Die Herrin der Pyramiden
sind wütend auf den Lebendigen Gott und mit seiner Bevorzugung des Atum-Re nicht einverstanden. Einer nach dem anderen waren die Hohenpriester im Verlauf des vergangenen Jahres zur Audienz beim König, aber er ließ sich nicht umstimmen: nicht vom Hohenpriester des Osiris von Abodu, nicht vom Hohenpriester des Ptah aus Mempi. Von niemandem.«
»Was können die Hohenpriester denn dagegen tun?«
Rechmire nahm einen Schluck Bier. »Nichts. Ihre Wut bezähmen. Der Lebendige Gott kann tun, was ihm beliebt.«
Mein Vater brachte die Diskussion in eine andere Richtung.
»Wirst du morgen eine Audienz beim Göttlichen haben, Rechmire?«
»Ja, Kamose, ich werde morgen Nachmittag die neuen Pläne für den Atum-Tempel zur Genehmigung vorlegen. Dann werde ich auch berichten, dass wir uns auf dreitausend ausgebildete Arbeiter für die Baustelle in Mempi geeinigt haben. Und ich werde Seine Majestät über die gute Zusammenarbeit zwischen den königlichen Baustellen in Pihuni und Mempi berichten.«
Mein Vater schien zufrieden zu sein.
»Wie ist die Zusammenarbeit mit Prinz Nefermaat?« fragte er, ohne Rechmire anzusehen.
»Der Wesir Beider Länder ist sehr interessiert daran, dass die Grundsteinlegung noch dieses Jahr erfolgt«, sagte Rechmire vorsichtig. »Der Göttliche setzt ihn wohl sehr unter Druck. Der König will den Tempel innerhalb von fünf Jahren fertig stellen. Ein ehrgeiziger Wunsch. Prinz Nefermaat unterstützt die Baustelle durch viele Maßnahmen, sei es durch gut ausgebildete Arbeiter oder eine großzügige Finanzierung der Baumaßnahmen. Er hat mir für die Reliefs an den Außenpylonen die besten Reliefkünstler des Oberen Landes versprochen, die zur Zeit auf der Baustelle des Hathor-Tempels in Yunet eingesetzt sind. Ich habe deren Arbeiten gesehen, die kurz vor dem Abschluss stehen. Ich befürchte keine Probleme.«
»Aperire wird morgen nach Iunu zurückkehren. Entschuldige, ich vergaß, dir das zu erzählen. Es war sehr spät gestern Abend. Er hat mich um seinen Abschied gebeten«, erzählte mir mein Vater eines Tages überraschend.
Ich war betroffen. Aperire war in den sechs Jahren unseres Aufenthaltes ein guter Freund geworden.
Am nächsten Morgen suchte ich Aperire in seinem Zelt. Ich trat ein, als er gerade gehen wollte.
»Nefrit! Zu dir wollte ich gerade, um mich zu verabschieden. Ich kehre zurück in den Tempel.«
»Mein Vater hat es mir gestern Abend erzählt. Warum willst du fortgehen?«
»Meine Zeit auf der Baustelle ist vorüber, Nefrit. Ich hatte mich für sieben Jahre verpflichtet, und ich werde jetzt als Gottesdiener in den Tempel nach Iunu zurückkehren.«
»Aber warum?«
»Der Tempel ist meine Heimat. Ich habe mich schon vor Jahren entschlossen, Priester zu werden.«
»Aber du warst sieben Jahre hier auf der Baustelle!«
»Das war ein Auftrag des Hohepriesters auf Befehl des Königs Huni. Ich habe durch mein Studium an der Tempelschule von Iunu Fähigkeiten und Kenntnisse erworben, die für die Baustelle nützlich waren. Und so beschloss Seine Heiligkeit, der Große Schauende des Re, mich hierher zu entsenden.«
»Was hast du studiert?«
»Tempelriten, Architektur und Imhoteps Regeln, nach denen die heiligen Bilder in Reliefs oder Fresken auf die Wände gemalt werden.«
»Wie ist es im Tempel?«
»Anders als hier«, sagte er leise.
Seine Nachdenklichkeit und seine Traurigkeit übersah ich, weil er sagte, was ich hören wollte: Im Tempel war es
anders als hier
. Seit Monaten war ich unzufrieden: Alles war besser, als weiter auf der Baustelle zu leben, auch wenn ich mit neun Jahren mehr oder weniger offiziell die Gehilfin meines Vaters, des Königlichen Bauleiters Kamose war.
»Was ist anders?«, fragte ich.
»Wir Priester widmen uns im Tempel dem Wohlergehen der Götter. Der König versorgt uns dafür mit Nahrung, Kleidung, Gold und einer schönen Villa in Iunu.«
»Was muss ich tun, um Priesterin zu werden?«
Aperire lachte. »Du musst in die Tempelschule aufgenommen werden. Die Schule lehrt dich, was du als Priesterin wissen musst.«
»Wie lange dauert die Ausbildung?«
»Sieben Jahre. Zuerst wirst du Lesen und Schreiben lernen, Mathematik und Geometrie, Astronomie und Mythologie. Nach einem Jahr wirst du Tempeldienerin sein, nach einem weiteren Jahr Priesterin Ersten Grades. Nach der Priesterweihe kannst du deine Ausbildung fortsetzen. Du kannst dich zum Erzieher ausbilden lassen oder zum Architekten. Ein anderer Studiengang macht dich zum Offizier des Heeres.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher