Die Herrin des Labyrints
begrüßte mich mit überschwänglicher Freude, und Patrick überreichte ihr mit einer sehr stilvollen Verbeugung einen Blumenstrauß.
»Ich habe auch ein kleines Geschenk für Sie dabei, aber das kann man nicht auspacken und in die Vase stellen«, verriet ich und ließ mich dann den Anwesenden vorstellen.
»Amanda ist die Enkelin einer sehr alten und lieben Freundin«, sagte die alte Dame und schmunzelte mir verschwörerisch zu. Wir saßen in einer kleinen, hübsch eingerichteten Cafeteria und wurden mit Sahnetorte und Kaffee bewirtet, die Stimmung lockertesich zusehends. Patrick hatte die Aufgabe übernommen, sich um die Technik zu kümmern, was er mit Umsicht und Findigkeit machte. Ich entschuldigte mich nach einem Stück Kuchen und bat eine der Angestellten mir einen Raum zu zeigen, in dem ich mich umziehen konnte. Wir fanden ein Plätzchen in der Garderobe, und hier legte ich, wie Halima es mich am Vormittag gelehrt hatte, achtsam mein Kostüm an. Dann hüllte ich mich in meinen schwarzen Schleier, so dass nur noch die Augen zu sehen waren, und begab mich an die Eingangstür des Cafeteria. Patrick hatte auf mich gewartet und stellte die Musik an. Ich trat ein, und erstauntes Schweigen empfing mich. Es war ein langsames, sehnsuchtsvolles Musikstück, und ganz gemächlich ließ ich den Schleier nach unten gleiten. Es war nicht so, dass mich der Rausch gepackt hätte, aber als ich der strahlenden Augen gewahr wurde, die sich gleichermaßen an dem glitzernden Kostüm und meinen Bewegungen erfreuten, ja, den Anblick förmlich aufzusaugen schienen, erfüllte mich eine heitere Leichtigkeit, wie ich sie bisher nur selten gespürt hatte. Alte, kranke Menschen hatte ich schon oft gepflegt und ihre Leiden gelindert, noch nie aber hatte ich ihnen eine so hemmungslose Freude geschenkt wie die, die ich jetzt bei diesen wunderbaren alten Frauen entdeckte. Ich vergaß darüber sogar meine schmerzenden Füße.
Als ich mich nach drei Tänzen verbeugte und den Beifall entgegennahm, streckte Frau Seebruk ihre Hand aus und zog mich zu sich.
»Was für ein wunderschönes Geschenk, Amanda. Oh, und was für ein Kleid!«
Ich war plötzlich umringt von den Damen, die den Schleier, den glitzernden Schmuck, die wallenden Röcke berührten, und eine von ihnen sprach aus, was sich wohl viele von ihnen dachten.
»So etwas hätte ich auch gerne einmal getragen. Ich habe zu meiner Zeit auch immer tanzen wollen.«
»Gehen Sie sich jetzt aber schnell umziehen, mein Kind, Sie sind ganz erhitzt!«
Auf das tiefste gerührt verschwand ich wieder in der Garderobe und verwandelte mich von der Glitzerprinzessin wieder in einenormale Frau, und irgendwie hatte ich den Eindruck, ich hatte etwas gefunden, das sich vorher hinter dem Schleier verborgen hatte.
»Amanda, das war toll gewackelt!«, lobte mich Patrick, der mir half, die große Sporttasche im Auto zu verstauen. »Die waren alle völlig platt. Sogar die Angestellten hier haben sich an der Tür gedrängelt, um dich tanzen zu sehen.«
»Das habe ich gar nicht gemerkt. Aber ich glaube, es hat ihnen wirklich Spaß gemacht. Meinst du, du kannst es noch eine Weile aushalten, hierzubleiben? Ich möchte mit Frau Seebruk noch etwas bereden.«
»Geht in Ordnung. Wenn ich noch ein oder zwei Stück Kuchen bekomme!«
»Das wird sich wohl machen lassen.«
Es ließ sich machen, und die alten Damen kümmerten sich so hingebungsvoll um Patricks Verpflegung, dass ich mich mit Frau Seebruk für eine Weile in den Garten begeben konnte. Ich hatte schon die ganze Zeit bemerkt, dass sie mir unbedingt etwas mitteilen wollte.
»Amanda, Sie sind doch sicher inzwischen auch darauf gestoßen, dass Sie die Tänzerin sind, von der in Gitas Gedicht die Rede ist?«
»So weit bin ich auch schon, ja. Aber den Namen kenne ich trotzdem nicht.«
»Warum nicht Amanda?«
Das mit den Träumen konnte ich ihr jetzt unmöglich erklären, also sagte ich: »Weil das der Name ist, den meine Adoptiveltern mir gegeben haben. Ich vermute mal, meine Mutter hat mich ganz anders genannt.«
»Dann werden Sie diesen Namen ja erfahren, wenn Sie Ihre Geburtsurkunde bekommen, nicht wahr?«
Das war ein ziemlich offensichtlicher Punkt, den ich bisher wahrhaftig übersehen hatte. Manchmal, so schien mir, führte mich meine Suche wirklich reichlich weit vom Ziel weg.
»Danke, darauf hätte ich ja wohl auch selbst kommen können. Hoffentlich treffen die Unterlagen bald ein.«
»Das wird sicher bald geschehen. Aber mir ist noch etwas
Weitere Kostenlose Bücher