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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Alten die Stimme, und abermals durchschnitten Schreie die Luft, die in ein schreckliches, unwirkliches Klagen mündeten. Der Mann sprach weiter: »Der Duke, die Earls und Sir Thomas Neville gaben ihr Leben … für Recht und Ehre und für das Wohl des Volkes … und sie starben mit ihren Mannen im Kampf um ebendieses Recht und diese Ehre …«
    Es kostete mich einige Mühe, in die Gesichter um mich herum zu schauen, die ausnahmslos tränenüberströmt und schmerzverzerrt waren. Die Klagerufe wichen einer Stille, die uns wie ein leerer, kalter Wind durchfuhr, alles veränderte und ein unsichtbares Band zwischen uns wob. Dieses Band, das aus Trauer gewunden war, war fester als Eisen und hielt uns auf immer unverbrüchlich in seinen schwarzen Klauen.
    Über die nächsten Tage erfuhren wir die schmerzlichen, entsetzlichen Einzelheiten, von denen manche so schrecklich waren, dass wir sie der Countess und Maude vorenthielten.
    Die Lancastrianer hatten den vereinbarten Waffenstillstand am dreißigsten Tag des Dezembers gebrochen und die Männer des Dukes angegriffen, als sie im Wald zwischen der Wakefield-Brücke und Sandal Castle nach Pferdefutter gesucht hatten. York hatte die Kämpfe von der Burg aus gesehen und sofort nach seinem Harnisch gerufen. Seine Berater beschworen ihn, nicht die Burg zu verlassen, weil er zu wenige Männer hatte, waren doch viele über Weihnachten bei ihren Familien. Aber York wies ihren Rat ab.
    »Ich kann diese Männer nicht opfern«, sagte er. »Lieber sterbe ich, als dass ich mich auf solche Weise entehre.« Er befahl, dass die Zugbrücke heruntergelassen wurde, führte seine Männer über den Burggraben und galoppierte in den Wald. Sie traten gegen die dreifache Schar von Gegnern an, doch York kämpfte erbittert und fiel an der Spitze seiner Männer. Yorks siebzehnjähriger Sohn Edmund, der Earl of Rutland, entkam dem Gemetzel und versuchte, sich in Sicherheit zu bringen. Er hatte es beinahe geschafft, war schon kurz vor der Wakefield-Brücke, als Lord Clifford ihn einholte. Rutland war unbewaffnet und flehte um sein Leben, doch Clifford schrie:
    »Bei Christi Blut, Euer Vater ermordete meinen, und das werde ich mit Euch und allen Eurigen tun!« Mit diesen Worten rammte er sein Schwert in die Brust des Jungen.
    Der Earl of Salisbury starb am nächsten Tag, doch wie, wusste niemand.
    »Mein Vater entkam dem Blutbad, wurde aber in der Nacht von einem von Trollopes Männern gefangen genommen. Man brachte ihn nach Pontefract Castle. Wir wissen nur, dass er um sein Leben bettelte und ein hohes Lösegeld anbot, dennoch starb er dort. Ob man ihn köpfte oder …« John schluckte, »oder ermordete, können wir nicht sagen.«
    Zitternd rang ich nach Atem und sah zu meinem Gemahl.
    Er saß auf der Bettkante, den Kopf hatte er in die Hände gestützt. Nach einer Weile blickte er voller Kummer zu mir auf. »Und das ist nicht alles.«
    Ich war sprachlos. Was konnte noch kommen? Heimtücke, Verrat, Kämpfe während der heiligen Tage, Tod durch Hinterhalt, der Mord an einem unbewaffneten Jungen …
    »Guter Gott«, flüsterte ich, »was noch?«
    Plötzlich sprang John auf und sah mich mit einem so glühenden Zorn an, dass ich zurückwich. »Clifford schnitt ihnen die Köpfe ab und brachte sie Marguerite, die sie an die Tore von York nageln ließ. Marguerite verlangte lachend, dass man dem Duke eine Papierkrone aufsetzte, weil er König sein wollte.«
    Entsetzt schlug ich eine Hand auf meinen Mund, um nicht zu schreien. Gefallene zu entehren, Männer, die im Kampf gestorben waren, eine solche Barbarei war mir unbegreiflich! Marguerites Handeln verstieß gegen alle Regeln der Kriegsführung. Nie, niemals, nicht einmal in meinen finstersten Albträumen, hätte ich sie eines solchen Frevels, solch unvorstellbarer Grausamkeit für fähig gehalten. Nun hieß es Krieg à outrance – Kampf bis aufs Messer, und das Messer bis ans Heft. Auf einmal fühlte ich mich schwach, griff nach dem Bettpfosten und sank auf die Matratze. Ängstlich sah ich John an, wollte etwas sagen, doch kam mir kein Laut über die Lippen. Über Nacht hatte sich die Welt verändert, und nichts würde jemals wieder wie zuvor sein.
    Ich nahm kaum wahr, dass John sich umdrehte und hinausging. Viele Stunden blieb er fort, und später erfuhr ich, dass er übers Moor geritten war, das ebenso leer und trostlos war wie seine Seele. Mir kamen Thomas’ Worte in den Sinn: »Solange du bei mir bist, bin ich sicher, John.« Ich schloss die Augen. John

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