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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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wollten, doch war uns beiden nicht nach einer Feier. Deshalb saßen wir still beisammen, als die Kirchenglocken zur zwölften Stunde schlugen. Ich lauschte, bis der letzte Glockenschlag verklungen war. Obgleich ich ahnte, dass uns in diesem Jahr kein Jubel beschert sein würde, schickte ich ein stummes Gebet um frohere Kunde gen Himmel. Denn das Herz ist stur und närrisch, und die Hoffnung triumphiert allenthalben, selbst inmitten von Desaster.
    Nach Johns Fortgang suchte ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Wahrsagerin auf. Aber die alte, zahnlose Frau, die braun wie eine Nuss war und deren schrumpelige Haut an eine getrocknete Rosine erinnerte, bot mir keinen Trost. »Hütet Euch vor den Iden des März!«, sagte sie zu mir wie schon eine andere ihrer Zunft fünfzehnhundert Jahre zuvor zu Cäsar. Ihre Worte katapultierten mich in eine finstere Stimmung, und ich konnte nichts gegen die dunklen Ahnungen ausrichten, die mich heimsuchten.
    Bald schon wurden Boten abgefangen, die Papiere bei sich trugen, in denen von Warwicks Absicht stand, Edward durch dessen Bruder Clarence zu ersetzen. Hierauf folgten Berichte, dass Warwick Anfang März eine Schlacht nahe Stamford verloren hatte, die »Schlacht von Losecoat-Field«, weil seine fliehenden Männer ihre Wämser mit seinem Wappen abgeworfen hatten. Mit seinen Töchtern, Nan und seinem Schwiegersohn Clarence – dessen Frau Bella einen Monat vor der Niederkunft stand – floh Warwick nach Calais.
    Als ich Johns Brief las, schrie ich auf und fasste mir an die Brust. Ein entsetzlicher Schmerz ergriff mein Herz.
    Ursula kam zu mir geeilt. »Isobel, liebe Lady, ist dir nicht wohl? Hier, setz dich!« Sie half mir auf einen Stuhl.
    Der Krampf in meiner Brust ließ bald nach, und ich holte tief Luft. »Mir … geht … es gut«, log ich, denn seit Monaten benahm sich mein Herz seltsam. »Es ist nur der Brief …«
    Ursula nahm mir das Schreiben ab, stieß Laute des Entsetzens und aufgeregtes Murmeln beim Lesen aus und legte es schließlich seufzend ab. »Ein Gutes hat es«, sagte sie. »Schlimmer kann es nicht mehr werden.«
    Doch es konnte. Noch grässlichere Nachrichten erreichten uns. Auf Befehl König Edwards verweigerte Calais seinem Captain die Aufnahme in der Festung. Zweifellos von der rauen See ausgelöst, setzten bei Bella verfrüht die Wehen ein, und sie gebar einen toten Sohn an Bord des Schiffes, wo ihr nur der geschenkte Wein von Calais als Trost diente.
    Ich war in Warkworth und John mit seinen Pflichten an der Grenze beschäftigt, als der Herold von Northumberland eintraf, um mir noch schlechtere Nachrichten aus Westminster zu bringen.
    »König Edward hat Warwick und Clarence zu Verrätern erklärt und ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Euer werter Onkel, der Earl of Worcester, wurde wieder zum Constable von England ernannt, um Earl Rivers, den Vater der Königin, zu ersetzen, der in Edgecote hingerichtet wurde.«
    Da ich meiner Stimme nicht traute, nickte ich nur, um den Herold zu entlassen, und er zog sich zurück.
    Ich sehnte mich nach den tröstlichen Armen Johns, aber er kam nicht nach Hause. Ich schrieb ihm und erhielt keine Antwort. Es sorgte mich mehr, als ich zugeben mochte, denn wann hatte er mich je ohne Nachricht gelassen? Wüsste ich es nicht besser, würde ich annehmen, dass er mich mied, doch diesen närrischen Gedanken gestattete ich mir nicht. Ich wusste, dass John mit zahllosen Schwierigkeiten kämpfte, während er den Frieden im Königreich gegen seinen eigenen Bruder zu erhalten bemüht war, und dass die Zwiste in seiner Familie schwer auf seiner Seele lasteten. Dennoch konnte ich in meiner Einsamkeit nicht einmal Trost in der Gesellschaft meiner Kinder finden, und ich verzehrte mich nach John. Immer wieder, so plötzlich wie ein Blitz aus heiterem Sommerhimmel, kam mir der Gedanke, dass die Dreizehn eine Unglückszahl war. Womöglich hatte sich etwas geändert, und John mied mich doch. Aber das ergab keinen Sinn; seit Somerset hatten wir keinen ernsthaften Streit mehr gehabt.
    Unterdes brachen neue Unruhen im Norden aus. Robin von Redesdale war einmal niedergeschlagen worden, entfachte nun jedoch eine neue Rebellion. Und zu meinem Erstaunen erfuhr ich diese Neuigkeit nicht von John, der weiterhin keine Nachricht schickte, und auch nicht von Wandergesellen, die nicht mehr zu uns kamen, um Unterkunft zu erbitten, sondern von Ursula. Sie hatte es beim Schankwirt im Dorf gehört, bevor sie nach York geritten war, um Mandeln, Zucker und sonstige

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