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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ärgerlich, aber weil eine Annäherung der Standpunkte unmöglich und die Sache an sich banal war, ließ ich sie auf sich beruhen. Im Lichte der späteren Entwicklung hätte ich das besser nicht getan. Stattdessen schwankte ich zwischen Ärger undMitleid, und diese Gefühlsmischung war natürlich kein Erfolgsrezept für ein Zusammenleben mit Ulli. Es gab immer häufiger Momente, in denen ich mich fragte, ob ich den Zustand nicht beenden sollte, und beinahe hätte dann ein heftiger Ausbruch das Ende unserer Beziehung abrupt herbeigeführt.
    Nicole war am Mittwochabend vorbeigekommen und hatte ihre ganze Ausstattung dabei. Halimas Warnung schien mir nicht so wichtig zu sein, ich freute mich, dass sie mich besuchte.
    »Hallo, hallo. Amanda, du hast doch deinen Keller jetzt ausgeräumt. Wollen wir nicht mal zusammen unten tanzen? Ich habe auch Musik mitgebracht.«
    Sie schwenkte zwei CDs und sprühte vor Unternehmungslust. Ich hatte ihr natürlich davon erzählt, dass ich inzwischen Platz und große Spiegelflächen hatte, und ihr angeboten, dort zu üben, wenn sie Lust hatte. Nicole kam zwar ein bisschen ungelegen, denn gerade war Ulli wieder so weit besänftigt, dass ich ihm von den vergangenen Verwicklungen erzählen wollte, aber dann überwog die Eitelkeit bei mir. Den Nachmittag hatte ich mit Näharbeiten an meinem neuen Kleid verbracht und es soweit geändert, dass es jetzt perfekt saß, wenn ich mich vor den Spiegel stellte. Aber man blieb ja nicht ruhig stehen in derartigen Kostümen, auch unter Belastung mussten BH und Gürtel halten und durfte der Rock nicht rutschen. Ich nahm also den CD-Player, und wir beide verschwanden im Keller, um uns umzuziehen.
    »Wir brauchen noch etwas für die Atmosphäre!«, sagte Nicole und stellte ein irdenes Schälchen auf. »Ich habe Räucherkegel mitgebracht.«
    Ein blaues Rauchfädchen kringelte sich aus der Schale und füllte den Raum mit Rosenduft. Es war nicht unangenehm, und als ich die helle Beleuchtung ausmachte und den Deckenfluter gedimmt einschaltete, verlor mein Kellerraum wirklich etwas von seiner Nüchternheit.
    »Ich habe noch einen alten Perserteppich. Den werde ich demnächst hier auslegen«, überlegte ich laut und schaltete den Player an. Dann drehte ich mich zu Nicole um, die mit geschlossenen Augen ein paar verblüffende Bewegungen machte.
    »Was ist das denn für eine Stilrichtung? Turkish Trance?«, fragte ich, aber sie hauchte nur: »Pssst!« und wogte weiter mit den Armen in der Luft umher. Dann öffnete sie die Augen und erklärte mir: »Ich rufe die Göttin an. Das tue ich jetzt immer vor dem Tanzen.«
    »Aha.« Nicole hatte also eine Verbindung zwischen Hexenkunst und Tanz gefunden. Aber da es ihr offensichtlich half, ihre Bewegungen zu koordinieren, war das zumindest eine harmlose und nützliche Einbildung. Sie tanzte gar nicht schlecht, während ich verschiedene Einzelbewegungen ausprobierte und dabei im Spiegel den Sitz meines Kostüms beobachtete. Ich hatte inzwischen gelernt, die aufsteigende Verzückung durch gezielte Konzentration unter Kontrolle zu halten, und fühlte mich einigermaßen sicher, wenn ich meinen Geist während des Tanzens auf ein bestimmtes Thema gerichtet hielt – entweder auf eine komplizierte Schrittfolge, die korrekte Ausführung einer schwierigen Körperhaltung oder eben auf das Kleid und seine Wirkung.
    »Könnt ihr dieses verdammte Geheul endlich leiser stellen!« Ulli erschien genervt in der Kellertür und blieb wie vor den Kopf geschlagen stehen. »Was hast du denn da an? Bist du jetzt vollends verrückt geworden? Und macht diesen widerlichen Qualm aus!«
    Eine Stichflamme heißer Wut schoss in mir hoch. Die mühsam zusammengekittete Harmonie zerbrach in Stücke, und ich sagte mit einer Ruhe, die mich selbst verblüffte: »Wenn dir nicht passt, was ich in meinem Haus anziehe, was ich in meinem Haus tue und welche Musik ich in meinem Haus höre, dann steht es dir jederzeit frei, deine Sachen zu packen und dir eine andere Unterkunft zu suchen.«
    »So ist das also jetzt! Na gut!«
    Mit einem Knall flog die Tür hinter ihm zu, und eine Wolke süßen Rauches wirbelte durch den Raum.
    »Uh, was ist denn zwischen euch beiden passiert?« Nicole sah mich verstört an. »Ihr versteht euch normalerweise sonst so gut. Ulli ist doch so ein Lieber.«
    »Ist er wohl nicht. Aber lass dich davon nicht stören.«
    Nicole hatte indes schon angefangen, sich umzuziehen, und machte sich zum Aufbruch bereit.
    »Wenn du noch ein bisschen

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