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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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jemand anderen sah. Ein verlorenes Kind – eines mit dunklem Haar …
    Mir wurde das Herz schwer. Frauen gingen aus den unterschiedlichsten Gründen ins Kloster. Wenn ihnen das Leben zu viel nahm und zu wenig ließ, gab es immer das Haus Gottes, in dem sie ihr Ende erwarten konnten. Die Nonne bedeutete uns aufzustehen, und unwillkürlich schlang ich die Arme um sie; ich achtete gar nicht darauf, dass ich ihren Habit zerknautschte. Ich musste sie einfach an mich drücken, weil ich nunmehr gewiss war, dass ich sie nie wiedersehen würde.
    »Ich schreibe Euch, ma chère-aimée Sœur Madeleine«, sagte ich mit belegter Stimme.
    »Und ich werde für dich beten, Isabelle«, erwiderte sie, wobei ihre Lippen bebten. Sie drehte sich um und ging. Die Tür hatte sich bereits hinter ihr geschlossen, als ich noch dastand und ihr nachsah. Schließlich nahm ich Johns Hand, und wir gingen gemeinsam hinaus in den strahlenden Sonnenschein.
    Die zahlreichen Mannen des Earl of Salisbury und des Earl of Warwick sicherten den Hügel, so weit das Auge reichte, und dennoch kam es mir vor, als wäre ich mit John allein auf der Welt, als wir hinter ihnen her gen Raby Castle in der Grafschaft Durham in Northumbria ritten. Immer wieder wechselten wir liebevolle Blicke.
    In Middleham trennte Warwick sich von uns und nahm Sir Thomas Malory mit, der sich seinem Gefolge angeschlossen hatte. Die kleine Anne, die bei ihren Eltern stand, herzte mich, winkte mir zum Abschied und rief: »Vergesst nicht – Ihr kommt wieder!« Ich schmolz dahin.
    Am dritten Tag erreichten wir Raby, das auf einem weichen, von weißen Narzissen gesprenkelten Hügel lag und von zartem Nebel umhüllt war. Ich sah die Burg zunächst nur einem Traumbild gleich zwischen Baumlücken auftauchen und wieder verschwinden. Die Türme und Zinnen schienen mich zu sich zu locken, und die überwältigende Schönheit verschlug mir den Atem.
    »Raby Castle«, sagte John. »Wo ich geboren bin.«
    »Und wo wir heiraten werden«, murmelte ich. »Die Burg beschenkt mich unsagbar reich, mein Liebster.«
    Er hob meine Hand an die Lippen und küsste sie so sanft, dass ich schlucken musste. Meine weiße Zelterstute Rose trabte neben seinem goldenen Hengst dahin; so näherten wir uns gemeinsam den Wiesen im Nebel, hinter denen Raby und unser Schicksal warteten.

10
    A PRIL 1457
    Als wir näher kamen, änderte Raby Castle sein Aussehen und zeigte sein wahres Gesicht: das einer Festung mit hohen Türmen und undurchdringlichen Mauern, die jeden warnten, es ja nicht zu wagen, diese Burg anzugreifen. Vor beinahe hundert Jahren war sie von den mächtigen Nevilles an der Stelle erbaut worden, an der zuvor ein Wehrgut ihres Ahnherren König Canute gestanden hatte. Die große Trutzburg blickte mithin auf annähernd sechshundert Jahre Geschichte zurück. Sogar die geschnitzten Figuren an den Mauerzinnen schienen uns streng zu beäugen, als wir durch das Torhaus und über die Zugbrücke ritten.
    Die Bediensteten und der Haushalt waren im Innenhof versammelt und hießen uns mit lautem Jubel willkommen. Viele von ihnen sanken auf die Knie, legten die Hände zusammen und dankten dem Allmächtigen für unsere sichere Ankunft. Sogar die Hunde bellten zur Begrüßung und rannten aufgeregt zu Rufus’ Mähre. Manch einer staunte oder lachte, als der Wolfshund wendig von seinem Pferd hüpfte. Obwohl ich es schon einige Male gesehen hatte, konnte ich nicht umhin, ebenfalls in ein Lachen auszubrechen.
    Der Earl nahm meine Hand, stellte mich seinem Haushalt vor und gab unsere Verlobung bekannt. Die Leute jubelten mir zu und führten teils Freudentänze auf. Sein Sohn Thomas umarmte mich und nannte mich »Schwester«, während seine Gemahlin, Maude, mich unterhakte und mich von John wegführte. »Sie wird noch früh genug dein«, rief sie ihm munter zu. »Bis dahin musst du sie mit uns teilen.«
    Abends beim Essen stellte ich fest, dass John seine Liebe zu Hunden offenbar von seinem Vater geerbt hatte, denn der Earl zeigte sich seinen Tieren sehr zugeneigt.
    »Komm, Joselyn«, sagte er zu einem der Hunde, »hier hast du ein schönes Stück Kaninchen … Na, na, Bridget, nicht gleich neidisch werden. Hier ist Hühnchen für dich.«
    In den nächsten Tagen erfuhr ich noch Weiteres, das mich für die Nevilles einnahm. Beispielsweise verteilte Johns Vater täglich fünf Gold-Nobles in kleinen Münzen an seinem Burgtor.
    »Ich bewundere Eure Freundlichkeit, Mylord«, sagte ich eines Abends zu ihm.
    »Die Armen sind unsere

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