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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ebenbürtig, sondern überlegen. Während er die Verwaltung, die Gesetze, das Heer und das Verhältnis zur Kirche reformiert hatte, waren die Byzantiner noch fester in ihren überkommenen Strukturen erstarrt. Den Orienthandel ließen sie sich nach und nach von den Seestädten Friauls, der Lombardei und von Rom abnehmen, die Künste von den unorthodoxen und daher beweglicheren Klöstern Schwabens und Lothringens, und ihren Rang als Zentrum des Wissens und der Gelehrsamkeit büßten sie wegen ihrer geradezu verbohrten Behauptung ein, das allein gültige Sprachrohr Gottes zu sein. Darüber war es schließlich auch zum endgültigen Bruch mit Rom gekommen. Byzanz hatte seine eigene Kirche gegründet und sich damit restlos isoliert. Beste Voraussetzungen also für den jungen Otto und die aufgeweckte Theophanu.
    Marocia kämpfte noch damit, das Gewand so zusammenzulegen, dass es in der Truhe nicht zerknittern würde, als ihr einfiel, dass es Zeit für Eudoxias Behandlung war. Jeden Morgen und jeden Abend rieb eine der Novizinnen Fontana Liris sie mit einem Extrakt aus Farnwurzeln ein, der gegen die immer wieder plötzlich auftretenden Schmerzen in Eudoxias Gliedern helfen sollte. Doch es war jedes Mal eine umständliche, übel riechende Prozedur, sowohl für Eudoxia wie für die Novizin, und manchmal einigten beide sich darauf, die Behandlung mal eben »zu vergessen«.
    Marocia beschloss, diese Aufgabe heute selbst zu übernehmen und sich als Dank von ihrer Tochter die Hilfe beim Zusammenlegen dieses widerspenstigen Gewandes zu erbitten. Für solche Sachen, dachte Marocia, habe ich einfach keine Geduld und werde sie auch mit hundert noch nicht haben.
    Gerade, als sie den Knauf fassen wollte, ging die Tür auf und schlug ihr gegen die Schulter. Eine Schwester trat ein.
    »Verflucht«, schimpfte Marocia und machte sich bereit, dafür den Tadel der Nonne zu erhalten. Doch nichts dergleichen geschah. Voll Schrecken sah die fromme Frau sie an und sagte atemlos: »Der Schlag, edle Marocia. Es . . . es . . .«
    »Schon gut«, wiegelte Marocia ab. »Ich nehme es als Erfahrung und verspreche, künftig immer erst anzuklopfen, wenn ich meine Zelle verlassen will.« Doch ihr Scherz war unangebracht. Sie hatte die Worte der Nonne missverstanden.
    »Eure Tochter. Der Schlag hat sie getroffen.«

    Eudoxia lag regungslos auf einer Bahre des Klosterhospitals und starrte Marocia an. Ihre Hand konnte Marocias Händedruck nicht erwidern, selbst der Kopf erinnerte an den einer Toten. Kein Wort kam über ihre Lippen, die steinern wirkten. Ihre Augen waren alles, womit sie sich noch verständlich machen konnte, und diese Augen weinten.
    »Kind«, sagte Marocia und beugte sich nahe an Eudoxias Gesicht. Mehr vermochte auch sie nicht zu sagen. Eudoxia wusste, was sie für sie empfand. Welchen anderen Trost konnte man ihr noch geben? Schweigend blieb sie dicht an den Lippen ihrer Tochter, ohne Hoffnung, jemals wieder einen Laut von ihr zu hören. Sie tupfte die Tränen von Eudoxias Wangen, aber die Augen füllten sich wieder und wieder wie ein unerschöpflicher Quell von Traurigkeit.
    Leise raschelten die Gewänder der Nonnen, während sie die nutzlosen Tücher und Tränke beiseite schafften. Nach und nach leerte sich der Raum. Die letzte Schwester schloss die Tür hinter sich und ließ Mutter und Tochter in unheimlicher Stille zurück. Marocia bekam Angst. Angst, allein zu bleiben. Wen wollte dieser Gott ihr denn noch nehmen? Wie alt wollte er sie noch werden lassen und allem berauben, was ihr je etwas bedeutet hatte? Warum tat er das?
    Sie spürte, wie Eudoxias Zeigefinger sich um ihren bog, gleichsam wie eine Umarmung. Und im nächsten Moment fühlte sie, dass Eudoxia nicht mehr bei ihr war.

45
    Die Dunkelheit in der Grabkammer von Marocias Familie war nahezu vollkommen. Nur eine einzelne Kerze vor dem jüngsten der Sarkophage warf ihr schwaches Licht in den Saal und zeichnete den riesenhaften Schatten einer Frau an die gegenüberliegende Wand. Seit vor einer Stunde die Grablegung Eudoxias ihr Ende gefunden hatte, saß Marocia allein in der Stille der kalten Krypta, von nichts anderem begleitet als dem Geräusch ihres Atems und pulsierenden Gedanken, die immer mächtiger wurden. Wann, fragte sie sich, würden sie ein Ende haben, die Grübeleien an langen Abenden, die an ihr klebten, die sie nicht zur Ruhe kommen ließen, obwohl sie erschöpft war. So oft schon hatte sie gegrübelt – und ebenso oft gewonnen. Sie hatte Scharmützel gewonnen, wie

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