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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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allem Gratian dem Urteil einer Verletzten und Betrogenen auszusetzen.
    Damiane machte einen Anlauf. »Ich . . .« Sie stockte. »Es ist nicht leicht, müsst Ihr wissen.«
    Marocia nahm Damianes Hände und packte sie zwischen ihre. »Trau dich«, sagte sie und zwinkerte Damiane zu.
    Damiane holte Luft. »Ich muss etwas gestehen, das Euch bestimmt nicht erfreut. Es . . .«
    Die Glocke der Kapelle nebenan begann zu läuten, und vor der Tür des Offertoriums waren aufgeregtes Gemurmel und Schritte zu hören. »Was ist da los?«, fragte Marocia. »Es ist doch gar nicht die Zeit für eine Andacht.«
    Sie stand auf und öffnete die Tür, Damiane folgte hinaus. Feine Schneeflocken trieben ihnen entgegen, und die Mönche huschten mit wehenden Kutten an ihnen vorbei, um sich in der Kapelle zu versammeln. »Sie rennen bestimmt nicht wegen des Wetters«, meinte Damiane. Marocia stimmte nickend zu und sprach einen der Klosterbrüder an, aber sie hatte vergessen, dass bis Sonnenuntergang das Schweigegebot unter den Mönchen galt. So warteten sie beide, bis alle sich in der Kapelle versammelt hatten und der Abt nach vorne trat. Marocia steckte ihren Kopf durch einen offenen Spalt in der Tür, und Damiane, die ein wenig größer war, stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte über Marocias schwarze Haare hinweg.
    »Unsere geliebte Heiligkeit«, verkündete der Abt mit feierlicher Stimme, »war schon seit einiger Zeit krank, wie wir wussten. Nun hat unser Herr und Erlöser seinen vornehmsten Diener, Anastasius III., zu sich gerufen. Wir beten für seine Seele.«
    Die Köpfe der Mönche senkten sich und murmelten:
»Pater noster qui es in coelis . . .«
    Auch nach dem Vaterunser regte sich eine Weile keine Hand und keine Kapuze. Dann verkündete der Abt weiter: »Zu seinem Nachfolger wurde gewählt: Kardinal Johannes, der frühere Erzbischof von Ravenna.«
    Marocia lugte zu Damiane, deren Kopf noch über ihrem schwebte, und flüsterte: »Johannes der Zehnte. Jetzt hat er also sein Ziel erreicht. Meine Mutter muss ihm wohl seine früheren Eigenständigkeiten endgültig vergeben haben.«
    »Sie hat so viel Macht, um über die Wahl des Heiligen Vaters zu entscheiden?«, fragte Damiane.
    Marocia ächzte verächtlich auf. »Das ist eine Kleinigkeit für sie. Das Volk und der Magistrat, die früher an der Papstwahl teilhatten, haben doch kaum noch etwas zu sagen, und die Kardinäle sind mit Geld und Angst gefügig gemacht.«
    »Als seine erste Amtshandlung«, fuhr der Abt fort, »hat der Heilige Vater verfügt, dass Markgraf Berengar von Friaul noch in diesem Winter zum König von Italien gekrönt werden soll.«
    Marocia klappte die Tür ruckartig vor Damianes Nase zu und wandte sich um. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
    »Desiderius hat es gewusst«, hauchte sie.
    »Wie bitte?«, fragte Damiane.
    »Verstehst du nicht? Der Bischof wollte mich aus Spoleto weghaben, wenn die Krone ins Rollen kommt. Darum seine Aktion um Clemens. Dank Desiderius sitze ich im dicksten Winter achtzig Meilen von Alberic entfernt auf der anderen Seite der Abruzzen fest, und er kann Alberic mühelos dazu bringen, der Krönung zuzustimmen.«
    Damiane klopfte sich den Pulverschnee vom Gewand und rieb danach die Hände aneinander. »Es ist kalt«, sagte sie. »Besser, wir gehen wieder in die Bethalle.«
    »Ja, kalt«, bestätigte Marocia abwesend. »Was meinst du, wie viele Tage benötige ich, um bei diesem Wetter mit der Kutsche nach Spoleto zu gelangen? Zehn? Eher vierzehn bis zwanzig, nicht wahr? Bis dahin hat Alberic längst seine Stimme für Berengar abgegeben.« Sie legte ihre Hand erschreckt auf Damianes Arm und blickte in das Schneetreiben. »Lando!«, hauchte sie, und Damiane entgingen weder Zärtlichkeit noch Angst, die in dieser Stimme lagen, in ihrem ganzen Ausdruck. »Sollte Lando als Einziger die Anerkennung verweigern – was ihm zuzutrauen ist –, werden Alberics Truppen nach Capua marschieren. Das darf ich nicht zulassen.«
    »Aber Ihr könnt doch nicht . . .«
    »Berengar«, fluchte Marocia, ohne auf Damiane zu achten. »Ich habe sie alle so satt, diese Helfer und Helfershelfer des Imperiums.«
    Plötzlich weiteten sich ihre Augen, und ein Schmunzeln überzog ihr Gesicht. »Ich fahre nicht mit der Kutsche«, rief sie »Ich reite. Jetzt gleich. Die werden sich wundern.«
    »Aber Ihr . . . aber ich wollte Euch noch . . .«, stammelte Damiane, doch Marocia lief bereits davon. Noch in der gleichen halben Stunde, nach einem kurzen, aber

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