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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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den brutalen Fängen der Zeit zu befreien und uns einen Platz in Gottes großem Plan zuzuweisen. Jedes Mal kehrten wir müde, aber zugleich gestärkt nach Seaton Delaval zurück.
    In jenem Herbst kam John endlich wieder nach Hause zu Besuch. Rufus war nicht mehr an seiner Seite, denn er war an meinem Geburtstag, Petri Kettenfeier am ersten August, im hohen Alter von fünfzehn Jahren gestorben. John hatte nun einen Welpen namens Roland. Meine Freude, meinen Gemahl zu sehen, schwand beim Anblick seiner Miene, in die das raue Wetter, Schlaflosigkeit und Sorge tiefe Furchen gegraben hatten. Ich musste mich für einen kurzen Augenblick abwenden und meine Fingernägel in die Handflächen bohren, um die Fassung wiederzufinden und ihn willkommen zu heißen. In diesem Sommer war er schrecklich gealtert.
    In unserem Schlafgemach badete ich ihn in einem Holzzuber mit warmem Wasser. Der junge Hund beobachtete uns still vom Feuer aus.
    Noch behutsamer als sonst wusch ich Johns Narben, weil er mir so zerbrechlich vorkam. Dieser starke Mann, den ich von ganzem Herzen liebte, war mir kostbarer denn je. Ich spürte, dass er mir entglitt, und so kämpfte ich noch verbissener darum, ihn bei mir zu behalten.
    Ich bot ihm einen Laib von dem frischen, warmen Roggenbrot an, das er gern mochte, und vom besten Käse, den unsere magere Speisekammer bot.
    Doch John schüttelte den Kopf, nahm meine Hand, die auf seiner Schulter lag, und küsste sie sanft. Ich stand hinter ihm und biss mir auf die Unterlippe, um nicht zu weinen. Der Welpe wedelte mit dem Schwanz, als ich zu ihm sah, als wollte er mir Mut zusprechen. Ich rang mir ein Lächeln ab, bückte mich und schlang die Arme um Johns nackte Brust. Zärtlich schmiegte ich meine Wange an seine und sog die Wärme seiner Nähe ein. »Ich liebe dich«, flüsterte ich.
    »Und ich dich, Isobel«, antwortete er murmelnd. »Bis ans Ende meiner Tage …«
    Nachdem ich ihn mit Tüchern und einem kräutergetränkten Schwamm abgerieben hatte, half ich ihm in den Morgenmantel. Dann stellte ich eine Flasche Wein vor das Feuer, setzte mich mit ihm auf die Kissen und lehnte mich in seine Arme.
    Eine lange Weile schwieg er nachdenklich und trank von seinem Wein. Schließlich sagte er: »Ich bringe Neuigkeiten, Isobel.«
    Mir wurde die Kehle eng. »Nicht jetzt, mein Liebster«, erwiderte ich hastig und erstickte seine Worte mit einem Kuss. »Dazu ist später noch Zeit. Dieser Moment gehört uns … uns und der Liebe …«
    Er drückte mich an sich und küsste mich inniglich. Meine müde Seele schmolz unter seiner Liebkosung, und in der Sinnlichkeit unseres Liebesaktes stellte sich jene köstliche Harmonie ein, die uns jedes Mal verband, wenn wir einander so nahe waren. Die Welt verschwand, während wir höher und höher in den Himmel aufstiegen, wo Millionen Sterne um uns funkelten und uns Zufriedenheit und Glück schenkten.
    Die Nachrichten, die John brachte, waren fürwahr finster. Manches hatte ich bereits von den Wandergesellen erfahren, aber es war schlimmer, die Worte aus Johns Mund zu hören. Warwick, der nicht hatte glauben wollen, dass man ihn in Calais abwies, war einen Monat lag umhergesegelt, bis er schließlich im Mai seinen Stolz beiseitegeschoben und in Frankreich um Zuflucht gebeten hatte. In dieser Zeit gelangte er zu der Einsicht, dass England lieber Edward auf dem Thron behielt, als dessen unbesonnenen, närrischen Bruder Clarence zu akzeptieren. Warwick und der französische König hatten die Köpfe zusammengesteckt und Pläne geschmiedet. Was von ihnen bekannt wurde, erschütterte die Welt.
    Es ist zu schrecklich, um wahr zu sein, dachte ich. Aber das war es leider, und wir mussten uns damit abfinden. Der Spinnenkönig hatte sowohl Warwick als auch Marguerite in sein Netz gelockt und sie zu Verbündeten gegen Edward gemacht. Gemeinsam wollten sie nach England einmarschieren und Henry VI. wieder auf den Thron hieven. Ihre Versöhnung bewies, welch große Überzeugungskraft Louis besaß, denn größere Feinde hatte es nie gegeben: Marguerite hasste keinen Mann erbitterter als Warwick, und er verabscheute sie inbrünstiger noch als Elizabeth Woodville, denn die Woodville hatte ihm nicht angetan, was Marguerite ihm zugefügt hatte. Trotzdem kroch Warwick vor der Mörderin seines Vaters und seines Bruders zu Kreuze und bat sie um Vergebung.
    Zu furchtbar, dachte ich, während ich durch den Wald ging, dessen Bäume der Herbstwind kahl geblasen hatte. John war nach Pontefract Castle geritten, wo

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