Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
ich. »Du scheinst froher zu sein. Bist du es?«
»Ja, ich bin es fürwahr. Die Niederlage der Kuh von Anjou hat meinem Herzen gutgetan.«
Nachdem wir ausgemacht hatten, dass wir uns die nächsten Tage sehen wollten, gingen John und ich weiter. In seinem Gelass plauderte der König angeregt mit einem Goldschmied, der seine funkelnden Waren auf einem Tisch ausgebreitet hatte.
»Dies ist der Goldschmied Master Shore. Er hat uns ein feines Schwert gearbeitet, das unsere Opfergabe sein soll, sobald die Krone auf unserem Haupt sitzt«, sagte Edward lachend, legte einen Arm um den Mann und zeigte auf ein goldenes, mit Rubinen besetztes Schwert. Der Goldschmied, dem Vertraulichkeiten mit Majestäten offenbar nicht geläufig waren, errötete und versuchte linkisch, sich zu verneigen. Edward ließ ihn los und kam uns umarmen. Zuvor klopfte er Master Shore noch auf den Rücken. »Er ist der beste Goldschmied in London«, sagte er. »Fast so gut als Goldschmied wie du als Kommandeur, Cousin John! Dir verdanke ich meine Krönung, denn hättest du die Belagerung von Carlisle nicht beendet, wäre ich genötigt gewesen, nach Norden zu reiten, aber nun …«
Er sah mich voller Bewunderung an und wandte sich dann wieder an John. »Wahrlich, du opferst dich für deinen König. Und das, obwohl du stattdessen bei deiner wunderschönen Gemahlin daheim sein könntest. Lasst uns ein wenig spazieren gehen! Der Garten ist prachtvoll.« Er legte eine Hand auf Johns Schulter, und wir schlenderten hinaus ins Freie. Edward sprach über Finanzen, Staatsprobleme und Kriegsführung, dabei huschte sein Blick zu jeder Dame, der wir auf den rosengesäumten Wegen begegneten. Offenbar bezog sich sein »prachtvoll« weniger auf die Blumen als auf die Schönheiten, die zwischen ihnen wandelten.
Trotz der Geldnöte, die den jungen König plagten – er hatte die letzten drei Monate große Summen leihen müssen, um sein Heer zu bezahlen und Staatskosten zu decken –, sollte König Edwards Krönung ein opulentes Fest werden.
Am nächsten Tag fand der Staatsempfang in London statt; der Bürgermeister und die Stadträte, die Edward empfingen, waren in Scharlachrot gewandet, die vierhundert ausgewählten Bürger in Grün. Sie geleiteten ihn vom Lambeth Palace über die Brücke zum Tower. Bei einem festlichen Bankett am Abend schlug er zweiunddreißig Männer zum Ritter von Bath, unter ihnen seine beiden jüngeren Brüder, der achtjährige Dickon und der elfjährige George. Jeder Ritter erhielt ein großzügiges Geschenk. Am darauffolgenden Nachmittag ritt der König in einer Prozession vom Tower nach Westminster, ihm voraus die Ritter von Bath in ihren blauen Umhängen mit weißen Seidenkapuzen.
Seine Krönung wurde am Sonntagmorgen in Westminster Abbey abgehalten. Der Erzbischof von Canterbury salbte ihn zum König und setzte ihm die kostbare Krone von König Edward dem Bekenner auf. So schritt Edward unter einem Baldachin aus Goldstoff nach Westminster Hall. Dort nahm er seinen Platz auf dem Podest ein, neben ihm seine Brüder und andere Familienmitglieder. Wir setzten uns an einen Bankett-Tisch in der Nähe. Zu meiner Überraschung brannten nur einige Fackeln an den Wänden, aber keine Kerzen, was ein gedämpftes Licht ergab. Anfangs dachte ich, es wäre aus Gründen der Sparsamkeit auf Kerzen verzichtet worden, doch kaum hatten wir uns gesetzt, tauchten Fackeln aus den dunklen Nischen der Halle auf und kamen auf uns zu; leiser Gesang ertönte. Als sie näher waren, erkannten wir, dass die Fackeln von Mönchen mit Kapuzen getragen wurden. Sie teilten sich in zwei lange Reihen, schritten singend um das Podest herum und zu beiden Seiten der Halle entlang, bis sie schließlich von der Dunkelheit verschluckt wurden.
Eilig liefen Diener herbei und entzündeten Kerzen auf den Tischen, woraufhin sich der Saal mit Licht füllte. Im Flackern der Flammen erwachten die bunten hohen Fenster wie auch die Banner und Gobelins an den Wänden zum Leben, und die Edelsteine an Hüten und Gewändern der Gäste glitzerten. Plötzlich hörten wir Flügelschlagen über uns. Wir blickten nach oben und sahen verzückt Falken und Habichte über uns hinweggleiten. Hie und da tauchte einer der Vögel herab, um einen Apfel oder eine Pflaume aus den Silberschalen auf den Tischen zu greifen. Tamburine erklangen, und eine bunt gewandete Zigeunerschar kam mitsamt spielenden Musikanten hereingetanzt. Sie waren nach Sarazeninnenart gewandet und trugen kurze Leibchen, die ihre Mitte
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