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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Eisenketten um die Fußknöchel. Gawen hatte zwar gewußt, daß er gefesselt werden würde, und man hatte ihm gesagt, er dürfe die Ketten lösen, falls ihn der Mut verließ, aber trotzdem überfiel ihn eine unerwartete Angst, als er das schwere Gewicht des kalten Eisens spürte. Und er verstand jetzt, warum die Druiden bei der ersten Weihe das Element Metall nicht in die Prüfungen mit einbezogen.
    Gawen schwieg, als Tuarim ihn verließ. Es dauerte nicht lange, bis er das Rauschen des Wassers hörte, das wieder in den Brunnen geleitet wurde.
    Das Wasser stieg schnell. Es war eiskalt, und er mußte seine ganze Willenskraft aufbieten, um die Kälte zu ertragen. Doch er sagte sich, daß alle Priester die gleiche Prüfung auf sich genommen hatten. Warum sollte gerade er aufgeben? Gawen versuchte, sich abzulenken, und erinnerte sich an das Gefäß mit dem heiligen Blut, von dem Vater Joseph erzählt hatte. Stand es noch immer hier in der Nische oder hatte es Caillean inzwischen an einen anderen Ort gebracht? Er sah sich suchend um, aber in der völligen Dunkelheit, die ihn umgab, konnte er nichts erkennen. Währenddessen stieg das Wasser unaufhaltsam.
    Als es den Oberkörper erreichte, spürte Gawen weder seine Füße noch die Beine. Würden seine Muskeln ihn noch tragen, wenn er fliehen wollte? War diese Prüfung nur eine List, um ihn mit seiner Zustimmung zu töten?
    Erinnere dich!
    In seiner Not fielen ihm die Worte seiner Lehrer wieder ein.
    Erinnere dich an das, was du bei uns gelernt hast!
    Es war Brannos’ Stimme, die er in seinem Innern hörte.
    Beschwöre die Kraft des inneren Feuers!
    Das kalte Wasser stand ihm bis zum Hals. Seine Zähne schlugen aufeinander. Verzweifelt rief er nach der Wärme und dem Licht des Feuers ...
    Und wie ein Funken, der durch sein Bewußtsein zuckte und zu einer kleinen Flamme wurde, die die Dunkelheit in seinem Innern erhellte, sah er das Licht! Er weigerte sich, etwas anderes wahrzunehmen als die warmen Strahlen der Flamme, die sich durch alle seine Adern ausbreiteten. Einen gefährlichen Augenblick lang schienen Dunkelheit und Licht unversöhnlich aufeinanderzuprallen. Dann trennte ein Blitz die Helligkeit von der Schwärze, und in einer unaufhörlichen Folge entstand das Gefüge von Ordnung und Sinn, das die Welt in ihrer Gesamtheit zusammenhielt.
    Er nahm seinen Körper wieder wahr, aber auf einer anderen Ebene. Gawen konnte plötzlich sehen, denn die Schwärze, die ihn umgab, wurde von einem Leuchten erhellt, das aus seinem Inneren kam. Er spürte keine Kälte mehr und glaubte, die innere Hitze werde das Wasser in Dampf verwandeln. Als es noch höher stieg und seine Lippen berührte, lachte er.
    In diesem Augenblick begann das Wasser wieder zu sinken. Es dauerte nicht lange, bis der Brunnen, dessen Zulauf von den Druiden verschlossen worden war, sich so weit entleerte, daß sie ihm die Ketten abnehmen konnten. Gawen schenkte dem kaum Beachtung. Er bestand aus Licht. Das neue Wissen erfüllte ihn mit unaussprechlicher Freude.
    In der Nähe des Brunnens hatten die Priester ein Feuer entzündet. Vermutlich hätte es ihn wärmen sollen, falls die Kälte der Prüfung zuviel für ihn gewesen wäre. Brannos trat auf ihn zu und erklärte ernst, daß er als nächstes durch die Flammen gehen müsse. Gawen nickte und lachte glücklich. Er war Feuer. Weshalb sollte er die Flammen fürchten?
    Nackt, wie er war, lief er über die glühenden Holzscheite. Die Hitze trocknete das Wasser auf seinem Körper, und als er die andere Seite erreichte, war die Haut der Fußsohlen unversehrt.
    Dort erwartete ihn Brannos.
    »Du bist durch Feuer und Wasser gegangen. Die Wissenden der alten Zeit haben uns gesagt, daß dies zwei der Elemente sind, aus denen die Welt besteht. Damit du heute in unsere Reihen aufgenommen werden kannst, mußt du dich noch der Erde und der Luft stellen. Deshalb verlangen wir von dir, daß du dich Erde und Luft anvertraust und mit ihrer Hilfe den Weg zum Gipfel des Tors findest!«
    Während der Worte des alten Barden hatten die anderen Druiden um Gawen herum Gefäße aufgestellt, in denen Kräuter brannten. Schwerer süßlicher Rauch stieg auf. Gawen wußte, daß es die Kräuter waren, deren Duft die inneren Augen öffnet. Er atmete unwillkürlich tief ein und mußte husten. Der Rauch legte sich ihm sofort auf die Lungen, und er glaubte zu ersticken. Trotzdem atmete er noch einmal tief ein. Dann machte er sich auf das unvermeidliche Schwindelgefühl gefaßt, das auch sofort

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