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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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wurde.
    Und er steckte sich auch noch immer den breiten Silberreif in Form einer Schlange an den Finger. Er hatte sich nicht sehr verändert. Vermutlich mußte er stark auf die Fünfzig zugehen, doch da er Sonnenlicht nicht vertrug, hatte er sich gut gehalten. Die blasse Haut zeigte nirgendwo eine Spur von Farbe, auch nicht das lange, dichte Haar, das ihm gelöst auf die nackten Schultern fiel, doch das machte nichts, denn sein ganzes Wesen lag in den funkelnden roten Augen, die alles Licht im Raum einzufangen schienen. Wegen seiner eigentümlichen Krankheit ging er immer eingewickelt wie ein Leichnam und zeigte sich unverhüllt nur in Gegenwart von Freunden und bewährten Dienern. Dennoch war er auf seine exotische Weise von bezwingender Schönheit, und bis zu diesem Augenblick hatte ich vergessen, wie stark sie wirkte. Ich näherte mich und verneigte mich vor ihm. „Kaha“, sagte er. „Wir haben uns lange nicht gesehen. Warum bringt mir eine gemeinsame Bedrohung die alten Freunde wieder zusammen? Komm. Nimm Platz. Du bist nicht mehr mein vorlauter, junger Unterschreiber, nicht wahr?“ Er schnipste mit den Fingern. Sofort ging Harshira nach draußen und überwachte das Auftragen der Speisen. Ein Diener näherte sich mir mit einer Weinflasche und einem Becher, den ich nahm und ihm hinhielt, während er mir einschenkte, doch zuvor begrüßte ich die illustre Gesellschaft mit einer tiefen Verbeugung und ausgestreckten Armen. Dann sank ich auf die Polster, auf die der Gebieter gezeigt hatte. Er setzte sich auch wieder. „Schön“, sagte er. „Wir werden erst über dringende Geschäfte reden, wenn wir gespeist und harmlosere Neuigkeiten ausgetauscht haben. Wir sind zwar sehr kurzfristig zusammengerufen worden, doch das soll nicht heißen, daß auch unsere Unterhaltung kurz sein muß. Trink deinen Wein, Kaha.“
    Sein Harfenspieler saß in der Ecke, die sich, abseits vom flackernden Lichtschein der Lampen, langsam mit weichen Schatten zu füllen begann. Er fing an zu spielen, und die Gäste unterhielten sich. Das Gespräch wurde lauter und flaute wieder ab. Unauffällig bewegten sich Diener mit Tabletts voller dampfender Speisen hin und her, und der Wein in unseren Bechern wurde mehrfach nachgeschenkt. Dennoch war unter dem Gelächter und Geplauder unterschwellig Angst zu spüren. Ich verdrängte sie, denn ich genoß es, hier zu sein. Mein Mund erinnerte sich noch an die Köstlichkeiten von Huis Koch. Mein Blut berauschte sich an Huis Wein. Rings um mich wisperte das Haus von meiner Vergangenheit, und ich mußte nur die Hände ausstrecken, die Augen schließen, meine Gedanken einen Augenblick ziellos schweifen lassen, und schon war Mens Haus nur ein Traum von der Zukunft, und über mir in dem eleganten Zimmer kniete ein junges Mädchen vor dem Fenster und wartete neugierig darauf, die Gäste beim Aufbruch zu sehen.
    Doch allmählich wurde es Nacht, der Hunger war gestillt, und die Diener stellten frisch geöffnete Weinkrüge neben Hui und zogen sich zurück. Der Harfenspieler hob sein Instrument hoch, dankte mit einer Verbeugung für unseren lahmen Beifall, und dann schloß sich leise die Tür hinter ihm. Vor ihr bezog Harshira mit verschränkten Armen Posten. „Nun“, sagte Hui, „du hast uns mit unheiliger Hast zusammengerufen, Kaha. Was ist der Grund dafür?“ Ich warf ihm einen Blick zu, denn ich merkte, daß sich alle Augen jäh auf mich richteten, doch in seinen roten Augen las ich, daß zumindest er keine Antwort auf seine Frage brauchte.
    „Ich glaube, du, Gebieter, und der General, ihr wißt bereits, warum wir hier sind“, sagte ich. „Vor siebzehn Jahren haben wir viele solche Abende zusammen verbracht. Zwar war nicht ich derjenige, der die Hoffnung schürte, die uns zusammenführte, aber ich habe mich willig am Plan zu ihrer Ausführung beteiligt, und als der fehlschlug, da wußte ich, daß ich wehrloser war, was Aufdeckung und Bestrafung anging, als die anderen hier. Ich bin nicht von Adel, ich habe keinen Einfluß in hohen Kreisen, abgesehen von eurer Gunst. Entdeckung hätte für mich den Tod bedeutet, für euch jedoch nicht unbedingt. Mein Risiko war größer, daher verließ ich dieses Haus und rückte von allem ab, was geschehen war. Dennoch habe ich euch die Treue gehalten. Und das tue ich auch heute noch. Ich bin hier, weil uns eine neue Bedrohung bevorsteht. Keiner von euch hat sich Gedanken darum gemacht, was aus Thus Sohn mit dem Pharao geworden ist, als man sie in die Verbannung

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