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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sicher? Ich kann mich diesmal an alles erinnern.« Das klang wie ein Geständnis.
    »Woran erinnerst du dich?« Er sah sie fragend an, und Ana sah Falten in seinem Gesicht, die vorher nicht dagewesen waren.
    »Ich habe mich diese Worte sprechen hören. Und ich habe mich gefreut, als ich dich mit dem Messer vor ihr stehen sah. Ihr hattet solche Angst.« Die Hohepriesterin verstummte und ließ den Kopf langsam sinken. »In all den Jahren war ich sicher, den Willen der Göttin zu erfüllen. Aber was ist, wenn ich mich getäuscht habe? Kann es sein, daß nur mein Stolz aus mir sprach?«
    »Glaubst du, ich wurde auch getäuscht?«
    »Wie soll ich das wissen?« rief sie, und ihr wurde kalt, als habe die Sonne nicht mehr die Kraft, sie zu wärmen.
    »Gut«, sagte er langsam, »ich will dir die Wahrheit sagen. In jener Nacht war mein Urteilsvermögen getrübt. Ich glaube, von uns allen hat nur Viviane klar gesehen. Ich habe ihr Recht respektiert, das Opfer zu bringen.«
    »Hast du nicht an mich gedacht?« rief Ana. »Glaubst du, ich hätte mit dem Wissen leben können, daß meine Worte mein eigenes Kind zum Tode verurteilt hatten?«
    »Oder ich«, sagte er sehr leise, »mit dem Wissen, daß sie von meiner Hand gestorben wäre?«
    Sie sahen sich lange schweigend an, und Ana las die Frage in seinen Augen. Und wieder einmal verweigerte sie ihm die Antwort. Es schien auch jetzt noch besser, daß er das Mädchen für seine Tochter hielt, ohne es jedoch mit Sicherheit zu wissen.
    Schließlich seufzte er. »Ganz gleich, ob dein wahres Ich sie retten wollte oder ob die Göttin IHRE Absicht geändert hat, seien wir dankbar dafür, daß Viviane in Sicherheit ist und die Möglichkeit hat, glücklich zu werden.« Er zwang sich zu einem Lächeln.
    Ana biß sich auf die Lippen. Womit hatte sie es verdient, daß dieser Mann sie liebte. Sie war nicht mehr jung, und sie war nie schön gewesen. Inzwischen bekam sie ihre Mondblutungen so unregelmäßig, daß sie nicht einmal wußte, ob sie noch fruchtbar war.
    »Meine Tochter ist zur Frau geworden, und ich bin die Alte. Bring mich zurück nach Avalon, Taliesin. Bring mich nach Hause ... «

    Durovernum war heiß und übervölkert, als hätte halb Cantium Schutz hinter seinen mächtigen Mauern gesucht. Die Sachsen hatten es mehrmals angegriffen, doch die Stadt war nie gefallen. Als sich Viviane an Vortimers Arm einen Weg durch die Menge bahnte, dachte sie, die Stadt werde bersten, wenn noch mehr Flüchtlinge hineingezwängt würden.
    Die Menschen stießen sich gegenseitig an und wiesen auf Vortimer, wenn sie vorübergingen. An ihren freundlichen Bemerkungen wurde deutlich, daß sein Anblick sie ermutigte. Viviane drückte seinen Arm, und er lächelte sie an.
    Wenn sie allein waren, konnte sie ihren Selbstschutz aufgeben und wußte, was er für sie empfand. In der Menge mußte sie jedoch innere Schutzschilde aufrichten, die so fest waren wie die Mauern von Durovernum, sonst hätte der Lärm sie zum Wahnsinn getrieben. Deshalb konnte sie nur nach dem Ton seiner Stimme und dem Ausdruck seiner Augen urteilen. Kein Wunder, daß es unter den Menschen in der Welt draußen so viele Mißverständnisse gab. Sie fragte sich verunsichert, ob sie jemals wieder den Frieden von Avalon erleben werde.
    Sie gingen zu einem Haus im südlichen Teil der Stadt, in der Nähe des Theaters. Es gehörte Ennius Claudianus. Er war einer von Vortimers Befehlshabern und gab eine Gesellschaft. Viviane fand es seltsam, daß Vortimer und seine Hauptleute am Vorabend einer Schlacht die Zeit mit Vergnügungen verschwendeten. Aber Vortimer hatte ihr erklärt, es sei wichtig, den Menschen das Vertrauen ihrer Beschützer zu demonstrieren. Sie sollten wissen, daß das Leben, das sie kannten, weitergehen werde.
    Die Dunkelheit brach herein, und Sklaven mit Fackeln liefen voraus. Die Wolken über ihnen glühten, als stünden sie in Flammen. Viviane vermutete, daß sie ihre Farbe brennenden Strohdächern verdankten, denn die Sachsen marschierten auf Londinium. Trotzdem wirkte das Farbenspiel wie die Erinnerung an die Schönheit anderer Welten, in denen es kein Morden und Töten gab.
    Wenn Viviane an die vielen verbrannten Gehöfte auf dem Land dachte, durch das sie geritten waren, überraschte es sie, daß die Sachsen überhaupt noch etwas gefunden hatten, das sie vernichten konnten.
    Weshalb hatte sie Vortimer begleitet? Liebte sie ihn oder hatte nur ihr erwachter Körper sein Recht gefordert und sie dazu verleitet? Hatte das

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