Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
verletzend?«
    Ich machte mich bereit, genau von dieser scharfen Zunge jetzt kräftig eins übergezogen zu bekommen, aber zu meinem Erstaunen hob Damon nur das Glas und neigte den Kopf zu einem förmlichen Salut.
    »Touché!«
    »Na gut, akzeptiert. Ich werde mit Patrick, wenn sein Zorn verraucht ist, in diesem Sinne reden. Im Augenblick sollte er wohl besser erst einmal mit seinem eigenen Leid fertig werden.«
    »Du bist eine erstaunliche Mutter geworden, Amanda. Ich hätte immer gedacht, du würdest stark darauf bedacht sein, ihm seine Schmerzen zu ersparen.«
    »Ich würde es gerne, aber ich denke, es täte ihm jetzt überhaupt nicht gut, wenn ich besorgt um ihn herumflattern würde. Außerdem …«, und hier musste ich dann auch ein bisschen schief grinsen, »bin ich ebenfalls ein Feigling. Ich müsste ja dann Stellung beziehen, nicht wahr?«
    »Und entweder auf meiner oder seiner Seite stehen. Gut, erzieh du
deinen
Sohn, wie du es für richtig hältst, und ich versuche,
meinem
Sohn ein paar meiner Grundsätze mitzugeben. Vielleicht wird aus
unserem
Sohn dadurch ja ein ganz annehmbarer Mensch.«
    Mich traf die Formulierung über »unseren Sohn« etwas unvorbereitet und engte meine Kehle ein wenig ein. Deshalb nahm ich einen großen Schluck Wein und fühlte, wie sich eine Wärme in meinem leeren Magen ausbreitete.
    »Eine kleine Frage am Rande, Amanda – hast du schon etwas gegessen?«
    »Wenn du mich so fragst – es ist schon einige Zeit her.«
    »Und schweren Rotwein bist du vermutlich immer noch nicht gewöhnt? Was hältst du davon, wenn wir essen gehen?«
    Die Wärme hatte inzwischen meine Ohren erreicht, von denen ich mit Sicherheit annehmen konnte, dass sie rot glühten. Er hatte recht, ich sollte etwas essen.
    »Einverstanden.«
    »Na, dann komm!«
    Ich stand auf, um noch einmal nach Patrick zu sehen und ihm Bescheid zu sagen. Er gab ein mürrisches Brummen von sich, als ich an seine geschlossene Tür klopfte.
    »Patrick, ich gehe mit Damon essen. Möchtest du mitkommen?«
    »Vergiss es!«, grollte er störrisch und starrte weiter auf seinen Bildschirm, auf dem sich irgendwelche bunten Muster zu immer neuen Bildern sortierten. Titi hockte in angespannter Haltung daneben und belauerte die Maus.
    »Gut, aber dann schau nachher mal in den Kühlschrank, du findest da noch ein bisschen Salat und so.«
    »Kein Problem.«
    »Gut, ich gehe dann.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, schloss ich leise die Tür hinter mir. Patrick hatte so seine eigenen Methoden, mit Demütigungen fertig zu werden. Er zog sich in die weiten Regionen des Geistes zurück und löste knifflige Probleme, die einen normalen Verstand wie den meinen weit überfordert hätten.
    »Er bearbeitet die fraktalen Welten«, sagte ich zu Damon, der mir die Tür aufhielt.
    »Auch eine Art, sich abzulenken. Wohin möchtest du?«
    »Egal, Hauptsache, es gibt nicht nur Tofubratlinge.«
    »Rohes Fleisch, was?«
    »Auch recht!«
    »Carpaccio also, und das heißt Italiener.«
    Wir fuhren eine kurze Strecke schweigend, und ich wunderte mich über mich selbst. Eine solche Stimmung hatte zwischen Damon und mir nur in ganz seltenen Momenten geherrscht. Ich wollte sie nicht zunichte machen.
    Wir waren so früh, dass es noch kein Problem mit einem Tisch in dem normalerweise gut besuchten Lokal gab, und als wir unsere Vorspeisen vor uns hatten, kam Damon auf meine Erbschaft zu sprechen.
    »Du hast in der Zwischenzeit also wirklich deine Herkunft geklärt – Josiane und Henry als leibliche Eltern.«
    »Erstaunlich, nicht? Aber wegen Henry bin ich wirklich froh. Ich mag ihn sehr.«
    »Er ist ein außergewöhnlicher Mann, ich habe ein paar Stunden mit ihm verbracht, als wir darauf warteten, dass du endlich aus den Tiefen deiner Träume auftauchst. Ich fand deine Adoptiveltern in ihrer Auffassung, was du über deine Vergangenheit wissen solltest und was nicht, immer etwas idiotisch.«
    »Sie haben es aus ihrer Sicht vermutlich gut gemeint.«
    »Was nur wieder bestätigt, dass gut gemeint nicht gut getan ist. Besonders kraus war die Meinung deiner Mutter, du müsstest das ausgesetzte Kind einer gewissenlosen Prostituierten sein. Wer anders – in ihren Augen – hätte ansonsten einen solchen Schritt getan?«
    »Zugegeben, sie war reichlich prüde. Aber das war nun mal so, und mit der einen oder anderen inneren Schranke werde ich auch weiterhin zu kämpfen haben. Aber warum hast du mir damals diese Unterlagen nicht gegeben, als sie sie dir anvertraut hat?«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher