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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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ziehen.
    Im Laufe der Woche schwor ein Dorf nach dem anderen, seinem neuen Herrn treu und ergeben zu dienen. Zugleich lagen sie ihm in den Ohren mit Klagen über Räuber, schlechte Ernte und fast leere Speisekammern. Des Nachts kehrten Alaine und Rorik stumm und ermattet von ihrer Tagesreise zurück. Nachdem sie an der Seite ihres Mannes beim Abendessen nach dem Rechten gesehen hatte, zog sie sich stets mit einer Entschuldigung in ihre Kammer zurück. Jede Nacht wusch sie sich das Gesicht, bürstete ihre seidigen Goldlocken und kuschelte sich in einen Sessel vor der Feuerstelle mit Flick- und Näharbeiten. Sie redete sich ein, nicht auf Roriks Schritte zu lauschen, doch jede Nacht mußte sie sich enttäuscht schlafenlegen. In ihrem Zorn hatte sie sich zu der Aussage hinreißen lassen, sie würde ihn nicht mehr in ihrem Bett willkommen heißen. Darauf hatte er ihr geantwortet, er würde sie nehmen, wann immer er Lust dazu hätte. Offensichtlich hatte er aber keine Lust mehr. Ohne ihren Schmerz so recht zu verstehen, weinte sie in den langen, einsamen Nachtstunden ihr Kopfkissen naß.
    Und dann war er auf einmal fort. Eines Morgens stieg sie, wie es ihre Gewohnheit war, in den Saal hinab. Das Gesinde war gerade mit dem Feuermachen beschäftigt. Zwei Ritter von niederem Stande aus Roriks Gefolgschaft saßen an einem der unteren Tische und unterhielten sich lauthals über die Vorzüge irgendeines Pferdes, das der eine von dem anderen erhalten hatte. Joanna thronte auf dem Podium und nahm gerade ihre Morgenmahlzeit ein. Sihtric saß neben ihr. Von den geröteten Gesichtern der beiden schloß Alaine, daß beide wieder einmal in einen Wortwechsel verstrickt waren.
    Rorik war nirgendwo zu erblicken. Alaine hatte ihn schon bei Pater Sebastians Morgenmesse vermißt. Nun war es nicht ungewöhnlich, daß Rorik die heilige Messe versäumte; um noch eine Extrastunde auf dem Turnierfeld zu verbringen. Ungewöhnlich war es allerdings für ihn, die Morgenmahlzeit zu versäumen.
    Gwyne eilte mit Brot, Käse und kalter Milch herbei, als sich Alaine neben Joanna niederließ.
    »Hat Lord Rorik schon seine Mahlzeit eingenommen, Gwyne?« erkundigte sie sich.
    »Mylord war schon hier, ehe noch einer von uns aus den Federn war«, antwortete das Mädchen. »In seiner Begleitung befanden sich Timor, Sir Guillaume, Sir Robert und Sir Gunnulf, der Forstmeister und drei Jagdhunde. Sie waren alle hier und verlangten zu speisen, noch ehe die Sonne über die Hügel aufgestiegen war.«
    Alaine seufzte. Natürlich verfolgten die Bediensteten höchst neugierig jeden Schritt der Burgherrn. »Sagte er, wohin er heute gehen wollte?«
    »Er wird in drei bis vier Tagen zurück sein.« Nicht Gwyne hatte geantwortet, sondern Sihtrics tiefe Stimme. »Er ist nur zur Jagdhütte hinaufgeritten, dort, wo Rive beginnt. Er bat mich, Euch auszurichten, Ihr solltet Euch keine Sorgen machen.« Von den harten Worten zwischen den beiden an diesem Morgen wegen Roriks anstößigem Benehmen gegenüber seiner Frau, erwähnte er nichts.
    Roriks Abwesenheit dehnte sich auf eine Woche hinaus. Zu ihrer Überraschung mußte Alaine feststellen, daß er ihr abging. Sie vermißte den Klang seiner Stimme und die gelegentliche Berührung seiner Hand. Aufregung und Schwung waren nun, da Rorik fort war, aus ihrem Leben gewichen. Dennoch war sie recht froh darüber, nun in Ruhe ihre Gedanken zu sammeln. Seit dem Tag, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, übte Roriks Gegenwart auf sie die Wirkung einer zu straff gespannten Stahlfeder aus – manchmal tat es weh, manchmal war es aufregend, nur geruhsam war es niemals gewesen. Nun fand sie sich in gewisser Weise in die Eintönigkeit ein, die durch seine Abwesenheit entstanden war. Sie brauchte diese Ruhe, um ihr erregtes Gemüt zu beruhigen.
    Auf der Burg gab es jetzt viel zu tun, um alles für den strengen Winter vorzubereiten. Auch wenn das Wetter in den letzten Wochen besonders schön gewesen war, Kälte, Nebel und eiskalter Regen könnten jederzeit über ihr kleines Tal nahe am Meer hereinbrechen. Alle Frauen auf der Burg wurden mit mannigfachen Aufgaben betraut. So hatte Alaine nicht allzuviel Zeit zur Verfügung, über die Abwesenheit ihres Mannes zu grübeln.
    An einem kalten, aber sonnigen Nachmittag saß sie in der Kemenate und spann Wolle der Frühjahrsschur. Seit Wochen waren die Frauen mit dieser Arbeit beschäftigt. Wollbündel mußten gewaschen, auf den Spinnrocken gezogen und mit der Spindel gefestigt werden, noch ehe

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