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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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eine Stimme über sich. Sie hoben die Köpfe und sahen die Fee, so wie sie in der anderen Welt erscheint. Ihre zeitlose Schönheit ließ sich nicht mit dem irdischen Zauber vergleichen, mit dem sie sich manchmal den Menschen zeigte.
    »Ihr habt es gut gemacht. Jetzt müssen wir nur noch die Nebel rufen, die Avalon vor der Welt der Menschen verbergen.« Sie lächelte und fügte hinzu: »Ihr, meine Kinder, solltet jetzt zurückkehren. Die Herrin von Avalon, die es gewohnt ist, ihren Körper länger zu verlassen, mag bleiben und die Worte lernen, die ihr in Zukunft sprechen müßt, wann immer ihr durch die Nebel in die irdische Welt zurückkehren wollt.«
    Caillean ließ die beiden los. Sianna drehte sich glücklich um und wollte gehen, aber Gawen schüttelte den Kopf.
    »Das Band zu meinem Körper ist durchschnitten.«
    Sianna erschrak. »Bist du tot?«
    Gawen lachte unbekümmert. »Sehe ich so aus? Nur mein Körper hat den Kampf aufgegeben. Jetzt bin ich wieder frei.«
    Und für uns verloren , dachte Caillean. Ich danke dir, du wundervoller Sohn, du mutiger König!
    Sie wollte nach ihm greifen, ließ die Hände aber wieder sinken. Er war für sie nicht mehr erreichbar.
    »Dann werde ich hier bei dir bleiben!« rief Sianna entschlossen. »Das hier ist nur eine Schwelle«, hörte sie ihre Mutter sagen. »Er wird bald durch das offene Tor gehen und dir entzogen sein. Gawen muß weiter, und du wirst nach Avalon zurückkehren.«
    »Avalon ist in Sicherheit«, erwiderte Sianna. »Warum sollte ich zurück?«
    »Wenn dir an deinem eigenen Leben nichts liegt, das noch nicht gelebt ist, dann denke an das Kind, das du durch eure Vereinigung empfangen hast.«
    Siannas Hände legten sich unwillkürlich schützend auf den Leib, und Caillean atmete erleichtert auf. Gawens Strahlkraft nahm ständig zu, als werde mit jedem Augenblick die Verbindung zu ihnen unwirklicher.
    »Du sollst leben, Geliebte. Sei die Mutter unserer Tochter, damit etwas von mir auf Avalon zurückbleibt.«
    »Du mußt leben, Sianna!« rief Caillean. »Du bist jung und stark. Ich werde deine Hilfe in Zukunft mehr denn je brauchen.«
    Gawen nahm sie noch einmal in die Arme. Das strahlende Licht fiel durch Sianna hindurch und schien sie zu verbrennen. »Die Trennung wird nicht für lange sein. Wenn deine Zeit gekommen ist, werden wir uns wieder finden!«
    »Versprichst du es mir?«
    Gawen lachte. »Hier an diesem Ort kann nur die Wahrheit ausgesprochen werden. Ich verspreche es dir. Vergiß es nie!« Das Licht wurde so stark, daß sie ihn nicht mehr sahen.
    Caillean schloß die Augen, aber sie hörte ihn noch in ihrem Herzen sagen: » Ich liebe dich ... «
    Sie dachte, diese Worte seien an Sianna gerichtet, aber als die Wärme des Lichts ihr Herz erreichte, wußte sie, daß er auch sie damit gemeint hatte.

    Die Hohepriesterin öffnete wieder die Augen und stellte fest, daß sie am langgestreckten sumpfigen Ufer der Sabrina stand, deren Wasser von der Flut zurückgetrieben wurde. Neben sich nahm sie die Fee in der vertrauten körperlichen Gestalt wahr, obwohl das Strahlen der anderen Welt sie noch deutlich umgab. Die Nacht war vorüber, und es wurde zunehmend heller. Über ihren Köpfen kreisten mit schrillen Schreien die Möwen. Die feuchte Luft roch nach dem Seetang des offenen Meeres.
    »Ist es wirklich vollbracht?« fragte Caillean leise.
    »Sieh dich um ... «, hörte sie die Antwort. Caillean folgte der Aufforderung und dachte im ersten Augenblick, es habe sich nichts verändert. Aber dann sah sie, daß der Ring der Steine unversehrt auf dem Tor stand, als habe sich die ganze Tragödie nicht ereignet. Am Fuß des Hügels fehlten jedoch die kleine Kirche und die Hütten der Mönche.
    »Die Nebel werden euch schützen. Du kannst sie jetzt rufen ... « Die Hohepriesterin blickte wieder nach Westen. Ein undeutlicher Dunstschleier löste sich vom Wasser. Er wurde vor ihren Augen dichter und verwandelte sich in eine undurchdringliche Nebelwand, die sich mit dem neuen Tag zwischen die Welten schob.
    »Durch welche Worte kann ich die Nebel rufen?«
    Die Fee holte aus der Gürteltasche etwas, das in gelbliches Leinen gehüllt war. Es war ein kleines goldenes Täfelchen, in das seltsame Zeichen geritzt waren. Bei ihrem Anblick stellte sich die Erinnerung wieder ein, und Caillean wußte, daß diese Zeichen von jenen stammten, die aus dem versunkenen Atlantis geflohen waren. Die Fee ergriff ihre Hand und legte ihr die Finger auf die Zeichen. Als Caillean das Täfelchen

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