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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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habe mich von Nandi und Ulli von der Vergeblichkeit dieser Versuche überzeugen lassen.«
    »Was, von Nandi? Aber der will doch, dass sie gefunden wird. Du hast doch schon eine Spur gehabt. Ich meine, du könntest Halima doch noch nach weiteren Hinweisen fragen. Oder hast du Angst davor?«
    Die Frage war wie ein kleiner Schock. Nicole war der Wahrheit ziemlich nahegekommen. Ja, ich hatte die Suche aufgegeben, weil ich zu feige war, mich den Auseinandersetzungen zu stellen, die ich heraufbeschworen hatte. Keine schöne Erkenntnis.
    »Nein, Angst habe ich nicht vor ihr. Aber da sie selbst auch nichts mehr dazu sagt, will ich mich nicht in ihr Privatleben einmischen«, war meine dünne Ausrede. Dass Nandi mein Nichtstun mit dem Gegenwert einer Heizungsanlage erkauft hatte, konnte ich Nicole nicht so ohne weiteres erzählen. Bei dem Thema Geld hörte ihre Freundschaft auf.
    »Eigentlich schade. Ich fand die Sache spannend. Aber so wird Nandi natürlich das ganze Erbe bekommen. Dann wird die ganze Geschichte mit Valerie auch einfacher. Sie will sich jetzt nämlich scheiden lassen, aber sie stellt natürlich Forderungen. Und frag nicht, was für welche!«
    »Na, dann frage ich lieber nicht.«
    Als Nicole gegangen war, setzte ich mich in mein neu erobertes Arbeitszimmer und schämte mich. Ich schämte mich, weil ich mich selbst verraten hatte. Ich hatte Gita gerngehabt, und sie hatte mir vertraut. Sie hatte mir ihren Wunsch zum Auftrag gemacht. Sie hatte mich gebeten, das zu tun, was ihr nicht mehr möglich war. Aber ich hatte mich von Ullis Bedenken und Nandis persönlichen Interessen zurückhalten lassen und die einzige vielversprechende Spur, die mir so zufällig in den Schoß gefallen war, brachliegen lassen. Ja, und ich hatte auch etwas Angst vor Halima, vor ihren seltsamen Augen und ihrer irritierenden Art, tiefer in mich hineinsehen zu können, als mir angenehm war.
    Einige Minuten brütete ich so vor mich hin und legte mir über mein Nichthandeln Rechenschaft ab. Plötzlich klangen ganz leise in mir Gitas Worte nach, als ich so dasaß.
    »Ich habe kein Unrecht gegen die Menschen begangen, und ich habe keine Tiere misshandelt.
    Ich habe nichts Unrechtes anstelle von Rechtem getan. Ich habe keinen Gott beleidigt, und ich habe nichts getan, was die Götter verabscheuen.
    Ich habe kein Waisenkind um sein Eigentum gebracht. Ich habe nicht Schmerz zugefügt, und ich habe niemanden hungern lassen.
    Ich habe keine Tränen verursacht.
    Ich habe nicht getötet, und ich habe nicht zu töten befohlen. Niemandem habe ich ein Leid angetan.«
    Ich hatte auch nichts getan. Aber auf eine viel erschreckendere Weise hatte ich vermutlich Unrechtes damit angerichtet, die Götter beleidigt und vor allem ein Waisenkind um sein Erbe gebracht. Gerade das Letzte sollte mir doch nun besonders nahegehen, denn auch ich war ein Waisenkind, das seine Eltern nicht kannte. Niemand wusste, wer ich war, als meine Adoptiveltern mich im Alter von knapp drei Jahren aufgenommen hatten.
    Niemand, auch ich wusste nicht, wer ich war. Seit ich von Halima gehört hatte, dass eine Tochter von Josiane existierte, hatte ich alle meine Kraft darauf konzentriert, diese irrwitzige Hoffnung, diesen verrückten Wunschtraum zu unterdrücken, der bei ihren Worten entstanden war. Das war der eigentliche Grund, warum ich die privaten Andenkenkisten meiner Eltern nicht aufzumachen wagte. Darum hatte ich Angst, weitere Fragen zu stellen. Darum war ich feige geworden und hatte mich bestechen lassen.
    Weil ich Angst hatte, wieder keine Antwort zu finden.
    Weil ich ahnte, dass das Ergebnis mir diesmal zu naheging.
    Könnte ich selbst die gesuchte Enkelin sein?
    War das nicht die einmalige Chance, die quälende Frage beantwortet zu bekommen?
    Wenn nicht? Gut, dann quälte sie weiter. Aber ich hatte es wenigstens versucht und kein Waisenkind um sein Erbe gebracht.
    Plötzlich war der Mut da, den ich brauchte, um die richtige Frage zu stellen.
KAPITEL 21

    Die Pflegerin
    Halima war noch nicht aus ihrem Urlaub zurück, so dass ich mich bei ihr nicht gleich weiter nach Josiane erkundigen konnte. Aber ich nahm mir vor, sie bei der nächsten Gelegenheit darauf anzusprechen. In der Zwischenzeit holte ich mir noch einmal die Mappe, die mir Gita übergeben hatte, aus der Schublade hervor, in die ich sie weggeräumt hatte. Ich betrachtete die Unterlagen und die Fotos der alten Münze, aber ich fand keine weiteren Informationen darin als die, die ich schon kannte. Darum überlegte ich

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