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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verbracht. Er hat sich wirklich um sie gekümmert und alles getan, um ihr die letzten Monate angenehm zu gestalten.«
    »Menschen haben viele Facetten. Aber gut. Kennst du diese Valerie?«
    »Ich habe sie zwei-, dreimal getroffen. Sie ist dieser ätherische Typ, der immer mit dem Riechfläschchen in Griffweite lebt, aber wenn es drauf ankommt, triffst du auf einen Kern aus rostfreiem Stahl. Sie hat sich anfangs mit Händen und Füßen gegen die Scheidung gewehrt. Soviel weiß ich von Gita. Aber im letzten Jahrhat sie dann doch eingewilligt, vielleicht weil sie eingesehen hat, dass sie ihren Nandi nicht zurückbekommt.«
    Ich unterbrach mich, denn eben servierte man uns das Hauptgericht. Das Kalbsfilet in Zitronensauce war zart und köstlich. Ich schwieg darüber und konzentrierte mich auf den Genuss.
    »Vielleicht sieht sie auch größere Chancen auf regelmäßige Unterhaltszahlungen, wenn die in einem Vertrag geregelt sind, als wenn sie weiterhin mit Nandi verheiratet ist und gegebenenfalls seine Pleiten mittragen muss«, knüpfte Damon an das Gespräch wieder an, als wir beide unsere Bestecke niedergelegt hatten.
    »Puh, wie berechnend! Aber das könnte hinkommen. Übrigens bin ich jetzt so satt, dass du mir unbeschadet noch ein Glas Wein einschenken darfst.«
    »Entschuldige, ich bin unaufmerksam. Noch eine letzte Frage, dann höre ich auf, dich mit der Mischpoke zu nerven. Was ist mit Nicole?«
    »Sie hat ziemliches Pech in ihrem Berufsleben gehabt. Sie hat Betriebswirtschaft studiert. Ihre Eltern haben in Heidelberg drei Bekleidungsgeschäfte, und sie hat die Leitung eines Kinderladens übernommen. Der ist aber nach einem Jahr in Konkurs gegangen, und sie saß mit einem Haufen Schulden da. Dann hat sie hier in einem großen Kaufhaus angefangen, aber dort wurde Personal abgebaut, und so saß sie dann nach zwei weiteren Jahren zwar diesmal mit einer Abfindung, aber wieder ohne Job da. Irgendwie hat sie zu dieser Zeit Gita kennengelernt, ihr Gesellschaft geleistet und ihr geholfen, den Haushalt zu führen, und alle möglichen Verwaltungsarbeiten übernommen. Dafür hat Gita ihr ein kleines Gehalt gezahlt. Und dann kam Nandi.«
    »Wie alt ist Nicole?«
    »Neunundzwanzig.«
    »Interessante Karriere.«
    »Spotte du nur. Meine sieht auch nicht besser aus.«
    »Du hast dich mit ihr ziemlich eng angefreundet?«
    »Das blieb nicht aus, wir haben uns schließlich beinahe jeden
    Tag gesehen und uns um dieselbe Person gekümmert.«
    »Seid ihr immer noch so gut befreundet?«
    »Nein, es ist etwas abgekühlt. Ich finde es bedauerlich, denn so sehr viele Freunde habe ich nicht. Aber es hat ein paar Missverständnisse gegeben. Kleinigkeiten, die wahrscheinlich untergegangen wären, wenn Gita noch unsere Aufmerksamkeit verlangt hätte.«
    »Ja, so ist das manchmal mit Freundschaften. Solange ein gemeinsames äußeres Interesse da ist, können sie weiter bestehen. Fällt das weg, ist die Sicht frei auf die Charakterzüge, die einem nicht so gefallen.«
    »Was willst du damit sagen, Damon?«
    »Nichts, was dich – wie sagtest du vorhin so passend – reizen sollte. Ich dachte nur, dass es Nicole wahrscheinlich ähnlich geht.«
    »Und sie endlich meinen verkorksten Charakter erkennt.«
    »Züge an dir, die ihr nicht gefallen. So ähnlich, wie es dir auch bei deinem charmanten Exfreund ergangen ist.«
    Damit hatte Damon ins Schwarze getroffen. So war das nämlich.
    »Du bist einfach ein Zyniker, Damon. Aber es ist etwas Wahres daran.«
    »Ein Zyniker? Weil ich an die immerwährende Freundschaft nicht glaube, die große Blutsbrüder- oder -schwesternschaft? Die ewige Liebe, die Treue bis in den Tod?«
    »Du sagst es.«
    »Romantikerin!«
    »Na und?«
    »Möchtest du noch einen Nachtisch?«
    »Möchtest du mich nach Hause rollen?«
    »Gut, dann gehen wir.«
    Es war dämmerig geworden, als wir nach Hause fuhren, und ich sah auf die Uhr. Kurz nach neun erst. Vorsichtig spielte ich mit dem Gedanken, das Zusammensein mit Damon zu verlängern. Bislang hatte ich mir noch keine tödlichen Wunden eingehandelt. Und wenn ich ganz ehrlich zu mir war, dann fand ich sein Interesse an meinen Angelegenheiten ausgesprochen schmeichelnd.
    »Kaffee, Cappuccino, Cognac oder Rotwein?«, fragte ich, als wir vor der Haustür parkten.
    »Ist das dein Ernst? Ich muss nicht nach deiner Briefmarkensammlung fragen? Du lädst mich freiwillig ein?«
    »So du keine anderen Verpflichtungen hast.«
    »Habe ich nicht. Die Gefängnisverwaltung ist großzügig.

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