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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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jetzt, ob es nicht vielleicht irgendwelche früheren Hinweise gegeben hatte, zum Beispiel in Gesprächen mit Gita. Andeutungen, die jetzt einen Sinn ergeben würden, oder etwas Besonderes an den Umständen, die uns zusammengeführt hatten. Aber da war nichts, was auffällig gewesen war. Gita hatte ich auf ganz normale Weise kennengelernt.
    Als ich damals vor jetzt schon zehn Jahren erfuhr, dass meine Mutter an einem unheilbaren Magenkrebs erkrankt war, hatte ich mein Studium nach Patricks Geburt nicht mehr weitergeführt, sondern eine Ausbildung in häuslicher Krankenpflege gemacht, um ihr beizustehen. Sie war nach einem schlimmen Jahr gestorben, und ich hatte noch einmal versucht zu studieren. Aber schon im nächsten Semester stellte sich heraus, dass auch mein Vater schwerwiegende gesundheitliche Probleme hatte. Ich verschob also die Abschlussprüfung und die Diplomarbeit, blieb zu Hause, intensivierte meine Pflegeausbildung und kümmerte mich um ihn, bis die Krankheit nach weiteren zwei Jahren auch ihn besiegt hatte. Danach waren alle Kraft und Energie aus mir verschwunden. Inzwischen war ich auch von Damon geschieden und musste eine Beschäftigung finden, die es mir erlaubte, meine Zeit weitgehend selbst einzuteilen, damit ich mich um Patrick kümmern konnte. Ein privater Pflegedienst nahm erfreut mein Angebot an und vermittelte mir einige leichtere Fälle. Auf diese Weise warich auch mit Gita zusammengekommen. Anfangs benötigte sie eigentlich mehr eine Gesellschafterin, die ihr bei Gängen außer Haus half und auch ansonsten kleine Hilfestellungen leistete. Dass ich auch bei ihr geblieben war, als sie hinfälliger wurde, lag daran, dass ich sie bewunderte und eine tiefe Zuneigung zu ihr gefasst hatte. So etwas war natürlich noch lange kein Indiz für eine Verwandtschaft. Die Stimme des Blutes hatte ich immer für eine Erfindung romantischer Schriftsteller gehalten. Außerdem hatte ich von Josiane wirklich erst in Gitas Todesstunde erfahren. In den Monaten zuvor hatten wir uns zwar oft und intensiv unterhalten, aber immer nur über aktuelle Themen oder über die Theaterstücke, die Gita so liebte. Nur einmal hatte sie mir eine verwirrende Geschichte erzählt, ein Märchen oder eine Sage von den Irrungen und Wirrungen zweier Götter, die nicht zueinander fanden oder doch einander fanden. Ich bekam die Handlung nicht mehr zusammen, und wahrscheinlich musste man dem auch keine besondere Bedeutung zumessen.
    Nachdem meine Überlegungen mich nicht besonders weitergeführt hatten, beschloss ich, in den Keller zu gehen und mich endlich den beiden Kisten mit den persönlichen Andenken meiner Eltern zu widmen.
    »Was suchst du denn da? Noch mehr Gerümpel ausmisten? Weißt du, der Raum ist jetzt richtig schön groß geworden, wir könnten eigentlich eine Tischtennisplatte hineinstellen.«
    Patrick, begleitet von der unvermeidlichen Titi, stand in der Kellertür und schaute mir zu, wie ich eine Kiste aus dem Regal hob.
    »Bei dem Stil, den du spielst, wird der Platz nicht ausreichen, da müssten wir noch eine Wand herausbrechen.«
    »Warum machen wir das nicht?«
    »Weil dann das Haus zusammenbricht. Es ist eine tragende Wand.«
    »Mist. Aber na ja, war einen Versuch wert. Suchst du was Bestimmtes?«
    »Eher etwas Unbestimmtes.«
    »Kann ich dir helfen? Ich finde diese alten Sachen irgendwie witzig. Weißt du noch, wie wir deine alten Spielsachen ausgemistet haben?«
    »Ich erinnere mich mit Schrecken.«
    »Was ist da drin?«
    »Du bist mal wieder ein bisschen nagend, nicht?«
    »Bin ich das nicht immer?«
    Patrick hatte schon das Klebeband von einer Kiste abgerissen und machte sich daran, ihren Inhalt zu erkunden. Wenn ich ihn also jetzt nicht mit Gewalt aus dem Keller treiben wollte, musste ich ihn in meine Gedanken einweihen. Vielleicht war das auch nicht ganz verkehrt, denn er hatte ja bereits vieles mitbekommen. Ich setzte mich also auf den Boden und zog ihn zu mir.
    »Patrick, du musst mir versprechen, mit niemandem über das zu reden, was ich dir jetzt erzähle.«
    »Natürlich nicht, Baba. Ganz bestimmt nicht. Ich kann Geheimnisse bewahren.«
    »Gut, also …«
    Ich schilderte ihm meinen vagen Verdacht, diese völlig aberwitzige Möglichkeit, die mir nicht aus dem Kopf wollte. Er nahm es gelassen auf.
    »Du bist also Gitas Enkelin. Das habe ich mir schon gedacht. Schließlich wurdest du ja adoptiert.«
    »Weißt du eigentlich, wie viele Kinder adoptiert werden?«
    »Nein, du?«
    »Auch nicht, aber sehr viele.

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