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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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nicht auf dumme Gedanken komme. Sie haben mich ja auch Baptistagetauft, um meine Vergangenheit abzuwaschen.« Ich hielt kurz ein, weil mir etwas Wichtiges einfiel. »Halima, wie hat Josiane das Kind eigentlich genannt?«
    »Nicht einmal das kann ich dir sagen.«
    »Ja, aber auf den Papieren stand doch ihr Name, oder?«
    »Glaubst du denn, ich hätte damals Zeit gehabt, irgendetwas zu lesen?«
    »Mist. Und das kleine Mädchen hat auch nicht von sich selbst gesprochen?«
    »Sie hat den Mund kein einziges Mal aufgemacht.«
    »So kommen wir nicht weiter.«
    Wir beide sahen uns an, ich vermutlich mit einem maßlos frustrierten Gesichtsausdruck, Halima ruhig und nachdenklich. Dann erhob sie sich von ihrem niedrigen Polsterkissen, und ich bewunderte ihre gleitende Anmut, mit der sie das tat. Ungelenke, dicke Deutsche – so ganz von der Hand zu weisen war diese Bemerkung auch nicht, dachte ich, als ich mich ebenfalls aufrappelte.
    »Ich habe auch in alten Kisten und Kästen gewühlt, Amanda.«
    Ich folgte ihr in ein Schlafzimmer, das erstaunlich schlicht wirkte, wie es mir an der gesamten Einrichtung schon aufgefallen war. Keine Spur von überladenem orientalischen Luxus oder verschwenderischen Dekorationen. Halima liebte einen gradlinigen, aber dennoch ausnehmend eleganten Stil, der Wärme, aber auch eine gewisse Zurückhaltung ausstrahlte. Auf dem altrosa Teppichboden lagen verstreut chinesische Seidenteppiche, pastellfarben und nur wenig gemustert. Die Möbel waren leicht, mit viel Glas, die Lampen verbreiteten aus ihren weißen Opalglas-Schalen sanftes, helles Licht, ohne dass es grell erschien.
    »Ich habe den Schmuck herausgesucht, den ich damals mitgenommen habe, dann habe ich noch ein paar Abendkleider von damals aufgehoben und ein wenig Kleinkram, der für mich nostalgischen Wert hat. Wer weiß, Amanda, vielleicht weckt irgendetwas davon ja eine ferne Erinnerung bei dir.«
    »Glaubst du wirklich?«
    »Man kann nie wissen.«
    Halima öffnete einen Schrank und holte zwei Abendkleiderheraus. Sie mochten ja schon weit über dreißig Jahre alt sein, aber jedes von ihnen hätte ich sofort zu einem festlichen Anlass angezogen.
    »Givenchy. Zeitlos, nicht wahr?«
    »Traumhaft.«
    Ich fuhr mit der Hand über die fließenden Stoffe.
    »Meine Eintrittskarten in mein neues Leben damals. Ich schmuggelte mich in Nachtclubs ein, um durchs Zuschauen von den Tänzerinnen zu lernen, um Männer kennenzulernen, um Namen kennenzulernen und Beziehungen zu knüpfen.«
    Sie öffnete ein Schmuckkästchen und zeigte mir eine Brosche, die wie eine Pfauenfeder gestaltet war, das Auge darin ein blaugrüner Saphir. Eine dreireihige rosige Perlenkette mit Diamantverschluss, lange, perlenbesetzte Ohrringe, einen Saphirring und einen Diamant-Solitär breitete sie ebenfalls auf einem Tischchen aus.
    »Ich verstehe nicht viel von wertvollem Schmuck, aber mir scheint, das sind keine Kleinigkeiten?«
    »Nein, das sind sie nicht. Josiane hatte reiche Gönner, zumindest eine Zeitlang. Ich habe allerdings zwei Colliers verkauft, um meine Miete und meinen Unterricht zu bezahlen. Die Sachen werde ich dir selbstverständlich ersetzen.«
    »Wem? Mir gegenüber brauchst du das nicht. Es ist überhaupt nichts bewiesen. Und all diese Sachen wecken auch keine Erinnerung bei mir.«
    »Hier sind noch ein paar Sentimentalitäten, Amanda. Das ist die Handtasche, die ich damals mitgenommen habe, ein goldenes Puderdöschen und zwei Parfümflakons.«
    Mehr als die Kleider und der Schmuck berührten mich diese Kleinigkeiten. Wenn sie wirklich meiner leiblichen Mutter gehört hatten, dann waren das hier ganz intime Dinge. Ich konnte gar nicht anders, ich griff zu dem zierlichen Flakon von L’Air du Temps und zog vorsichtig den Stopfen heraus. Natürlich war keine Flüssigkeit mehr in dem Fläschchen, doch als ich daran schnupperte, traf mich noch ein ganz leichter Hauch eines Duftes. Süß und warm, ein wenig pudrig wehte er mich an. Er weckte Wehmut,und entschlossen machte ich das Parfümfläschchen wieder zu. Aber auch dem anderen konnte ich nicht widerstehen. Der Schriftzug auf dem schwarzen Gefäß mit den goldenen Blumen darauf besagte, dass es Zen enthalten habe, ein Parfüm von Shiseido, das mir nicht bekannt war. Wieder traf mich ein warmer, süßer Duft, und diesmal erkannte ich ihn.
    »Sandelholz!«, entfuhr es mir, und ich stellte den Flakon weit weg von mir.
    »Sandelholz, ja das dürfte bei beiden Parfüms die Basisnote sein. Hast du etwas gegen

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