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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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behüteten Dasein gerissen hat. Im Gegenteil, du hast sogar wiedergutgemacht, was das Schicksal mir zugefügt hat.«
    »Habe ich das, Amanda?«
    Ich nahm die Münze aus ihrem Beutelchen an meinem Hals und legte sie ihr in die Hand.
    »Meine Mutter konnte sie mir nicht geben. Durch dich aber habe ich sie erhalten. Das erste Mal, als du sie dem Kind auf seinen unbekannten Weg mitgegeben hast, das zweite Mal, als ich auf der Suche nach ihr war.«
    »Ich habe dich ausgesetzt, mein Versprechen Josiane gegenüber nicht eingelöst. Ich habe nur an mich gedacht, an meine Karriere, mein Leben.« Sie seufzte tief auf und zitierte:
    »Ich habe Unrechtes anstelle von Rechtem getan. Ich habe die Götter beleidigt, und ich habe getan, was die Götter verabscheuen.
    Ich habe ein Waisenkind um sein Eigentum gebracht. Ich habe Schmerz zugefügt, und ich habe Tränen verursacht. Ich habe getötet, und ich habe Leid verursacht.«
    »Gut, Halima. Du hast es getan. Und das Kind, das du mit der Abtreibung getötet hast, mag weiter dein Gewissen belasten oder auch nicht. Was geschehen ist, ist geschehen. Aber du hast auch die Menschen erfreut und ihnen deine Kunst geschenkt. Du hast mir meine Eltern wiedergegeben und mir meinen Schmerz genommen.Du hast mich dahin geführt, wohin mich auch Josiane hingeführt hätte. Du hast als Mutter nicht versagt.«
    Halima lag ganz still in ihren Kissen, Tränen quollen ihr unter den Lidern hervor. Aber ihr Gesicht war ruhig, und die Linien, die der Schmerz verursacht hatte, waren verschwunden. In ihrer Hand lag die Münze, ihre Finger hatten sich fest darum geschlossen. Auch ich verspürte eine neue Ruhe, die über mich gekommen war, und vor meinem inneren Auge entstand das Bild eines gewundenen Labyrinthpfades, auf dem ich wanderte und nun seltsamerweise die größte und äußerste Windung betrat, die mich weiter als je zuvor von der Mitte, dem Zentrum entfernte. Und trotzdem erfüllte mich dieser Weg mit Freude.
    Halima bewegte sich jetzt, drehte sich auf die Seite und nahm das Taschentuch, das ich ihr reichte. Dann lächelte sie, und ich wusste, sie war von dieser unerklärlichen Krankheit geheilt.
    »Es scheint, als hätte ich es wirklich richtig gemacht, Amanda. Wie hast du es herausgefunden?«
    »Dir hat jemand einen Fluch angehängt, wie man so schön sagt. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie derjenige diese alten Schuldgefühle bei dir entdeckt hat, aber es war sehr spitzfindig gemacht. Ich denke, ich kann es dir jetzt zeigen, was ich gefunden habe. Aber dazu machen wir besser die Fenster auf und das Licht an.«
    Als das geschehen war, zeigte ich Halima die Haarpüppchen und berichtete ihr, wie ich darauf gestoßen war.
    »Sympathiezauber. Ich hatte sie immer vor Augen, habe sie aber nicht bewusst wahrgenommen.« Sie betrachtete eines davon von allen Seiten. »Du hast zwar nicht gesagt, wer es war, aber ich kann es mir denken. O ja, Amanda, Eifersucht und Neid können außerordentlich hellsichtig machen. Genau wie die Liebe auch. Nicole ist zwar eine dumme Hexe, sie ist aber auch ein von Neid und Missgunst zerfressener Charakter. Sie hat jetzt den nächsten persönlichen Misserfolg einstecken müssen, nachdem Nandi sie rausgesetzt hat. Wer weiß, was sie jetzt ausbrütet! Wir sollten alle achtsam sein.«
    »Da kannst du sicher sein. Aber jetzt sollten wir diese grässlichen Püppchen vernichten. Was schlägst du vor?«
    »Verbrennen wir sie. Du hast glühende Räucherkohle, das wird reichen.«
    »Ja, aber das werde ich draußen machen, verbrannte Haare riechen scheußlich.«
    Ich trug die inzwischen ziemlich heiße Schale auf den Balkon, warf ein Haarknäuel nach dem anderen hinein und legte reichlich Salbeiblätter dazu. Es war eine schnelle und gründliche Vernichtung. Anschließend löschte ich die glosenden Reste und spülte alles in der Toilette hinunter.
    »So, das wär’s. Der Spuk dürfte zu Ende sein. Wie fühlst du dich eigentlich jetzt, Halima?«
    »Gut, wie man so sagt, wie neugeboren. Aber ich bin unsäglich müde, ich würde gerne schlafen.«
    »Dann tu das. Übrigens, Henry sitzt unten und wartet mit angeknabberten Fingernägeln darauf, dass ich ihm von dem Ergebnis meiner, wie er meint, medizinischen Übung berichte. Ich glaube, er würde gerne hierbleiben und auf dich aufpassen. Mir wäre das übrigens auch sehr recht, sollte sich noch irgendein Rückfall ereignen.«
    »Wenn er unbedingt will. Mach ihm das Bett im Gästezimmer zurecht. Ich kann jetzt nicht viel weiter

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