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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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ich, ließ mir meine Abneigung nicht anmerken und machte einen Knicks. Ich hatte ihm nicht vergeben, wie er mich bei unserer ersten Begegnung abgeschätzt hatte, und seither hatte ich vieles über ihn gehört, das mir missfiel. Vor mir stand ein sittlich verkommener junger Mann, dem nichts in der Welt verwehrt war, wodurch ihm wenig Skrupel, mangelnde Integrität und ein kräftiger Appetit auf fleischliche Sünden anerzogen worden waren. Zweifellos hatte er schon viele Damen erobert, sah er doch gut aus und besaß den Charme des Mächtigen.
    Somerset schickte seine Entourage mit einer Handbewegung fort. Dann bedeutete er mir, dass wir unseren Spaziergang gemeinsam fortsetzen würden. Ursula trat beiseite.
    »Es freut mich, an einem schönen Abend wie diesem solch entzückende Gesellschaft zu haben. Wie gefällt es Euch bei Hofe, Mylady Isobel?«
    »Es ist recht anders als in der Abtei, Mylord.«
    Sein lautes Lachen klang beinahe wie ein Schnauben. »Wohl wahr, wohl wahr … und eine zweideutige Antwort, wie sie eines Staatsmannes würdig wäre, Mylady. Doch was meint Ihr? Ist es gut oder schlecht, das ist die Frage.«
    Ich bedachte ihn mit einem Lächeln. »Es ist, was immer Euch beliebt, Durchlaucht.«
    »Aha! Noch eine staatsmännische Antwort, um mich zu verwirren. Ihr seid gewitzt.«
    Eine Weile schlenderten wir schweigend weiter. Dann blieb er unvermittelt stehen und sah mich an. »Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr morgen Abend mit mir in meinen Privatgemächern speist.«
    Ich fühlte, wie meine Wangen heiß wurden. An leichte Eroberungen gewöhnt, wagte er es, mir seine Einladung anzutragen, als wäre ich eine gemeine Dirne! »Ich müsste zuerst die Erlaubnis der Königin einholen. Wie Ihr Euch vielleicht erinnert, bin ich ihr Mündel.«
    Nun war es an ihm zu erröten, doch er erholte sich rasch. »Dann möchtet Ihr Euch vielleicht auf ein Lied und einen Kelch Wein mit mir am Springbrunnen einfinden?«
    »Mylord Somerset, Ihr wisst, dass es nicht möglich ist.«
    »Alles ist möglich, falls Ihr es wollt.«
    »Mylord, das mag auf Euch zutreffen, mächtig wie Ihr seid. Für mich indes ist der Wille der Königin oberstes Gesetz, nicht meiner«, erwiderte ich.
    Stille trat ein. Dann ergriff er meine Hand. »Es ist harmlos, gemeinsam zu singen, und bedarf nicht der Erlaubnis der Königin. Lasst Euch erweichen!«
    Ich blickte hinab auf die Hand, die meine hielt. Sie war breit mit kurzen Fingern, und ich fand sie auf grobe Weise reizlos. »Nur wenn die Königin es befiehlt, Durchlaucht.«
    Etwas an meinem Tonfall musste meine Gefühle verraten haben, denn seine Augen verdunkelten sich. Nach einer kurzen Pause sagte er steif: »Ihr seid wahrlich unbedarft, was das Leben bei Hofe betrifft, sonst wüsstet Ihr, dass man mit mir keine Spiele treibt. Ich bekomme stets, was ich will … am Ende.« Damit drehte er sich um und schritt verärgert zu seinem Gefolge, das am Ufer wartete.
    Ich wollte ihm nachrufen, ich hätte schon gehört, dass er bei der Königin bekam, was er wollte, konnte mich jedoch rechtzeitig bremsen. Beunruhigt ob der Ungeheuerlichkeit, die ich um ein Haar begangen hätte, sah ich ihm nach. Dabei gingen mir die Worte meiner Amme durch den Kopf: »Sie ist ein wildes Ding und furchtlos; um ihrer selbst willen muss sie gezähmt werden.«
    In Zukunft musste ich Somerset tunlichst meiden. Er war ein gefährlicher Mann. Die Macht und die Rage, die ich an ihm gespürt hatte, ergaben eine tödliche Mischung, und ich traute mir selbst nicht, in seiner Nähe verlässlich die untertänige Jungfer zu mimen.
    Einige Tage nach dem Vorfall mit Somerset schwoll ein großes Flüstern und Raunen in den Gängen und Hallen von Westminster an, gleich den Ozeanwellen in einem Sturm. Doch weder Ursula noch ich konnten den wenigen Brocken, die wir hörten, einen Sinn abgewinnen. Erst als ich den Namen des Duke of York und des Earl of Salisbury hörte, begriff ich, und mein Herz machte einen gewaltigen Hüpfer. Aufgeregt zerrte ich Ursula aus einer Gruppe von Damen in einer Nische, wo ein Seidenhändler seine Stoffballen vorführte, und mit mir in unsere Kammer. Ich hatte meine liebe Not, nicht zu rennen. Auf dem Weg warf mir Ursula immer wieder verwunderte Blicke zu, aber ich wagte nicht, ihr meine Entdeckung zu enthüllen, bevor wir hinter verschlossenen Türen waren.
    »Der Duke of York und Sir John Nevilles Vater Richard, der Earl of Salisbury, kommen zur Ratsversammlung der Königin! Salisbury wird von seinem ältesten Sohn,

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