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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Weiß gehüllt, und Eiszapfen glitzerten wie Diamanten an den Bäumen. Vögel zwitscherten laut, als feierten sie die weiße Pracht. Maude umarmte Thomas inniglich, und ich hatte Mitleid mit ihr, weil sie über Weihnachten von ihrem Gemahl getrennt sein würde. Stumm dankte ich der heiligen Mutter Maria, dass John bei mir blieb. Eine ähnliche Szene spielte sich auch in einem anderen Haus ab, denn Duchess Cecily musste sich von ihrem Gemahl, dem Duke, und ihrem siebzehnjährigen Sohn Edmund verabschieden. Gewiss winkten sie und ihre Familie ihnen genauso still nach wie wir, nicht ahnend, was das Schicksal uns bescheren würde – welches entsetzliche Übel, welche unaussprechlichen Schrecken …

16
    W AKEFIELD , W EIHNACHTEN 1460
    Für mich war Weihnachten 1460 ein glückliches Fest im Erber. John war so aufmerksam und liebevoll, wie ich es mir nur wünschen konnte. Drei Wochen lang war ich von jenen umgeben, die ich liebte, erlebte überwältigende Freude und feierte ausgelassen. Ich spielte Blindekuh und Verstecken mit den Kindern, naschte Zuckerzeug und getrocknete Feigen, die ich so gern aß, musizierte auf meiner Leier und sang und tanzte vergnügt. Mein Glaube, mit der Welt stünde alles zum Besten, ließ sich nicht durch die Berichte über böse Omen erschüttern, die uns erreichten. So wurde in Norfolk angeblich ein seltsames, zweischneidiges Schwert am Himmel gesehen, das zur Erde zeigte und das man als Ankündigung göttlicher Vergeltung für die Entmachtung Henrys deutete. In Bedfordshire fiel blutiger Regen, und daraus folgerten die Leute, dass bald Blut wie Wasser fließen würde. Doch in meinem Glück beachtete ich all diese Omen nicht.
    An dem Tag, als sie sich bewahrheiten sollten, dem ersten Tag des neuen Jahres 1461, heulte ein schneidender Wind über das Land, der alle Leute in die Häuser trieb und die Straßen gespenstisch still erscheinen ließ. Ich spielte »Hot Cockles« mit den Kindern: Einem von ihnen wurden die Augen verbunden, und die anderen versetzten ihm leichte Klapse, wobei das »blinde« Kind erraten musste, wer es war. So beschäftigt, sah ich die Männer zunächst nicht, die auf den Hof des Erber geritten kamen. Aber ich hörte durch das Fenster die Schreie und Flüche der Bediensteten sowie das Rufen der Männer. Ich vernahm auch das Poltern und Krachen von Tischen und Eimern, die fallen gelassen wurden, als Leute herbeieilten. Dazu krähten Raben auf den Dächern, Hunde kläfften wild. Der Lärm lockte mich ans Fenster, von wo aus ich einen Verwundeten erblickte, der aus seinem Sattel in den Schnee fiel. Andere liefen hin, um ihm zu helfen, und aus dem Schatten des Torbogens kamen noch mehr Verletzte. Einige von ihnen verschwanden im Treppenaufgang zur großen Halle, andere in der Küche oder den Stallungen. Sie alle hinterließen leuchtend rote Blutspuren im Schnee. Maude und die Countess kamen leichenblass aus ihren Zimmern gerannt. Wir alle eilten hastig nach unten in die Halle.
    Auch wenn ich tausend Jahre lebte, würde ich nie vergessen, was als Nächstes geschah.
    Umgeben vom gesamten Salisbury-Haushalt und jenen Verwundeten, die sich noch auf den Beinen halten konnten, kniete sich ein Mann mit blutverschmiertem weißen Haar vor die Countess. Sein einer Arm hing schlaff an seiner Seite. Countess Alice bedeutete ihm, sich zu erheben, und er gehorchte. Der Ausdruck in seinen Augen brach mir das Herz, und Panik ergriff mich. Ich hielt den Atem an.
    »Ich bringe die traurigsten Nachrichten, die ein Mann einer Mutter, einer Schwester, einer Gemahlin, einer Tochter, einem Sohn, einem Vater oder einem Bruder bringen kann. Mylady …« Ihm versagte die Stimme, und er räusperte sich. »Richard Neville, Earl of Salisbury, unser hochverehrter und gütigster Lord, Euer Gemahl, sowie Euer Sohn Sir Thomas Neville … sind tot. Tot sind auch zweitausend Mann unseres Yorkisten-Heeres … Möge Gott in seiner Gnade ihren Seelen Frieden schenken.«
    Mir gefror der Atem in der Kehle, während um mich herum Schreie, Weinen und fürchterlichste Klagelaute ausbrachen. Arme streckten sich nach der bedenklich schwankenden Countess aus und stützten Maude, die in Ohnmacht fiel. Nachdem sich die Schreie beruhigt hatten, fuhr der Mann stockend fort: »Der Verwandte des Earls, Richard Plantagenet, Duke of York, starb mit ihnen, wie auch sein zweiter Sohn Edmund, Earl of Rutland, und viele andere, die uns vertraut und teuer waren und deren Verlust uns auf immer schmerzen wird.« Wieder brach dem

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