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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Rorik ins Gesicht. Rorik wischte sich Blut und Speichel von der Wange. John wagte nicht zu atmen. Die Miene des Ritters wurde zu Stein. Für einen kurzen Augenblick sah John den fürchterlichen roten Drachen auf Roriks Schild vor sich. War da nicht die Spur eines roten Glimmers in den Augen des Ritters? Nein … Unmöglich.
    Bedächtig zog Rorik ein langes Messer aus der Hülle hervor, die an einem Gürtel steckte. Er hielt es gegen das Licht der Laterne, so daß die scharfgeschliffene Klinge aufblitzte. Die Augen des Geächteten wurden schreckensstarr, als sich die schreckliche Klinge seinem Gesicht näherte.
    »Es gibt vielerlei Arten zu sterben.« Roriks Stimme klang verheißungsvoll. »Du kannst mich zum Lager führen und gemeinsam mit deinen Spießgesellen gegen mich kämpfen … Oder ich kann dir einen sehr unangenehmen Nachmittag bereiten?« Roriks boshaftes Lächeln ließ keinen Zweifel an der Wahrheit seiner Worte. »Keine sehr ritterliche Art, einen Mann zu töten«, räumte er ein. »Andererseits habe ich es nicht mit Männern zu tun, die die Ehre sehr hochhalten.«
     
    Der Geächtete sackte in sich zusammen. Sein Mund klappte nervös auf und zu, während die scharfe Klinge vor seinen entsetzten Augen schwebte. »Nein!« Die Worte wurden in einem erstickten Husten hervorgestoßen. »Ich führe Euch hin, Mylord! Ich führe Euch sofort zu ihnen! Das verspreche ich! Ohne Fallen! Ich führe Euch hin!«
    Rorik grinste und steckte sein Messer zurück in die Hülle. Alaine saß auf dem nassen Boden und war in den Anblick der tränenförmigen Regentropfen vertieft, die von der Kapuze ihres Mantels herunterträufelten. Es gab sonst nichts, womit sie sich hätte beschäftigen könne. So war es diesen ganzen trüben Tag lang gewesen. Trotz ihres Stumpfsinns war das Gesindel doch gerissen genug zu wissen, daß Alaines Flucht ihren Untergang bedeutet hätte. Man hielt sie jeden Augenblick bewacht.
    Der Nachmittag zog sich dahin. Das feuchtschimmernde Tageslicht verdunkelte sich langsam, als die hinter Wolken versteckte Sonne unterging. Kalter Nebel hing schwer zwischen den Bäumen und verwandelte die kleine Lichtung in einen geisterhaften Ort. Alaines Stimmung verdüsterte sich zusehends. Die Nacht brach herein. Auch wenn das Lösegeld gezahlt werden würde – von Rorik oder von Gilbert –, sie war sicher, das Tageslicht nie mehr zu erblicken.
    »Sie sollten schon längst zurück sein«, klagte einer der Männer.
    Erland lachte unwirsch. »Wenn du einen Sack voll Gold und ein Wirtshaus voller Ale hättest, eiltest du dann sofort hinaus in Kälte und Regen? Ich hab’ ja gesagt, wir hätten alle mitgehen sollen.«
    Alan spuckte auf die Erde. »Sie kommen schon zurück. Sie wissen, daß ich ihnen sonst auf den Fersen sein werde, falls sie sich auf und davonmachen.«
    Für Augenblicke herrschte außer dem Regengetröpfel Stille. Dann legte Alan den Kopf lauschend zur Seite.
    »Ich glaube, sie kommen!«
    Und er hatte recht. Aus dem Nieselregen tauchte die Gestalt eines Mannes auf. Das Gesicht des Boten war erbsengrün. Dunkelrotes Blut klebte um seinen Mund.
    »Ist er gekommen?« erkundigte sich Erland begierig. »Hast du das Gold?«
    »Er ist gekommen.«
    Nicht der Bote hatte gesprochen, sondern die dunkle Erscheinung hinter ihm – ein Mann auf einem Pferd, gespenstisch im dichten Nebel. Das Pferd trabte nach vorn und schubste dabei den unseligen Boten auf die Lichtung zu. Sogar durch den Nebel glühte das feurige Licht des blutroten Drachens auf dem Schild, und das Licht spiegelte sich blitzend auf dem gezückten Breitschwert.
    »Rorik!«
    Die freudige Begrüßung Alaines brachte Bewegung unter die gesetzlose Meute. Alan, Erland, Gilly und der wuchtige Mann mit dem schmuddeligen Bart zogen ihre Waffen. Die beiden Frauen am Feuer flohen in den Regen und Nebel, und, nach kurzem Zögern, folgten ihnen drei weitere Schurken schnell hinterher. Auch der Bote stolperte ihnen nach. Rorik ließ ihn laufen und richtete sein ganzes Augenmerk auf die vier, die ihm gegenüberstanden. Er lächelte böse, stieg ab und stupste sein Streitroß – eins von Alaines berühmten Braunen – mit einem leichten Klaps in Richtung der Bäume, wo es sicher war.
    »Seid ihr bereit zu sterben?« fragte Rorik immer noch lächelnd.
    Alans Grinsen war mindestens ebenso garstig. Er sah, daß er weder Kettenhemd noch Helm trug. Und nun hatte dieser Tor auch noch auf den Vorteil eines Schiachtrosses verzichtet. »Nicht wir werden heute sterben, Sir

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