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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Miene sah er abermals auf das Meer – nicht zu mir –, und zu meinem Entsetzen wandte er sich zum Gehen. Er erträgt meinen Anblick nicht!, durchfuhr es mich.
    Der Boden schien unter meinen Füßen zu erbeben, und die Welt, wie ich sie kannte, geriet aus den Fugen. Im Fall suchte ich nach einem Halt und fing Johns Hand ein, während ich schon auf dem harten Fels auf die Knie sackte. Dreizehn Jahre lang hatte mich mein Glaube an die Liebe durch alle Stürme und Schicksalsschläge des Lebens getragen. Nun war die Liebe fort; sie löste sich unter meinem Griff auf, obwohl ich mich bemühte, sie festzuhalten. Ich ließ Johns Hand los. Überwältigt von Kummer und Verzweiflung, bedeckte ich mein Gesicht mit beiden Händen und kämpfte gegen mein Schluchzen. Der Wind heulte um mich herum, und ich fühlte Regentropfen, die sich mit meinen salzigen Tränen vermengten. Da kniete ich mit taubem Geist, außerstande, diese schreckliche neue Welt zu begreifen, die plötzlich meine geworden war.
    Aber John war nicht gegangen. Ich spürte, wie er neben mir in die Knie sank. »Isobel …«
    Behutsam zog er mir die Hände vom Gesicht, umfing mein Kinn und hob es an, sodass ich ihn ansehen musste. Im Dämmerlicht schimmerten seine Augen feucht, und seine Lippen bewegten sich stumm vor lauter Gefühlen. Er schlang die Arme um mich.
    »Verzeih mir, Isobel … Verzeih mir … Meine Liebste, es ist nicht deine Schuld. Es ist allein meine …« In seiner Stimme schwang ein Ton mit, den ich noch nie bei ihm gehört hatte. Er drehte das Gesicht zum Meer und starrte weit hinaus.
    Erschrocken hielt ich den Atem an.
    »Ich habe mit einem Geheimnis gelebt, das ich nicht länger mit mir herumtragen kann. Du musst es erfahren, denn es hilft dir vielleicht zu verstehen …« Er schien sich wappnen zu müssen, ehe er fortfahren konnte, und ich bekam schreckliche Angst. »Ich bin ein Soldat, und Töten ist die Arbeit eines Soldaten, doch ich hasse es aus tiefstem Herzen. All diese Jahre tötete ich nur, weil ich musste. Um zu überleben, um Ruhm zu ernten … Ich sagte mir immerfort, dass es eines Tages vorbei sein würde. Doch es endete nie. Als dein Onkel diese Männer abschlachtete, wurde ich gewahr, wie sehr ich das Töten verabscheue. Wie sehr ich mich selbst dafür hasse, dass ich töte …« Er blickte mich gequält an. »Vergib mir, Isobel! Ich war gedankenlos und selbstsüchtig. All meine Sorge galt mir selbst.«
    Ich schloss die Augen und atmete tief ein. All diese Jahre hatte ich es nie gewusst … Dies also war es, was er vor mir verbarg, so lange schon.
    »Ich hatte gedacht, dass ich deine Liebe verloren habe«, flüsterte ich.
    »Dir gehört meine Liebe, Isobel, und so wird es bis zu meinem letzten Atemzug sein. Es gibt Grausamkeit, und es gibt Verderbtheit, aber es gibt auch Liebe. Wir sind gesegnet, sie zu besitzen, nicht wahr?«
    »Sind wir, mein liebster Lord.« Ein Windstoß riss an mir, hob die Wolldecke an und löste mein geflochtenes Haar. Ich erschauderte.
    »Ja, es ist bitterkalt, sogar für einen Märzabend, Isobel.« Er zog die Wolldecke fester um mich. »Suchen wir lieber Schutz. Und lass uns hoffen, dass morgen ein besserer Tag wird.«
    Gemeinsam ritten wir zu der Festung am Meer, und obgleich uns der Wind Sand in die Augen wehte und blind machte und uns immer wieder zurückblies, fühlte ich mich sicher und geborgen, denn Liebe umgab mich, als ich hinter meinem Gemahl auf Saladin saß, die Arme um Johns starke Brust gelegt und den Kopf an seinen Rücken geschmiegt.
    Was die Zukunft auch bringen mag, dachte ich. Ich habe dies hier gehabt.

25
    1470
    »Hütet Euch vor den Iden des März«, hatte die Wahrsagerin gesagt.
    Die Iden, der fünfzehnte März, waren gekommen und gegangen, aber sie waren noch nicht fertig mit uns, wie ich feststellte, als ich Johns Brief las.
    Robin of Redesdale hat eine weitere Rebellion angefacht , schrieb er, und ich muss entscheiden, wie zu verfahren ist. Doch ich fürchte, mir bleibt keine andere Wahl, als gegen ihn zu kämpfen.
    Gegen Robin of Holderness war John rasch und energisch vorgegangen, aber Holderness war nicht mit ihm verwandt gewesen. Die Rebellion, die unser Cousin Robin of Redesdale anführte, war etwas gänzlich anderes. John hatte mit Schuldgefühlen gerungen, als er Angehörige und Freunde verloren hatte, die im Kampf gegen ihn gestorben waren, doch so hart, wie es für ihn bei der ersten Rebellion gewesen war – diesmal war es schlimmer. Dieser Aufstand Robin of Redesdales

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