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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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weiter. »Wenn du nun wütend und verbittert gehst, wie soll ich das ertragen? Was, wenn wir uns auf diese Weise trennen und uns Unglück zustößt? Somerset hat uns so vieles gekostet. Lass ihn nicht noch mehr nehmen!«
    John rührte sich nicht. Ich schluckte, weil ich einen Kloß im Hals hatte, und wandte mich zum Gehen; da hörte ich sein Seufzen und spürte, wie er meine Hand nahm. Er zog mich hinunter zu sich, und schluchzend sank ich neben ihm auf das Bett.
    »Du hast recht, Isobel«, sagte er leise. »Wir sollten unsere Zeit nicht mit solchem Unsinn verschwenden, denn sie könnte am Ende alles sein, was wir haben.« Ich küsste seine Halsbeuge, wo sein Pulsschlag pochte. »Es ist nur, dass dein Onkel mich mit seinen Erzählungen beim Essen schrecklich aufgebracht hatte, und als ich zu dir kam, um mich trösten zu lassen, und du nicht da warst …« Er holte Atem. »Dich in den Armen eines anderen zu sehen – so etwas möchte ich nie wieder erleben. Es raubte mir beinahe den Verstand, und ich hatte nur den einen Wunsch: Somerset zu töten.«
    »Mein Liebster, wir wollen nicht mehr darüber sprechen und es vergessen. Das Einzige, was zählt, ist, dass wir zusammen sind.«

20
    H EXHAM , 1464
    »Danke, Geoffrey«, sagte ich lächelnd, nahm den Brief, den mein Onkel vom Hof schickte, und öffnete ihn.
    Geoffrey war mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen und zu meiner rechten Hand geworden. War John fort, half er mir bei unseren Verwaltern, Pachteintreibern, Mähern, Bauern, Fuhrmännern, Schmieden, Pflügern, Schaf- und Viehhirten sowie anderen Arbeitern auf unseren breit gestreuten Ländereien, und ich stellte fest, dass er ein veritabler Quell des Wissens war. Mit seinem sonnigen Gemüt erinnerte er mich an König Edward. Geoffrey war nicht bloß ein angenehmer Gefährte, sondern er arbeitete auch hart und erreichte viel. Und, bei Gott, wir hatten seine Hilfe bitter nötig. Unsere Geldsorgen schienen trotz der Einkünfte aus der Goldmine kein Ende zu nehmen; deshalb konnten wir kaum Helfer einstellen. Aber dieser alte Mann schaffte an einem Tag mehr als die meisten jungen in einer Woche.
    Ich brach das Briefsiegel und begann zu lesen.
    Meine liebe Nichte Isobel,
    Vieles geschah, seit ich dich verließ. In London bereitete mir unser gütiger König Edward IV. – lang möge er über uns herrschen! – einen wunderbaren Empfang, und ich muss gestehen, dass ich höchst beeindruckt von ihm bin. Er ist der bestaussehende Mann und Prinz, den ich je erblickt habe, größer als alle anderen, die ich kenne, und breitschultriger, überdies noch äußerst liebenswürdig. Doch weist er keinerlei Gemeinsamkeit mit unserem scheuen Henry auf. Mit seinen Fähigkeiten und seinem Scharfsinn sowie seinem großen Talent als mutiger Kriegsführer ist König Edward ein formidabler Staatsmann. Meine eigenen Talente erkannte er sofort und pflichtete meinen Argumenten gegen Nachsicht bei. Meine teure Nichte, du wirst mit Stolz erfüllt sein zu hören, dass dein Onkel, der bereits ein hoher Adliger ist und als einer der weltweit höchsten Gelehrten gilt, von unserem König Edward IV. gebührend gewürdigt worden ist. In Anbetracht meines fundierten Rates und meiner fehllosen Hingabe an die Sache Yorks ernannte mich Ihre Gnaden zum Lord Constable von England und verlieh mir die Macht, an meinem Gericht ohne Geschworene und ohne Widerspruchsrecht zu urteilen.
    Ich ließ den Brief sinken. Meine Gedanken überschlugen sich. Die Macht, die meinem Onkel übertragen worden war, kam einer Bewährungsprobe für sein wahres Naturell gleich. Er war schon vorher ein stolzer Mann gewesen, und nun fürchtete ich, dass ihn ebendieser Stolz blind für sein wahres Wesen machen könnte. Wie Marguerite d’Anjou, die sich als Friedensstifterin gesehenen hatte, während sie Männer in die Schlacht getrieben hatte, hatte mein Onkel sich für einen treuen Lancastrianer gehalten, als er vor dem Krieg nach Italien geflohen war.
    Was mir jedoch den größeren Kummer bereitete, war diese feste Überzeugung von seiner eigenen Rechtschaffenheit. Mein Onkel war bekannt für seine Frömmigkeit, und dennoch hatte er voller Bewunderung mitangesehen, wie Sarazenen grausam durch Pfählen getötet worden waren – derselbe Mann, der über die erfundene Geschichte von Tristan und Isolde geweint hatte.
    Welcher ist der wahrhafte John Tiptoft, Earl of Worcester?, fragte ich mich.
    Ich bekreuzigte mich und las weiter.
    Bedauerlicherweise ist unser neuer König zu gnädig,

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