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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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meinen Schwur leisten sollen, aber die Briganten griffen die Grenze an, und man teilte uns unvereidigt den Truppen zu«, antwortete Gawen. »Offenbar hatte ich in der anderen Welt sechs Monde Zeit zum Nachdenken, obwohl es mir so kurz vorkam. Jetzt bin ich bereit ... « Sein Blick richtete sich auf den Gipfel des Tor und dann auf die regennassen Gebäude der Gemeinschaft. »Ich bin bereit, mein Schicksal auf mich zu nehmen.«
    Caillean blinzelte. Sie hatte ihn flüchtig im goldenen Glanz eines Königs gesehen. »Dein Schicksal hat dich möglicherweise zu Größerem ausersehen, als du vermutest!« Die Worte kamen ihr ungewollt über die Lippen.
    Dann war der Augenblick der Begrüßung vorüber. Caillean hob den Kopf, um zu sehen, wie er ihre Worte aufnahm. Aber er schien sie nicht mehr wahrzunehmen. Seine Augen strahlten. Alle Verwirrung und Benommenheit fiel von ihm ab. Caillean mußte sich nicht umdrehen, um zu wissen, daß Sianna hinter ihr stand.

    Der neue Mond verschwand im Westen. Durch die offene Tür der niedrigen Hütte mitten im Wald, in die man ihn gebracht hatte, beobachtete Gawen, wie die hauchdünne Sichel hinter dem Hügel versank. In wenigen Augenblicken würde kein Licht mehr die Nacht erhellen. Es war die Nacht vor Beltane. Er befand sich seit Sonnenuntergang in der Hütte. Der neue Mond hatte an diesem Tag bereits früh hoch am Himmel gestanden. Er solle meditieren und sich auf die Prüfungen vorbereiten, hatte man ihm gesagt.
    Gawen mußte jedoch erleben, daß es nicht so einfach war, die Gedanken so weit zu beruhigen, daß er in eine höhere Ebene vordringen konnte. Das Warten erhöhte die inneren Spannungen und erinnerte ihn an die zermürbenden Stunden, als Arius und er auf den Beginn der Schlacht zwischen Römern und Kelten gewartet hatten. Damals hielten sie sich an ihre Befehle. In dieser Nacht hielt ihn sein eigener Wille fest.
    Es wäre nicht schwer, in der Dunkelheit davonzulaufen. Aber man würde ihn auch nicht von der Insel verjagen, wenn er es sich anders überlegen sollte. Die Druiden hatten sogar darauf bestanden, daß er sich der Einweihung aus freien Stücken unterzog. Doch wenn er es sich jetzt noch anders überlegen sollte, würde er immer die große Enttäuschung in Cailleans Augen ertragen müssen. Und Sianna - er hätte bereitwillig sehr viel mehr auf sich genommen als alles, was die Druiden von ihm als Prüfung verlangten, um ihre Liebe zu gewinnen.
    Er blickte noch einmal durch die Türöffnung nach draußen. Der Mond war nicht mehr zu sehen. Ein Blick zu den Sternen verriet ihm, daß Mitternacht nicht mehr fern war.
    Sie werden bald kommen, und ich werde ihnen folgen. Warum eigentlich?
    War es nur sein Verlangen nach Sianna, das ihn zum Bleiben bewog, oder forderte etwas in seiner Seele, den eingeschlagenen Weg nicht mehr zu verlassen?
    Er hatte versucht, sich seinem Schicksal zu entziehen, und war zu den Römern geflohen. Dort hatte er festgestellt, daß er seinem geteilten Wesen nicht entrinnen konnte. Nun erschien ihm die Entscheidung, sich rückhaltlos dem Dienst an der Sache Avalons zu verschreiben, als das einzig Richtige. Nur so konnte er hoffen, die ersehnte Einheit seines geteilten Wesens wiederzuerlangen.
    Draußen hörte er Schritte. Er blickte auf und sah, daß die Sterne auf ihrer Bahn weitergezogen waren. Die Druiden, die in ihren weißen Gewänder im Sternenlicht geisterhaft aussahen, kamen, um ihn abzuholen.
    »Gawen, Sohn der Eilan, ich rufe dich in der Stunde, in der die Nacht ihren Wendepunkt erreicht hat. Ist es noch immer dein Wunsch, in die heiligen Mysterien eingeweiht zu werden?« Der Stimme nach war es Brannos, der ihm die rituelle Frage stellte. Gawen freute sich, daß der alte Barde sein Führer durch diese Nacht sein würde.
    »Ja, das möchte ich ... «, antwortete er mit belegter Stimme.
    »Dann tritt heraus, damit die Prüfung beginnen kann.«
    Sie führten ihn durch die tiefschwarze Nacht zum heiligen Brunnen. Dort stellte Gawen fest, daß sich das Geräusch des Wassers verändert hatte. Er blickte in den Brunnenschacht und sah, daß man das Wasser der Quelle umgeleitet hatte.
    »Damit du wiedergeboren werden kannst, mußt du zuerst gereinigt werden«, hörte er Brannos sagen. »Steig also in den Brunnen hinab.«
    Fröstelnd streifte Gawen das Gewand ab und stieg die kalten Stufen hinunter. Tuarim, der im Vorjahr eingeweiht worden war, folgte ihm. Als sie die Nische erreicht hatten, kniete sein Begleiter vor ihm nieder und legte ihm

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