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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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langen Jahren meines Lebens gelernt, über die Grenzen des Gegenwärtigen hinauszublicken – nein, nein, hellsichtig bin ich nicht, nur weitsichtig –, und kann erkennen, was in Dir schlummert. Wecke es, Amanda, dann wirst Du auch ohne meine Einmischung das finden, was Dich wirklich befriedigt. Ganz nutzlos ist es dabei sicher nicht, ein wenig Geld zur Hand zu haben, darum nimm mein materielles Erbe als finanzielle Sicherheit an, auch wenn Du – so wie ich Dich einschätze – mit Deinem Gewissen ringen musst, bevor Du es akzeptierst. Einen letzten Rat will ich Dir nun noch geben, von dem ich sicher bin, dass er heute auf taube Ohren stoßen würde. Aber inzwischen ist sicher einige Zeit vergangen, und vielleicht bist Du ihm jetzt offener gegenüber. Liebe Amanda, Dein Sohn Patrick ist ein wundervoller Junge, ich finde vieles von Dir in ihm wieder. Aber er gleicht auch seinem Vater, einem Mann, den ich nicht kenne und über den Du geradezu ohrenbetäubend schweigst. Ich weiß, dass Du von ihm geschieden bist, aber wenn er noch lebt und erreichbar ist, dann solltest Du noch einmal mit ihm zusammenkommen. Ich vermute – nein, in diesem Fall ahne ich es wirklich –, dass er den Schlüssel zu einer ganz wichtigen Tür in Deinem Inneren in den Händen hält. Geliebtes Kind, unendlich viel bliebe mir noch zu sagen, doch was immer Seiten von Sätzen und Worten ausdrücken können, es läuft auf ein und dasselbe hinaus. Ich schenke Dir all mein Vertrauen und meine ganze Liebe. Werde glücklich und erzähle einst Deine, Josianes und meine Geschichte Deiner Tochter, damit sie daraus lernt. Gita
    Erst als Henry leise an meiner Tür klopfte, wachte ich aus meiner Versunkenheit auf. Wie gut hatte Gita mich verstanden! Wie gerne hätte ich jetzt bei ihr gesessen und ihr über die wunderlichen Wege meiner Suche berichtet. Über vieles wäre sie sicher erheitert gewesen. Ich hörte förmlich ihr leises Lachen.
    »Amanda, alles in Ordnung?«
    »Ja, Henry. Alles in Ordnung, wirklich.«
    »Könntest du dann nach unten kommen? Nandi ist noch einmal vorbeigekommen, um etwas mit dir zu besprechen. Ich habezwar versucht, ihn abzuwimmeln, aber er beharrt darauf, dir einen Vorschlag zu machen.«
    »Ich komme sofort.« Bevor ich mich der Familie und ihren Herausforderungen stellte, ging ich noch einmal ins Badezimmer, um mein Aussehen zu richten. Im Spiegel erkannte ich mich beinahe selbst nicht wieder. Meine Gesichtszüge waren völlig gelöst und ruhig, und ich sah jung aus, fast wie das Kind, das ich einmal war, aber viel glücklicher. Mit den Fingerspitzen fuhr ich über meine Wangen und unter den Augen entlang. Wie seltsam ich wirkte, und wie viele Gesichter ich haben konnte! Dieses hier war neu, ich kannte es noch nicht. Aber es war nicht schlecht.
    Nandi hatte in der Tat einen überraschenden Vorschlag zu unterbreiten.
    »Amanda, Valerie und ich haben über eine ganze Menge Dinge gesprochen, die wir gerne regeln möchten. Dazu gehört unter anderem auch die Angelegenheit mit Gitas Haus. Dir gehört ja nun die Hälfte davon, und wir sollten uns darüber so schnell wie möglich klar werden, was wir damit machen. Ich will ganz ehrlich sein, für mich ist es gebundenes Kapital. Und das ist das Letzte, was ich im Moment brauchen kann.«
    »Das kommt ein bisschen plötzlich für mich, Nandi.«
    »Entschuldige. Ich verstehe das schon. Du musst ja nicht sofort eine Entscheidung treffen, aber ich kann dir ja sagen, was ich mir wünsche.«
    »Das kannst du natürlich. Ich nehme an, du willst deinen Anteil verkaufen.«
    »Ja, und zwar wenn möglich an dich. Keine Angst, nicht zum marktüblichen Höchstwert. Wir können uns durchaus einigen, denke ich.«
    »Mh. Was soll ich mit diesem riesengroßen Kasten anfangen …?«
    »Es ist gut in Schuss, Gita hat es auf den neuesten technischen Stand gebracht und renoviert. Du könntest es vermieten. Oder verkaufen. Oder selbst drin wohnen.«
    »Du brauchst das Geld, nicht wahr?«
    »Es wäre schon hilfreich, ja.«
    »Ich weiß noch nicht einmal, wann ich über das Erbe verfügen kann, Nandi. Zumindest so lange wirst du auf meine Entscheidung warten müssen. Auf Verdacht nehme ich keine Hypothek auf, das kannst du nicht von mir verlangen.«
    Nandi zuckte mit den Schultern und wirkte resigniert. Es musste wirklich eng um seine Finanzen bestellt sein.
    »Gut, dagegen kann ich wohl nichts einwenden. Valerie wird nicht glücklich sein.«
    »Du hast bestimmt noch andere Möglichkeiten, sie glücklich zu

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