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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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anzustellen, wenn er nur diese Burg lebendig verlassen würde.
    »War das alles, was er gesagt hat, Bursche?« drang Rorik weiter auf ihn ein mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Ich schwöre, mein Herr! Das war alles. Er sagte seine Nachricht, dann gab er mir einen Tritt in den Hintern. Er war ein übler Bursche und hundsgemein!«
    »Du bist ein tapferes Kerlchen.« Roriks Pranke landete auf den Schultern des Jungen, der wiederum erschreckt zusammenfuhr. »Geh in die Küche und sag Mistress Hilda, sie soll dir eine anständige Mahlzeit und eine neue wollene Tunika geben. Führe ihn hin, Gwyne.«
    Roriks Augen verfolgten den Burschen, bis er durch den Küchengang verschwand. Mit seinen Gedanken jedoch war er meilenweit entfernt beim Wirtshaus ›Zum Wilden Eber‹, das unweit des Dorfes Bethune lag.
     
    An diesem trüben Nachmittag hatten nur ein paar Seelen Zuflucht vor Nässe und Kälte vorn in der Schankstube gefunden. Diese Nacht versprach eiskalt zu werden. John, der Wirt, dachte zufrieden an die Zahl der Dorfbewohner und Bauern, die seine behagliche Schankstube ihren eigenen erbärmlichen Hütten vorziehen würden.
    Die Tür der Gaststube sprang auf. Ein plötzlicher Regenschwall und ein Windstoß folgten dem hochgewachsenen, finsteren Mann, der im Türrahmen stehenblieb. Einen Augenblick sah man seine Silhouette gegen das grelle Licht im Eingang. Dann schloß er die Türe und trat in die Stube.
    Sofort setzte sich der alte John aufrecht an seinen Tisch neben der Feuerstelle. Er erkannte den neuen Herrn von Ste. Claire auch ohne seine ritterlichen Insignien. Sir Rorik war vor einigen Tagen mit der Tochter und jetzigen Gemahlin hier abgestiegen. Der alte John erhob sich nun von seinem Sitz. »Mein Herr, seid erneut willkommen ›Zum Wilden Eber‹. Was kann ich heute für Euch tun?«
    Es war doch höchst merkwürdig, dachte John bei sich, daß ein Ritter ohne Rüstung und ohne Gefolge durch die Lande reist, obwohl natürlich ein ganzes Heer draußen zu Pferd sitzen mochte. John bemerkte einen kampflüsternen Blick in Sir Roriks Augen und beschloß klugerweise, seine Neugierde zu bezähmen.
    »Wird Eure Frau Gemahlin Euch wie neulich Gesellschaft leisten?« erkundigte sich John höflich. »Meine Gertrude hat eben einen köstlichen warmen Brotauflauf mit süßem Apfelkompott bereitet. Vielleicht möchte Eure Gemahlin etwas davon kosten …«
    »Meine Frau ist nicht bei mir«, unterbrach ihn Rorik schroff.
    Er warf dem alten John einen mißtrauischen Blick zu, dann musterte er die anderen Gäste in der Stube mit eisiggrünen Augen.
    »Beherbergt Ihr weitere Gäste?« erkundigte er sich knapp.
    »Nein, mein Herr«, antwortete John eilfertig. »Es ist ein ruhiger Nachmittag.«
    »Gut«, meinte Rorik nur dazu. »So bringt mir einen Krug, John!«
    »Jawohl, mein Herr!« John eilte, den Befehl auszuführen.
    Eine Stunde saß Rorik vor einem Krug kräftigen Ales und wartete auf den Mann, den er hier treffen sollte. Der Bote des Räubergesindels hatte ihn wissen lassen, er solle alleine kommen. Und so war er ohne jegliche Begleitung gekommen und ohne Rüstung, nur mit einem Schwert und einem Messer bewaffnet. Dabei fühlte er sich durch den aufgestauten Zorn in seiner Brust gewappnet genug, gegen ein ganzes Heer zu kämpfen.
    »Darf ich Euch nachschenken, mein Herr?«
    Rorik reichte ihm den Krug. »Heute nachmittag wird ein Mann durch diese Türe treten«, erklärte er, als der volle Krug vor ihn hingestellt wurde. »Dieser Mann und ich haben eine sehr ernste Sache miteinander zu bereden. Was immer auch geschieht, ich möchte, daß weder Ihr noch Eure Gäste eingreifen.«
    Der alte John runzelte die Stirn und preßte die Lippen zusammen. Er konnte es sich nicht leisten, sein Wirtshaus von ein paar rücksichtslosen, in eine Fehde verwickelten Rittern verwüsten zu lassen, wenn es das war, was Sir Rorik vorhatte. Dennoch hielt er seine Zunge im Zaum und begnügte sich mit einem ergebenen »Wie es Euch beliebt, mein Herr«.
    Jedoch der Mann, der schließlich eintrat und mit einem frechen Grinsen an Roriks Tisch trat, war gewiß kein Ritter, stellte John einige Augenblicke später fest. Der Wirt hatte sein Gesicht schon mal in seiner Schankstube gesehen, aber beileibe nicht in Begleitung von Leuten aus dem Adelsstand.
    »Holla! Sir Rorik!« Der Mann begrüßte den Herrn von Ste. Claire mit unverschämter Vertrautheit und setzte sich an den Tisch. »Herr Wirt! Ein Ale! Und schenkt es recht ordentlich und kalt ein!«
    John

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