobei er für alle sichtbar ein Papier feierlich in der Hand hielt. »Dies ist die Anklageschrift«, sagte Liudprand scharf und hielt Marocia schließlich das Dokument vor Augen, das die Grundlage für die Absetzung und Verurteilung Octavians bilden sollte, sobald man seiner habhaft würde. Noch war der Aufstand nicht zusammengebrochen, denn die Soldaten, die Liudprand mitführte, reichten gerade mal aus, um die Engelsburg sowie das Gebiet bis zur Petersbasilika aus der Klammer der Belagerung zu befreien, noch kämpfte der Kaiser im Norden und ein weiteres Heer gegen die Byzantiner im Süden. Aber für Liudprand war der wichtigste Feldzug der gegen Marocia und ihre Nachkommen: »Erteilung von Bischofsweihen gegen Geld«, zitierte er aus der geplanten Anklage, »Bestechlichkeit, Sodomie, Inzest mit seinen Schwestern, Anrufung heidnischer Götter, Teufelskult . . .«
    »Ihr könnt noch hinzufügen, dass ich gesehen habe, wie er mit einem Besen über die Engelsburg geflogen ist«, ergänzte Marocia sarkastisch.
    »Mache nur deine Witze, Weib«, entsetzte Liudprand sich. »Die Lust an Spötteleien wird dir schnell vergehen, wenn du hörst, dass die Prälaten, die am Weihnachtstag zu Gericht sitzen, das Leben deines verabscheuungswürdigen Enkels nicht schonen werden.«
    »Ach, Ihr kennt schon das Urteil, Exzellenz? Der Herr muss Euch mit wahrhaft prophetischen Gaben gesegnet haben.«
    Liudprands knochige Wangen plusterten sich kurz auf. Dieses Weib war unverschämt, gottlos und tückisch, eine Schlange alles in allem, und er hätte nichts lieber getan, als sie für immer in ein finsteres, menschenvergessenes Loch einzusperren oder gar aufzuknüpfen, wie er es mit ihrer übrigen Brut vorhatte. Aber es war ihm nicht gelungen, etwas zu finden, das sie belastet hätte. Noch nicht.
    »Wir werden sehen«, rief er,

Weitere Kostenlose Bücher