Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
Flammen zu stehen, als Bitterholz einen Blick über die Schulter warf. Er gab seinem Pferd die Sporen, damit es schneller über die aufgerissenen und mit Reben bewachsenen Steine des Geisterstreifens lief. Er blickte sich erneut um, immer noch in der Hoffnung, einen seiner Männer entdecken zu können. Hinter ihm befand sich jedoch nichts als die schwarze Rauchsäule, die von der Festung aufstieg. Kein anderes Lebewesen außer ihm bewegte sich über den verfluchten Boden. Vermutlich waren all jene, neben denen er gekämpft hatte, tot.
In den vergangenen Jahren hatte Bitterholz in den südlichen Gebieten von Albekizans Königreich eine Rebellion entfacht. Es war nicht schwierig gewesen. Die hohen Steuern hatten den Samen des Widerstands gelegt. Die Geschichte über die Ungerechtigkeit und Grausamkeit des Königs, die Bitterholz in einer Stadt nach der anderen
erzählte, hatte dann geholfen, die Rebellion zur Blüte zu bringen. Albekizans Steuereintreiber hatten in den letzten zwei Jahren eine zunehmend feindseliger werdende Bevölkerung angetroffen, bis schließlich die Stadt Conyer eine Festung aus Holz errichtet und ihre vollständige Unabhängigkeit von Albekizan verkündet hatte.
Jetzt brannte Conyer. Unzählige von Albekizans Drachen schwärmten über diesen Ort, schlachteten rücksichtslos Männer, Frauen und Kinder. Bitterholz hatte so lange gekämpft wie möglich, bis eine kleine Gruppe von Rebellen auf die Idee gekommen war, sich zurückfallen zu lassen und zu den Geisterstreifen zurückzuziehen. Dort wollten sie sich wieder sammeln und den Kampf auf günstigerem Gelände bei der Stadt der Skelette erneut aufnehmen. Zwei Dutzend von ihnen waren auf Pferderücken geflohen. Einer nach dem anderen waren die Drachen in der dunklen Nacht vom Himmel geschwebt und hatten sich Bitterholz’ Kameraden geschnappt. Jetzt eilte er allein zu den verrostenden Türmen der Stadt der Skelette.
Der Boden hier war verflucht. Der Legende nach war es einst eine große Stadt der Menschen gewesen, aber jetzt war sie verlassen, bestand nur noch aus einer unüberschaubar breiten Fläche von immer stärker zerfallenden Ruinen. Noch standen die Fassaden zahlloser Gebäude, Mauern aus Ziegelstein und Glas, die sich über Rahmen aus rostroten Balken erhoben. Dicke Schichten von Kudzu bedeckten einen Großteil der Überreste und nahmen den Rändern die Schärfe, verbargen Löcher, spitzes Glas und Schlangen. Bitterholz ritt in das Herz der Stadt, in der Hoffnung, dass die Drachen es nicht wagen würden, ihm dorthin zu folgen.
Ein Schatten glitt über ihn hinweg, und an dem vorderen Stück erkannte er, dass es sich um einen großen Flügel handelte. Er wusste jetzt, dass er sich geirrt hatte, als er sich Schutz von der Stadt versprochen hatte. Nirgendwo auf der Welt gab es einen Ort, an den Albekizans Streitkräfte ihm nicht folgen würden.
Plötzlich grub sich eine Klaue in seine linke Schulter. Er wurde vom Pferd gerissen. Sein linkes Bein verhedderte sich im Steigbügel. Mit einem Ruck, der so kräftig war, dass sein Pferd vom Boden gehoben wurde, wurde er nach oben gezerrt. Sein Knöchel brach, als das daran hängende Pferd sich in der Luft herumdrehte. Das Knie fühlte sich an, als würde es sich vom Körper lösen. Bitterholz erhob sich ein Dutzend Fuß in die Luft, zwei Dutzend, drei … dann wurde seine blutende Schulter losgelassen, und er stürzte mit den Füßen voran auf den grauen Boden zu. Als er aufschaute, glitt der leuchtend rote Federschmuck eines Sonnendrachen über ihn hinweg, und als er wieder nach unten blickte, sah er gerade, wie sein Pferd auf dem Boden aufprallte, nur wenige Zoll von seinen eigenen Füßen entfernt.
Dunkelheit folgte, aus der er durch das Donnern von riesigen Flügeln geweckt wurde. Er lehnte an einem Haufen zerfetzten Fleisches. Seine Beine waren verrenkt vor ihm ausgestreckt, so schlaff und weich wie die Glieder einer Stoffpuppe.
Zwanzig Fuß von ihm entfernt stand ein Sonnendrache.
»Du wirst dir noch wünschen, dass der Sturz dich getötet hätte«, sagte der Drache.
Bitterholz sah sich nach einer Waffe um. Zufällig lagen
sein Bogen und der Köcher in Reichweite, noch immer an den Rest seines Pferdes gebunden. Er packte beides und legte mit zitternden, verletzten Fingern einen Pfeil an die Sehne, spannte den Bogen mit all der Kraft, die ihm noch verblieben war. Seine Schulter fühlte sich an, als würde ein Messer darin stecken. Sterne tanzten vor seinen Augen, machten seine Sicht
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