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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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würdet Ihr. Entschuldigen Frauen die Heimtücke der anderen immer so eilfertig?«
    »Ich entschuldige gar nichts«, erwiderte Alaine ruhig. »Meine Sorge gilt Euch.«
    Rorik drehte sich zu ihr und seine Augen glichen eisgrünen Splittern. »Ihr braucht Euch keine Sorgen um mich zu machen, Madam. Ich kümmere mich um meine Dinge, seit ich noch jünger war als Ihr jetzt. Macht Euch lieber um Euch selbst Sorgen.«
    Sprach’s, drehte ihr und dem Meer den Rücken zu und begann, die Felsen zu erklimmen. Ihr wütendes Rufen war umsonst und wurde vom Wind verschluckt.
    Als Alaine schließlich die Klippen oben erreichte, war Rorik verschwunden. Ihre Stute wartete ungeduldig tänzelnd an ihrem Platz, wo sie festgebunden war. Der Hengst war nirgends zu sehen. Der Tag, der so wunderbar begonnen hatte, endete nun düster. Roriks Mannen wußten wahrlich, worüber sie sprachen, als sie ihn den Steinernen Drachen nannten! Die Schatten wurden länger, während Alaine ihre Stute den Pfad entlangführte. Zuvor hatte alles hell und offen gewirkt. Nun, da der Tag schnell seinem Ende zuging, nahmen die schroffen Felsen und die hoch aufragenden Bäume ein unheimliches Aussehen an. Die ineinanderfließenden Schatten riefen die dunklen Gefahren der Nacht in den Sinn. Das war auch teilweise berechtigt, denn im Wald lebten Wölfe, in tierischer sowie in menschlicher Gestalt. In den Nachtstunden, pflegte Pater Sebastian zu sagen, tauchten Satans Spießgesellen auf und trieben ihr Unwesen. Natürlich hatte sie seine Geschichten nie geglaubt. Doch jetzt in der immer größer werdenden Dunkelheit um sich herum und in der Stille der Felsberge, die ihre Fantasie bedrängten, fragte sie sich, ob der alte Priester nicht doch die Wahrheit gesagt hatte.
    Aber sie war jetzt nur mehr eine Stunde von der Burg entfernt, und ihr praktischer Sinn gewann wieder Oberhand über ihre fiebrigen Geschichten. Sie hoffte, Rorik würde sich ordentlich Sorgen machen, wenn er herausfand, daß sie ihm nicht sofort gefolgt war. Und sie wünschte sich, Joanna würde ihm die Leviten lesen, wenn er ohne sie zurückkehrte. Die meist sanfte Dame fürchtete sich vor keinem Mann, wenn sie einmal die Wut packte. Sie lächelte bei der Vorstellung, wie Rorik die Standpauke ihrer Stiefmutter über sich ergehen lassen mußte. Und das hatte er auch verdient!
    Sie schlug mit dem Pferd die südliche Richtung ein und folgte dem Pfad von heute morgen. Die Nachttiere regten sich langsam. Die Stute schnaubte ängstlich bei dem Geraschel und Gezischel, die sie bei ihrer Reise durch den Wald begleitete.
    Auf einmal traten ihnen zwei dunkle Gestalten auf den Weg. Sie waren groß wie zwei Bäume, aber es waren keine Bäume. Es waren zwei Männer zu Fuß. Alaines Herz begann schneller zu pochen. Wahrscheinlich handelte es sich bei diesen beiden nicht um freundliche Waldbewohner, die sie auf ein Abendessen in ihre bescheidene Hütte einladen wollten. Nein, in der Tat! Viel eher gehörten sie dem Lumpenpack an, dem Rorik hinterher war.
    Sie drehte das Pferd um und stieß ihre Fersen in die Seiten des Tieres. Die Stute stürmte bereitwillig vor, wieherte aber vor Schreck, als sich vier weitere Gestalten seitlich auf den Pfad stürzten, um sie zu packen. Einer der Männer bekam ihre Zügel in den Griff, die anderen standen dichtgedrängt vor ihr. Sie bäumte sich auf und versuchte rückwärts zu entkommen, aber da tauchten weitere von hinten auf. Am ganzen Leib zitternd, blieb sie stehen und warf nur mehr den Kopf hin und her, während das Gesindel sie umringte.
    Alaine stöhnte auf vor Schmerz, als sie unsanft auf den steinigen Boden heruntergerissen wurde. Hände grapschten nach ihr, trotz ihrer Fußtritte und ihrem heftigen Ringen. Über ihr wogte ein Meer von Gesichtern, die in der Dunkelheit nicht zu unterscheiden waren, aber in ihrer Vorstellung malte sie sich die in all den groben Einzelheiten aus.
    »Zum Henker«, fluchte eine Stimme. »Wenn sie einen Geldbeutel besessen hat, dann muß er am Pferd befestigt gewesen sein! Gilly, lauf hinter der Stute her!«
    »Lauf doch selber dem Pferd nach, du verdammter Esel!« gab Gilly zurück. »Sie ist jetzt schon auf halben Weg nach Ste. Claire.«
    Alaine versuchte sich zu erheben, wurde aber wieder gewaltsam niedergedrückt.
    »Na, jedenfalls haben wir einen angemessenen Lohn erhalten. Sie ist ein verdammt hübsches Stück.«
    Sie fühlte, wie viele Augenpaare auf ihr ruhten und ahnte, was in den Köpfen der Gauner vorging. Erneut versuchte sie die

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