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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Diener befanden sich zur Messe in der Kapelle und lauschten ebenso andächtig wie skeptisch den Predigten, die sie ermahnten, den halb heidnischen Aberglauben um Mondgebete und Brotwürfe abzulegen und ganz auf Gottes Regelwerk zu vertrauen. Die weniger gläubigen Soldaten wiederum schliefen noch den Rausch vom Vorabend aus, denn am Sonntag hatten die meisten von ihnen einen halben freien Tag. Zudem war die Burgbesatzung um das Gefolge reduziert, das Alberic mitgenommen hatte.
    So normal wie möglich überquerte Marocia den leeren Burghof. Die wenigen Posten auf den Mauern und am Tor schöpften keinen Verdacht, als sie auf die Ställe zuging. Doch in einem Winkel, der schwer einsehbar war, bog Marocia schnell ab und eilte zum Eingang des Turms.
    Er war verschlossen. Hastig holte sie einen Bund mit neun schweren Schlüsseln hervor, den sie aus der Küche gestohlen hatte. Einen nach dem anderen steckte sie in die schmiedeeiserne Höhlung und versuchte ihn im Schloss zu drehen.
    Fünf. Wieder nichts. War das aufregend! Sie erinnerte sich an die vielen Lauschereien in der Villa Sirene; das war so ähnlich und doch nicht dasselbe.
    Sechs. Auch er passte nicht. Ihr heimlicher Ausflug durch die nächtlichen Gänge des Lateran, als sie auf dem Weg zu Landos Gemächern war, fiel ihr ein, doch auch diese Aufregung damals war etwas anderes.
    Sieben. Der war falsch. Endlich kam auch in Spoleto etwas Abwechslung in ihr Leben. Vielleicht brach sie nur darum in den Turm ein. Vielleicht bildete sie sich diese seltsame Vertrautheit mit der verschleierten Dienerin nur ein, weil sie Geheimnisse und deren Aufdeckung liebte, weil sie gerne Verbotenes tat. Constanza war womöglich nichts anderes als eine verbiesterte Alte, deren Sohn sich von ihr abgewandt hatte und der alle Welt Verbrechen unterstellte, die sie gar nicht begangen hatte.
    Acht. Passt! Doch verflucht! Die Tür knarrte so laut, dass man sie bis ganz oben würde hören können. Langsam, Fingerbreit für Fingerbreit, schob Marocia die Pforte auf, bis der Spalt breit genug war, dass ihre schlanke Gestalt hindurchpasste.
    Das Erste, was Marocia wahrnahm, war ein beißender Geruch nach Kampfer und gegorenen Brennesseln, der wie Dunst in dem Gemäuer hing. Die Treppe führte in steilen Serpentinen hinauf, von denen alle zwanzig Stufen eine Tür abging. Hinter diesen Türen verbarg sich jeweils ein mehr oder weniger komfortabel eingerichteter Wohn- oder Schlafraum, aber auf eine der beiden Bewohnerinnen traf Marocia nicht.
    Die Treppe kostete Marocia Kraft, zumal der Gestank mit jeder Stufe widerlicher wurde. Wie anstrengend musste es für die alte Constanza und die dicke Dienerin erst sein, wenn schon eine Zweiundzwanzigjährige hier Mühe hatte. Als sie zwei Drittel hinter sich gebracht hatte, ruhte Marocia sich einen Moment aus und blickte durch eine der kopfgroßen Öffnungen, die ein wenig Licht in den dunklen Aufgang brachten. Schon von hier war die Sicht auf Spoleto grandios. So also sahen Vögel auf die Welt hinab!
    Sie nahm einen tiefen Zug frischer Luft und machte sich auf die letzte Etappe ihres Weges. Eine weitere Tür barg nichts als einen mäßig wohnlichen Raum, der aber im Unterschied zu den darunter liegenden regelmäßig bewohnt wurde. Er war nicht so aufgeräumt wie die anderen. Aus den einfachen Kleidern, die über dem Bett ausgebreitet lagen, schloss Marocia, dass dieses Gemach der Dienerin gehören musste.
    Sie war an der letzten Tür angelangt. Hier endete die Treppe. Sie legte ihr Ohr an das feuchte Holz, das ganz den Gestank angenommen hatte: Schritte waren zu hören, das Brodeln eines Kessels, ein leises Stöhnen in kurzen Abständen, so als würde jemand mit Nadeln gestochen.
    Marocia wartete ab, bis sie keine Schritte mehr hörte, dann öffnete sie vorsichtig die Tür und steckte einen halben Kopf durch den Spalt. Niemand zu sehen. Doch der Raum war groß und verwinkelt. Auch als sie den ganzen Kopf hindurchsteckte, schließlich den Hals reckte und ihren Oberkörper bis zum Letzten dehnte, konnte sie noch immer nicht um die Ecken sehen. Was sie von ihrem Standort an der Tür eben noch so erblickte, war der Kessel, über den Tücher gespannt waren. Ab und an griff eine Hand nach einzelnen dieser Stofffetzen und nahm sie weg, einen nach dem anderen.
    Marocia fasste sich ein Herz und machte einen Schritt in den Raum hinein. Doch genau in diesem Augenblick wehte ein kräftiger Luftzug durch eines der Fenster und schmetterte die Tür hinter ihr zu. Sofort

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