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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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umher, so beschäftigt mit ihren Vorbereitungen, dass sie uns kaum beachteten. Ich fühlte nach dem Beutel, in dem Duke Humphreys Schreiben war. Es sollte sicherstellen, dass man uns vorließ, und ich war froh, es bei mir zu haben, als ich auf den Landsknecht zuging.
    »Wir müssen mit Sir John Neville sprechen«, sagte ich atemlos. »Bitte, bringt uns sofort zu ihm!« Allein seinen Namen auszusprechen, ließ mein Herz schneller pochen.
    »Ich führe Euch zu seinem Quartier, Schwestern.«
    Er brachte uns zu einem schmalen, zweigeschossigen Gebäude voller Soldaten. Eine Wache versperrte uns den Eingang. »Sie sind hier, um Sir John Neville zu sprechen. Angeblich ist es dringend«, erklärte der Landsknecht.
    »Sagt wer?«, fragte der Soldat, der uns misstrauisch beäugte.
    Ich reichte ihm Buckinghams Brief. »Macht schnell, Leben sind in Gefahr!«, rief ich, als er das Blatt allzu langsam hin und her drehte. Dann kam mir der Gedanke, dass er möglicherweise nicht lesen konnte, doch nachdem er uns abermals misstrauisch angesehen hatte, gab er mir den Brief zurück und brüllte nach jemandem, er solle uns nach oben bringen. Ein rotblonder Bursche, ungefähr in meinem Alter, kam angelaufen.
    »Folgt ihm, Schwestern!«, sagte der Wachmann. Der Junge nahm mit jedem Schritt zwei Stufen, und wir eilten ihm nach, Ursula voran.
    Ich sah John, bevor er unser gewahr wurde, und mir stockte der Atem. Er stand an einem Tisch, der Wolfshund Rufus lag zu seinen Füßen. Sir John war über eine große Karte gebeugt, die er mit einer Gruppe von Männern studierte. Seine tiefe, autoritäre Stimme wehte mir entgegen, und ich erstarrte. Dann schaute er auf und erblickte uns. Verwirrt zog er die Brauen zusammen. Sein Hund sprang auf und bellte.
    Drei Monate waren seit Tattershall Castle vergangen, von denen mir jeder wie ein Jahr erschienen war. Dennoch erinnerte ich mich an jede noch so kleine Einzelheit jenes Abends, und so würde es bis ans Ende meiner Tage sein. Umso schmerzlicher traf mich die Erkenntnis, dass Sir John mich offensichtlich vergessen hatte. Auch wenn ich verkleidet war, war es bitter für mich, dass er mich nicht wiedererkannte. Doch ich wappnete mich gegen seine Gleichgültigkeit, reckte das Kinn und folgte den anderen in die Kammer. Alle verstummten. Der Junge und Ursula wandten sich mir mit fragenden Blicken zu.
    »Mylords«, sagte ich, »der Duke of Buckingham schickt uns, Euch vor einem Hinterhalt zu warnen, den Henry of Somerset und Lord Egremont für Euch vorbereitet haben. Sie lauern Euch mit zahlreichen Soldaten auf. Die Einzelheiten findet Ihr in dieser Nachricht, die der gute Duke Humphrey Euch sendet, wünscht er sich doch Aussöhnung und kein Blutvergießen.« Die ganze Zeit streckte ich John das aufgerollte Pergament hin, und erst jetzt begriff ich, dass ich ihn allein angesprochen hatte und sein Blick einzig auf mir ruhte.
    Er erkannte mich!
    Seine ungläubige Miene wich einem Ausdruck von Ehrfurcht und Bewunderung, ehe er mir ein Lächeln schenkte und mich abermals mit seinen wundervollen Grübchen bezauberte. Meine Freude trieb mir ein nicht minder strahlendes Lächeln auf die Lippen und erfüllte mich mit herrlicher Wärme. Die Gesichter um uns herum, im Verein mit den Kerzen und den Wänden, verschwammen und zogen sich zurück, genau wie es bei jenem Tanz geschehen war, und es gab nur noch uns beide, tanzend zur melodischen Musik, deren Töne wie feurige Blumen aus dem Himmel auf uns niederregneten. Ich fühlte Johns Wunsch, ich möge näher kommen, und musste gegen den Drang kämpfen, dichter zu ihm zu treten.
    Eine Männerstimme durchbrach die Magie, die mich in ihrem Bann gehalten hatte, und ich stellte fest, dass Sir John Neville keinerlei Anstalten machte, mir die Nachricht abzunehmen, die ich ihm hinhielt. »Na, dann lasst uns sehen, welchen Empfang sie für uns geplant haben!« Der Mann entriss mir das Pergament, brach das Siegel und rollte das Schreiben auseinander. Als ich zu ihm sah, war mir, als erwachte ich aus einem Traum. Der Mann war groß und stark, hatte breite Schultern und dichtes braunes Haar, und er war in schweren roten Samt gewandet, auf den mit edlen Gold- und Silberfäden das Wappen des verzweigten Stabs gestickt war. Diese imposante Erscheinung konnte nur Johns Bruder Richard Neville sein, der Earl of Warwick und berühmteste Ritter unserer Zeit. Er wurde bewundert und geliebt vom einfachen Volk und eindeutig von Ursula, denn sie starrte ihn fasziniert an.
    Ich hingegen

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