Die Herrin von Rosecliffe
einverstanden ist. « Sie lächelte scheu. »Euer Vater liebt Euch sehr, Miss, das weiß jeder in Rosecliffe. Ist es nicht verständlich, dass er einen guten und wohlhabenden Mann für Euch aussuchen möchte?«
»Ich glaube, dass ich diese Wahl selbst besser treffen kann. Außerdem hast du Mortimer Halyard vermutlich nie zu Gesicht bekommen«, fügte sie mit einer Grimasse hinzu.
Magda kicherte. »Gefällt er Euch nicht?«
»Überhaupt nicht.«
»Was erwartet Ihr denn von einem Mann?«
Ja, was? Isolde grübelte über diese Frage, bis sie das Dorf unterhalb der Burg erreicht hatten. »Er soll jung sein - oder jedenfalls nicht alt. Und kraftvoll.«
»Attraktiv?«
»Nach Möglichkeit aber wichtiger ist mir, dass er männlich und anständig ist.«
»Groß?«
Isolde grinste. »Das wäre nicht schlecht.«
»Mit breiten Schultern? Vielleicht ein Musikant?«
Jetzt musste Isolde lachen. »Beschreibst du deinen jungen Mann, Magda?«
Das Mädchen schüttelte kichernd den Kopf. »Ich habe ihn beschrieben.« Es deutete auf einen Mann, der neben der Schmiede stand.
Isolde blieb stehen und betrachtete den Burschen, der Magda wegen seiner Größe und der breiten Schultern aufgefallen sein musste. Er wandte ihnen den Rücken zu, doch seine Haltung verriet dass er jung und kräftig war. Ein ihr unbekanntes Instrument hing an seiner Hüfte. Zweifellos einer der vielen Musikanten, die von Ort zu Ort zogen und von den Zuhörern entweder beklatscht oder ausgepfiffen wurden.
Obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, malte Isolde sich aus, dass es genauso männlich wie seine Figur sein würde - kein Vergleich mit dem schmächtigen Mortimer Halyard! Wie es wohl wäre, wenn ein solcher Mann sie in die Arme nähme, küsste und das mit ihr machte? Dass er kein Adliger war, sondern aus dem einfachen Volk stammte, machte ihn für sie nur noch reizvoller. Ihr Vater wünschte sich einen Schwiegersohn mit Titeln, Besitztümern und Macht während es Isolde nur auf Leidenschaft ankam.
Ein heißer Schauer überlief sie unwillkürlich. Ihr war klar, dass Vater Clemson unkeusche Gedanken dieser Art als Sünde bezeichnen würde, aber was konnte sie dafür, dass ein Leben ohne Leidenschaft und Dramen ihr unsäglich langweilig vorkam? Sie wollte eine große Liebe erleben, mit einem Mann, der sie zum Lachen und zum Weinen bringen konnte, der sie bis zur Weißglut reizte und den sie doch wider alle Vernunft liebte.
So als hätte er ihre Blicke gespürt, drehte der Musikant sich plötzlich um. Sie konnte nicht schnell genug wegschauen, und für einen Moment hatte sie das Gefühl, als würden seine kühnen schwarzen Augen sie durchbohren und mühelos in ihrer Seele lesen.
Magda kicherte wieder, griff nach dem Arm ihrer Herrin und zog sie die Straße entlang. Isolde stimmte in das Lachen ein, aber es hörte sich in ihren eigenen Ohren etwas gekünstelt an. Wer mochte dieser Fremde sein?
»Ooh, das scheint ein ganz wilder Kerl zu sein«, flüsterte Magda und drehte sich nach der Schmiede um. »Ich frage mich, wie er ohne den Bart aussehen würde.«
Isolde schwieg, drehte sich aber ebenfalls um. Sie kannte diesen dunkelhaarigen Fremden nicht - und doch wurde sie das Gefühl nicht los, als hätte sie ihn irgendwo schon gesehen, als müsste sie ihn eigentlich erkennen.
Auch er starrte ihr nach, so als würde er sie gern kennen lernen. Wieder wandte sie hastig den Blick ab. Es schickte sich nicht für eine junge Dame aus gutem Hause, unbekannte Männer auf der Straße anzugaffen, und ihre Eltern wären zu Recht entsetzt über ein solches Benehmen.
Rhys ap Owain hatte hingegen keine Hemmungen, die beiden Mädchen zu beobachten, bis sie um eine Ecke bogen. Das war also Fitz Hughs älteste Tochter ... Im Wald versteckt, hatte er an diesem Morgen gesehen, wie die große Gruppe sich auf den weiten Weg nach London machte. Später waren ihm im Ort Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Isolde sich aus Trotz geweigert hätte, ihre Familie zu begleiten. Seitdem überlegte er unablässig, wie er das zu seinem Vorteil ausnutzen könnte.
Der kleine Satansbraten, an den er sich lebhaft erinnerte, war erwachsen geworden - und verdammt hübsch, das gestand Rhys sich widerwillig ein. Doch wenn sie es sogar wagte, sich gegen ihren Vater aufzulehnen, musste sie jetzt eine noch schlimmere Landplage als vor zehn Jahren sein ...
Er strich sich nachdenklich über den Bart. Dass Isolde in Rosecliffe Castle zurückgeblieben war, würde ihm vermutlich sogar helfen, seine
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