Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
gegen unseren Befehl verstößt, wird sie sehen, was sie davon hat.« Die Königin legte den Brief ab und nahm einen neuen auf. »Hier ist eine erfreulichere Angelegenheit – l’amour «, sagte sie mit einem Anflug von Wehmut.
»Herzensangelegenheiten interessieren mich, und ich genieße es, Ehen zu stiften.« Mit diesen Worten wandte sie sich mir zu. »Es ist mir eine der liebsten Pflichten …«
»An unseren geschätzten John de Vere, Earl of Oxford«, diktierte sie. »Wie Ihr wohl wisst, steht Elizabeth Clere in unseren Diensten, und sie gestand uns ihre Zuneigung und Achtung für einen gewissen jungen Mann in Euren Diensten, Thomas Denys mit Namen. Daher schreiben wir Euch mit der Bitte, alles Euch Mögliche zu unternehmen, den jungen Mann von dieser wünschenswerten Verbindung zu überzeugen. Ihr dürft ihn wissen lassen, dass wir zu beiden sehr großzügig sein werden, sollte er der Vermählung zustimmen. Wir bitten Euch, in dieser Sache Euer Bestes zu geben, wie wir es für Euch künftig zu tun gedenken. Möge die heilige Dreifaltigkeit Euch schützen – und so weiter.« Sie winkte zum Schreiber und drehte sich wieder zu mir um. »Lady Ingoldesthorpe, komm her und setz dich eine Weile zu mir, bis meine anderen Damen eintreffen!«
Ich verneigte mich und nahm auf dem niedrigen Kissen Platz, das sie mir zuwies, so nahe am Feuer, wie ich konnte. Früher am Morgen hatte sich der Wind über London intensiviert, und nun heulte der Sturm um das Schloss. Die Seidenvorhänge an den Wänden bewegten sich in der Zugluft, die durch die Mauerritzen drang, und ich fröstelte. Auch die Königin musste die Kälte spüren, denn sie ging und wärmte sich die Hände am Feuer. Dort stand sie einige Zeit, das Gesicht dem Fenster zugewandt. Dann seufzte sie leise und setzte sich. »Wie ich die Sonne von Anjou vermisse! England ist immer so trüb, nichts als Regen und elende Kälte.«
»Vielleicht kommt der Frühling zeitig«, sagte ich.
»Du wirst feststellen, dass London im Frühjahr so unerquicklich ist wie im Winter. Das liegt zweifelsohne an seinen Bürgern, einem undankbaren Haufen. Mordi , Schimpfen und Klagen ist alles, was wir hören! Sie sind nie zufrieden, egal, was wir für sie erreichen. Ich werde dafür sorgen müssen, dass wir im Frühling nicht hier sind.«
In diesem Moment knarrte die Tür, und ein Stoffrascheln lenkte meine Aufmerksamkeit zum Eingang. Eine junge Frau von überragender Schönheit stand dort. Sie hielt sich majestätischer als die Königin selbst, und ihr Liebreiz erhellte den Raum wie eine brennende Fackel. Ihr Teint war von ebenmäßigem Elfenbein, und das schimmernde Haar, das ihr über den Rücken fiel, glänzte wie ein silbriger Heiligenschein. Gäbe es etwas an ihrer Erscheinung zu bemängeln, wären dies höchstens die grünen Augen, die ein wenig klein geraten waren und einen verschlagenen Ausdruck besaßen. Die junge Dame, die vielleicht zwei oder drei Jahre älter war als ich, kam zur Königin und flüsterte ihr etwas zu. Ich konnte einige französische Wörter sowie den Namen Edward aufschnappen und entnahm dem, dass die Königin in Sorge um ihren kleinen Prinzen war. Der Dreijährige hatte eine Erkältung, und sie hatte das Mädchen geschickt, um nach ihm zu sehen.
Die Königin nickte. »Bien … bien.« Dann drehte sie sich zu mir. »Lady Isobel Ingoldesthorpe, kennst du schon Elizabeth Woodville? Sie ist gleichfalls neu bei Hofe. Ihre Mutter, die Duchess of Bedford, ist Französin, aus Luxemburg.«
Ich murmelte die üblichen Höflichkeiten und lächelte Elizabeth zu. Sie erwiderte mit einem fahrigen Nicken und sah weg, kaum dass die Königin sich wieder mir zuwandte. Was für eine Ungezogenheit! Selbst die Mädchen im Kloster hatten ihre Abneigung gegenüber anderen hinter ausgesuchter Zuvorkommenheit verborgen.
» Alors , Isabelle, bist du glücklich bei uns am Hofe?«, fragte Königin Marguerite.
»Ja, meine Königin. Jeder hier ist äußerst freundlich zu mir.«
Sie lachte. »Oh ja, du hast einiges Interesse geweckt, wie wir es erwarteten.«
»Mylady?«
» Eh bien , du hattest schon drei Verehrer, die um deine Hand baten, einen für jeden Monat, den du hier bist. Einzig Elizabeth kann mit dir mithalten, aber sie ist nicht mein Mündel, mithin nützt es mir nichts.« Sie warf Elizabeth ein warmherziges Lächeln zu, das diese mit einem blendend strahlenden beantwortete.
Sprachlos sah ich die Königin an.
Sie tätschelte meine Hand. » Vraiment , hast du es nicht
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