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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Galla ab. »Ich bin doch selbst vor ihnen ausgerissen.«
    »So?«
    »Ja, weißt du, ich bin nämlich viel zu klein geraten als Dämon, und darum haben sie immer auf mir herumgehackt. Ich bin einfach hinter dir hergeschlichen und habe gewartet, bis die alte Tiamat dich wieder ausspuckt. Das macht sie nämlich meistens mit solchen unverdaulichen Götterspeisen wie dir. Wenn du willst, bin ich ab jetzt dein Führer. Ich kenn mich ganz gut aus in diesen Abgründen.«
    »Würdest du denn auch den Weg nach oben finden?«
    Hoffnungsvoll sah die Göttin den Dämonen an, der ihr bis knapp über die Hüfte reichte und ausnehmend hässlich war.
    »Kann sein. Kann nicht sein. Da war ich noch nicht. Ist es schön da?«
    »In der Welt der Sterblichen? Kann sein. Kann nicht sein. In der Welt hinter den Welten aber ist es schön.« Ganz verträumt und sehnsuchtsvoll schaute die Göttin in die grauen Nebel. »Dort wartet mein Geliebter auf mich, zu ihm möchte ich zurückkehren.«
    Der Dämon war ganz undämonisch gerührt, zog kräftig die Nase hoch und schniefte.
    »Wenn du mich mitnimmst, werden wir den Weg schon finden. Zuerst müssen wir jedenfalls durch das Nebelheim, denn der Weg zurück ist uns versperrt. Jetzt steh endlich auf! Schau, ich habe sogar ein paar Fetzen zum Anziehen für dich mitgebracht.«
    Gemeinsam wanderten sie in der trüben Dunkelheit auf einem Weg, der Galla vertraut zu sein schien. Sie mussten einen Fluss überqueren und über ein Gatter klettern, Galla verscheuchte mit harschen Worten einen wolfsähnlichen Hund, und schließlich kamen sie zu einem Gebäude, in dem auf harten Bänken ausgemergelte Gestalten dünne Suppe aus verbeulten Blechnäpfen löffelten.
    »Wie ungemütlich das hier ist«, seufzte die Göttin.
    »Bei Ereschkigal war’s noch ungemütlicher, erinnerst du dich?«
    »Schon gut. Wer ist unsere großzügige Gastgeberin?«
    »Ich bin es«, antwortete es von rechts, und eine in nebelgraue Gewänder gehüllte Frau trat zu den beiden Besuchern. Sie hatte ein seltsames Gesicht, die eine Hälfte war weiß und zarthäutig wie ein menschliches Antlitz, die andere dunkel und rau behaart. »Was will ein Dämon mit einer Göttin in Hels Heim?«
    »Wir suchen den Weg in die oberen Welten«, antwortete die Göttin und musste dann erklären, warum sie überhaupt hier eingetroffen waren.
    »Deinen Geliebten suchst du? Nun, da kann ich dir nicht helfen. Ich führe hier ein anständiges Hotel! Ohne die Rechnung zu bezahlen, kommt ihr beide hier nicht weg.«
    Der knurrende Hund tauchte an ihrer Seite auf und verweigerte der Göttin und ihrem Begleiter den Rückzug.
    »Ich habe aber nichts, womit ich dich bezahlen könnte, Frau Hel.«
    »Dann arbeitest du eben für deinen Lohn.«
    »Ist recht. Auch wenn das hier ein ziemlich trostloser Job ist, wie’s aussieht.«
    »Tja, ich bin ja auch die Mutter der Trostlosigkeit, und das hier sind meine Kinder.«
    Für viele Äonen blieben also die Göttin und ihr kleiner dämonischer Begleiter in diesem traurigen Etablissement, und nach und nach gewöhnte sich die Göttin an solch stumpfsinnige Arbeiten wie vertrocknete Käserinden aufzutischen und angestoßene Gläser zu spülen. Manchmal fand sie sogar eine Art trockener Befriedigung darin.
    Aber dann geschah eines Tages ein seltsamer Zufall.
    Von weit, weit her ertönte ein lockender Ruf, und die Göttin spitzte begierig die Ohren. Der kleine Dämon lauschte ebenfalls und begann, mit den Fingern zu schnipsen.
KAPITEL 20

    Neubeginn der Suche
    »Hallo, Amanda! Ein schönes neues Jahr!«
    Nicole war am Telefon, und ich wünschte ihr ebenfalls schöne Feiertage. In den letzten Wochen hatte ich sie nur selten gesehen, da wir jetzt auch unterschiedliche Tanzkurse besuchten. Nicole hatte eine andere Lehrerin gefunden, die entweder weniger kritisch oder erheblich diplomatischer war als Halima.
    »Bist du arg im Festtagsrausch, oder wollen wir uns in den nächsten Tagen mal zu einem Spaziergang treffen? Es ist so ein herrliches Wetter«, schlug ich vor und blinzelte in die frostig klare Luft. Geschneit hatte es nicht, aber Reif glitzerte auf den Dächern und den kahlen Zweigen.
    »Würde ich schon gerne, aber ich bin hier in München, bei meinen Eltern.«
    »Oh, ich dachte, du wolltest mit Nandi so ein ganz beschauliches Silvester verbringen?«
    »Das kannst du vergessen!«
    Hoppla, das war aber ein neuer giftiger Ton in die Beziehung gekommen.
    »Wann kommst du denn wieder zurück? Oder ist das gerade die falsche Frage

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