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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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verlegen. Das Grabmal für Seneferu ist fast fertig. Wir errichten gerade die achte Stufe. Eine wunderbare Pyramide! Du solltest sie Dir ansehen.
    Seneferu hat zu meinem Bedauern beschlossen, dass Pihuni als Hauptstadt seines Reiches ungeeignet ist und dass Mempi die Alte und Neue Hauptstadt sein soll. Das Grabmal ist ihm trotz der Änderung der Baupläne und des steileren Neigungswinkels noch zu klein. Er hat beschlossen, dass vor den Toren von Mempi eine weitere, größere Pyramide für ihn errichtet werden soll. Das ist Wahnsinn!
    Seneferu hat mich zum Bauleiter der neuen Grabanlage berufen. Außerdem werde ich die Bauarbeiten in der ganzen Gegend von Mempi überwachen, unter anderem das Projekt des neuen Atum-Tempels, der in den nächsten beiden Jahren vollendet werden soll.
    Nefrit, ich habe Dir so viel zu erzählen! Bitte sende mir eine Nachricht! Ich komme am Neujahrstag in Mempi an. Ich hoffe, Dich dort zu sehen. Ich liebe Dich. Kamose.«
    Ich war glücklich, obwohl er sich nicht ein einziges Mal in seinem Brief nach mir erkundigt hatte. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, wie allein ich war.
     
     
    In der nächsten Nacht floh ich aus dem Tempel, obwohl es einer der dunklen Tage war. Was sollte schon passieren? Ich suchte Djedef im Haus der Krieger auf und fand ihn in der Kommandantur. Er schrieb an einem Bericht für seinen vorgesetzten General und war überrascht, mich zu sehen.
    »Hast du dich entschieden, Nefrit?«
    »Entschieden? Ich verstehe nicht, Djedef.«
    »Ich sehe, dass du die Kleidung der Priesterinnen trägst. Dein Gesicht ist auch nicht verheult, also nehme ich an, dass du die Prüfungen bestanden hast.«
    »Du scheinst dich darüber nicht zu freuen, Djedef. Um es mit deinen Worten zu sagen: du suchst eine Frau für das Bett.«
    »Ich hätte es nicht treffender formulieren können.«
    »Lassen sich aus deiner Sicht nicht beide Aspekte vereinen? Schließt denn meine Funktion als Priesterin und Lernende im Tempel eine weitere Beziehung zwischen uns aus?«
    »Es tut mir Leid, Nefrit. Ich wollte nicht warten.«
    »Du hast eine neue Geliebte?«
    »Keine neue.«
    »Wirst du sie heiraten?«
    »Ihr Vater wünscht das so.«
    »Djedef, du heiratest Iya und nicht ihren Vater!«
    Die Tür der Kommandantur knallte hinter mir zu, als ich den Raum verließ. Auf dem Rückweg zum Tempel fragte ich mich, wer eigentlich wen betrogen hatte.
    Die Beziehung zu Djedef war so schnell beendet, wie sie begonnen hatte. Ich war nun wieder allein. Iya hatte ich verloren, und nun auch Djedef. Wer blieb mir noch, an dem ich mich in meinem Unglück festhalten konnte?
     
     
    Die Barke des Gottes auf den Schultern der Priester schwankte, als würde sie auf den Wellen des Hapi dahinsegeln. Das Blattgold funkelte im Sonnenschein. Die ellenhohe Götterstatue war mit einem durchscheinenden Königsmantel bekleidet.
    Mempi, das ich seit einem Jahr nicht mehr bei Sonnenlicht gesehen hatte, war im letzten Jahr noch schöner geworden. Die Alte Hauptstadt hatte sich darauf vorbereitet, Pihuni als Residenz des Königs abzulösen. Ob
er
in diesem Jahr wieder an der Neujahrsprozession teilnehmen würde?
    Die zeremonielle Schrittfolge der Priester vor mir ließ mir viel Zeit, mich in der Stadt umzusehen. Der Festzug durchquerte die Viertel der Wohlhabenden und Wichtigen, die Stadtteile der Armen und Unwürdigen und den Hafen, um endlich den Platz vor dem Palast zu erreichen.
    Schon von weitem sah ich das Podest aus Zedernholz, das auf dem Platz aufgebaut worden war. Dieses Jahr war die Tribüne sogar noch größer und höher als im Vorjahr, denn der versammelte Hofstaat nahm an den Neujahrsfeierlichkeiten teil, nicht nur die königliche Familie.
    In der Mitte der Tribüne, auf einem erhöhten Podest, saß der Herrscher in seiner zeremoniellen Haltung als menschlicher Gott. In seinen gekreuzten Händen hielt er die beiden Zepter Krummstab und Wedel, auf seinem Kopf trug er die Doppelkrone.
    Ich sah in sein Gesicht. Er lächelte nicht. Wie in Stein gemeißelt saß er auf seinem Thron.
    Die Prozession bewegte sich an den Prinzen und Würdenträgern vorbei, alle mit den Insignien ihrer Ämter. In der ersten Reihe saß jemand, an dessen Erscheinung ich zuerst nicht glauben wollte. In unmittelbarer Nähe des Prinzen Nefermaat sah ich meinen Vater auf der Tribüne sitzen! Er war überrascht, mich als Priesterin in der Prozession zu sehen.
    »Vater!« Ich beging den gleichen Fehler wie im Vorjahr und blieb stehen. Doch bevor das hinter mir

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