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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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davon abgehalten, die Prüfung zu bestehen.«
    Bestanden
? Ich wusste nicht, wie mir geschah, als mir ein Mitschüler nach dem anderen um den Hals fiel und mich küsste und beglückwünschte.
     
     
    Meine Initiation zur Priesterin fand kurz vor den fünf dunklen Tagen am Jahresende statt.
    Nach den Abendriten legte ich die Kleidung der Tempeldienerinnen an, steckte meine langen Haare hoch und begab mich mit einem Priester Dritten Grades in die Heilige Halle.
    Ich war mit meinen beinahe sechzehn Jahren noch so jung, dass ich wirklich gern glauben wollte. Es wurde behauptet, dass Ptah sich bei der Weihe jedem Priesterkandidaten offenbarte und zu ihm oder ihr spreche. Ich hatte in den letzten Tagen die unglaublichsten Geschichten über göttliche Offenbarungen gehört und machte mir meine eigenen Gedanken.
    Den ganzen Tag hatte ich weder gegessen noch getrunken, um mich für den Gott zu reinigen. Zitternd vor Aufregung folgte ich dem Priester durch das Tempeltor, und die wirkliche Welt blieb hinter mir zurück. Ich hatte Angst. Dies war etwas, das ich mit meinem Verstand nicht kontrollieren konnte. Hier sollte etwas geschehen, dem ich ohnmächtig gegenüberstand.
    Der Priester wies mir den Platz zu, an dem ich die Nacht mit dem Gott verbringen sollte. Ich breitete meine Schilfmatte direkt vor dem Allerheiligsten aus und nahm in Schreiberposition Platz. Er verschwand, das Licht nahm er mit.
    Stundenlang saß ich in der Dunkelheit, die mich wie ein schwarzes Tuch einhüllte. Ich dachte an Djedef, den ich seit Tagen nicht gesehen hatte. Ob er sich mittlerweile mit einer anderen vergnügte? Dann dachte ich über meine Zukunft nach, an die bevorstehende Neujahrsprozession, die ich dann bereits als Priesterin begleiten durfte. Wenn ich die Begegnung mit dem Gott überstand.
    Ich zuckte zusammen, als sich der Vorhang des Allerheiligsten bewegte und ich leise Geräusche aus dem Innersten des Schreins vernahm. Es klang wie Schmatzen, wie Geräusche der Nahrungsaufnahme. Nun bekam ich es mit der Angst zu tun. War Ptah erwacht und nahm die Götterspeise zu sich? Meine Mitschülerinnen hatten berichtet, dass sie Ptah mit offenen Augen gesehen hatten, aber ich hatte ihnen nicht geglaubt. Ich dachte, sie hätten gelogen, um geweiht zu werden.
    Doch dann spürte ich, wie sich etwas neben mir bewegte. Irgendetwas streifte meine Hand und war dann verschwunden. War der Gott nachts in seinem Tempel unterwegs?
    Was ich aus dem Allerheiligsten vernehmen konnte, waren Geräusche von jemandem, der aß und vom Opferwein trank. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Doch die Neugier siegte. Vorsichtig näherte ich mich dem Vorhang zum Allerheiligsten, den ich langsam zur Seite zog.
    Ptah stand an seinem Platz und blickte mich geradezu vorwurfsvoll an, weil ich seine nächtliche Ruhe gestört hatte. Er trug wie üblich seine blaue Kappe, einen Leinenschurz, einen breiten Halsschmuck aus Türkis und Silber, den Iya ihm während der Abendriten umgelegt hatte, und seine Sandalen. Nichts war anders als sonst, nur die Geräusche …
    Und dann entdeckte ich die Ratten auf den Opfertischen, die sich an Gänsebraten, Gemüse und Brot sowie an Bier und Dattelwein gütlich taten. Ich scheuchte die Tiere fort und ging zurück zu meiner Matte. Den Vorhang zum Allerheiligsten ließ ich offen, damit ich von meiner sitzenden Position aus den Gott betrachten konnte. Vielleicht war die Offenbarung leichter zu erreichen, wenn ich ihn ansah.
    Es war unsinnig, auf dem kalten Steinboden in der Dunkelheit der großen Halle zu sitzen. Ich fror. Ich hatte Hunger und Durst. Im Schein der Öllampen nahm ich mir von den Früchten und vom Gänsebraten, welchen die Ratten in Ruhe gelassen hatten. Auch vom Dattelwein trank ich einige Schlucke. Vielleicht würde die Erleuchtung kommen, wenn ich nicht mehr so viel Angst hatte. Ich trank den Kelch leer, und mir wurde sehr warm. So warm, dass ich meine Kleidung ablegte und nackt auf den Gott wartete.
    Er ließ mich nicht lange auf sich warten. Im Schlaf erschien er mir. Langsam stieg er hinunter von seiner Barke im Allerheiligsten, ganz in Gold und Blau gekleidet. Als er zu Boden hinabgeschwebt war, wurde sein Körper zu Fleisch und Blut. Ptah war ein Mann von großer Statur, gekleidet in einen gefalteten Leinenschurz und einen Halsschmuck, bestickt mit Edelsteinen. An den Füßen trug er weiße Sandalen. Solange ich sein Gesicht nicht sehen konnte, hatte er Ähnlichkeit mit Djedef. Doch als er ins Licht trat, um

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