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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Kerzen auf den Banketttischen leuchteten. Silberne Kelche, Teller und Salznäpfe funkelten, exotische Orangen und Zitronen quollen aus hohen Schalen, die ebenso wie die Blumen aus dem fernen Spanien hergeschafft worden waren. Das berühmte Deckengewölbe mit den Stichbalken erstrahlte im hellen Licht, sodass es über den aufwendig verzierten Balken zu schweben schien. Die Engel, die in den unteren Winkeln hingen, blickten auf uns herab, als wollten sie jeden segnen, der die Halle betrat. Ich sah zu König Henrys großem Wandteppich, an dem ich seit meiner Ankunft bei Hofe mitgearbeitet hatte. Er hing hinter der königlichen Tafel und rief sein Liebet Eure Feinde in den Saal. Die Statuen der Vorgänger Henrys in den Wandnischen erinnerten auf der einen Seite die Yorkisten, auf der anderen die Lancastrianer streng daran, dass sie alle einer Familie entsprangen.
    Als ich das Podest hinaufstieg, um neben der Königin Platz zu nehmen, begegnete mir der vernichtende Blick Somersets; er kam von der anderen Seite, sollte er doch neben König Henry sitzen. Es wurde kein Wort über seine bevorstehende Vermählung mit König James’ Schwester verloren, aber das war für mich nicht mehr wichtig. Lass die Vergangenheit ruhen!, dachte ich bei mir. In meinem Glück war ich milde gestimmt, warf ihm ein Lächeln zu und knickste, woraufhin er stehen blieb und sich elegant verneigte. Ich fühlte, wie sich John neben mir versteifte, und drückte seine Hand. Dann gingen wir weiter und stellten uns hinter unsere Stühle.
    Fanfaren kündigten die Ankunft des Königs und der Königin an. Sie nickten nach links und nach rechts, als sie hinauf zu ihren Thronstühlen gingen. Henry strahlte, Marguerite jedoch konnte sich kaum ein Lächeln abringen.
    Des Königs Frieden ist der Königin Krieg, musste ich unweigerlich denken.
    Aber dies war der Abend meiner Verlobung, und in meinem Herzen war nur Platz für die Vorfreude auf die Feier, also verscheuchte ich alle dunklen Wolken, die mein Glück zu trüben drohten. Ich aß mit gutem Appetit und trank nach Herzenslust. Bald würden John und ich den Hof verlassen und unser neues gemeinsames Leben beginnen. Es waren nur noch einige Papiere zu unterzeichnen, was schon am nächsten Tag geschehen sollte.
    Meine Hand zitterte, als ich den Vertrag in Anwesenheit der Königin in Westminster unterschrieb, den letzten vor unserer Abreise nach Raby Castle, dem Sitz der Neville-Earls of Salisbury. Wir wollten am folgenden Tag aufbrechen, denn im Norden erwarteten die Nevilles dringende Geschäfte, und John wollte mich nicht am Hof zurücklassen, wo ich der Gnade solcher Unholde wie Somerset ausgeliefert wäre. Da Ursula und ich in unserem glückseligen Überschwang niemandem von Nutzen waren, überließ ich es den Salisbury-Dienern, unsere spärlichen Habseligkeiten zu packen.
    Doch bevor wir Westminster verließen, musste ich noch einige Dinge erledigen, und das erste war, mich bei der Königin zu bedanken, die mein Glück möglich gemacht hatte.
    »Meine Königin, ein Winkel meines Herzens wird auf immer Euch gehören, wie auch meine Gebete, solange ich lebe«, sagte ich. Tränen der Dankbarkeit glitzerten in meinen Augen, als ich vor ihr kniete. »Ihr wart einem Schutzengel gleich, der mich vor Schaden bewahrte und mir eines der größten Geschenke gab, das diese Erde bietet, das Geschenk der Liebe. Ich werde es niemals vergessen.«
    Seufzend legte Marguerite ihre schmalen Hände zusammen. Wieder einmal blickte sie mit einem befremdlich gequälten Ausdruck in die Ferne, als würde sie von einem dauerhaften Kummer niedergedrückt. Mir kam ein morbider Gedanke: Hier stand eine jener armen Schattengestalten vor mir, von denen ich gefürchtet hatte, selbst zu einer zu werden, ein bedauernswertes Geschöpf, das sich in einer Welt ohne Farbe und Klang durch endlose Tage mühte. Fraglos hatte Marguerite einst geliebt – Somerset, den Vater, oder Somerset, den Sohn – oder vielleicht einen adligen Franzosen? Aber es war eine Liebe gewesen, die nicht hatte sein dürfen, weil Marguerite d’Anjou königlichen Geblüts war und einen König hatte heiraten müssen, auch wenn der geisteskrank und keusch war. Folglich richteten sich all ihre Liebe, ihre Hoffnungen und ihr Feuer auf das Kind, das sie gebar. Und im Gedenken an ihre verlorene Liebe machte sie anderen zum Geschenk, was sie selbst nie haben konnte. Daher rührte ihre Begeisterung für das Stiften von Ehen. Mein Herz verneigte sich voller Mitgefühl vor

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