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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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nützte nichts, schon wieder drängte sich ein Bild auf, das Patrick in einem düsteren Wald zeigte, von dem eine schweigende Bedrohung ausging. Dichtes Unterholz versperrte den Weg, und Ranken verhinderten ein Weiterkommen. LeuchtendeAugen beobachteten lauernd den Verirrten, und auf leisen Sohlen schlich sich hinterrücks ein gewaltiger Luchs heran und schlug seine Krallen in die ungeschützten Schultern.
    In meine Schultern gruben sich auch gerade Krallen, und ich war Titi sogar dankbar dafür, dass sie mir meine unruhigen Bewegungen im Bett übelgenommen hatte. Ich musste aufhören, mir derartige Gedanken zu machen, schließlich war Patrick nicht alleine, und Damon hatte versprochen, ihn keiner Gefahr auszusetzen. Ich machte das Licht an und kraulte Titi. Im Hellen und mit einer schnurrenden Katze im Arm hoffte ich, die aufsteigende Panik zu bewältigen. Aber was war, wenn Patrick wirklich …
    Es hörte nicht auf, die Panikattacken wurden sogar noch schlimmer, und schließlich stand ich auf, um die Telefonnummer zu wählen, die mir Damon hinterlassen hatte. Als ich die Füße auf den Boden setzte, fühlte ich etwas Kaltes unter der rechten Sohle. Ich hob den Fuß und sah, dass die Münze, die ich bislang nachts immer unter dem Kopfkissen liegen hatte, hinuntergefallen war. Ich hob sie auf und hielt sie fest in der Hand. In diesem Augenblick löste sich die Verspannung in meinem Körper, ich konnte wieder ruhig atmen, und die Angst war wie verflogen.
    Den Rest der Nacht schlief ich ruhig, aber die Sache mit der Münze gab mir zu denken. War ich so schutzlos ohne sie?
    Halima ging es an diesem Morgen erheblich besser, sie hörte sich meine Erlebnisse schweigend an.
    »Behalte die Münze bei dir, sie ist so etwas wie ein Talisman, ein Schutzschild. Du bist sehr empfindlich gegenüber den Einflüssen aus der geistigen Welt. Das haben wir ja schon festgestellt. Und gerade jetzt sind die Tore noch weiter offen als sonst.«
    »Ist in Ordnung.« Ich seufzte ergeben auf und fragte: »Was machen wir heute?«
    »Wir fangen an, dieses Tor zu nutzen. Du hast jetzt ein nettes Repertoire an Tänzen. Die Choreographien sitzen, und die Technik stimmt auch so einigermaßen. Du musst sie jetzt mit deiner eigenen Aussage interpretieren. Das ist die Kunst daran.«
    »Interpretation? Halima, ich kann einfach nicht mehr denken, ich fühle mich ganz leer.«
    »Wunderbar. Dann hole dir die Inspiration von den Göttern.«
    »Nein!«
    »Doch.«
    »Ich will das nicht! Wir haben die ganze Zeit daran gearbeitet, diese Vorfälle in den Griff zu bekommen.«
    »Amanda, tu, was ich dir sage. Es ist weniger schlimm, als du denkst. Du musst ja nicht gleich die schwarze Kali rufen. Es gibt auch andere Göttinnen, die gerne tanzen.«
    »Halima, warum Göttinnen? Ich will nicht an Götter und Göttinnen glauben.«
    »Dann nenne sie anders. Ich habe dir schon einmal gesagt, sie sind nur die personifizierten Kräfte, die auf allen Ebenen wirken. Hast du andere Namen für sie? Was möchtest du tanzen?«
    »Anmut vielleicht oder Grazie …«
    »Wie langweilig. Möchtest du nicht vielleicht mal Sehnsucht tanzen oder Verlockung? Oder eine erotische Verführung?«
    »Alles, was du sagst.«
    »Du bist nicht nur leer, du bist auch willenlos. Das geht nicht. Was du willst, ist der entscheidende Punkt.«
    Und wir übten das Wollen. Am Nachmittag wollte ich nur noch schlafen.
    Am Mittwoch wollte ich aufgeben. Am Donnerstag wollte ich Halima erwürgen. Am Freitag sollte Damon zurückkommen. Und ich tanzte Sehnsucht. Dann tanzte ich Verlockung, und anschließend brannte der Boden. Aber eine Göttin hatte ich nicht gerufen … eher einen Dämon.
    »Ich wusste doch, dass du es kannst«, kommentierte Halima es trocken. »Jetzt weißt du, wie es geht, oder?«
    »Findest du?«
    »O ja.« Halima setzte zu einem strahlenden Lächeln an, aber es misslang gründlich, denn mit einem Mal krümmte sie sich vor Schmerzen.
    »Nicht schon wieder!«, stöhnte sie, als ich ihr vorsichtig auf die Polster half.
    »Soll ich einen Arzt rufen?«
    »Nein … geht gleich vorbei …Tee.«
    Ich brachte ihr einen heißen Tee, und als die Krämpfe nachgelassen hatten, begleitete ich sie nach oben in ihre Wohnung.
    »Geh trotzdem zum Arzt, Halima. Es ist besser, meinst du nicht auch?«
    »Ich hab keine Zeit. Nächste Woche findet die Gala statt. Es ist noch wahnsinnig viel zu tun.«
    »Dann lass uns wenigstens meine Stunden verschieben.«
    »Du tanzt jetzt sowieso alleine. Komm einfach her und

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