Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
gewöhnlicher Erddrache passte ihm gar nicht.
Er sah zu dem nächsten Erddrachen und schauderte. Die matten Augen der Kreatur blickten unter einer schräg verlaufenden, moosgrünen Stirn hervor und blinzelten nicht einmal wegen der Mücken, die um sein Gesicht herumflogen. Mit dem dicken, alligatorähnlich gezackten Schwanz zog er Matsch hinter sich her, während er vorwärtswatschelte. Der Erddrache schien nicht über mehr echte Intelligenz und Gefühl zu verfügen als ein Mensch. Und doch, als Soldaten besaßen die Erddrachen einen höheren Status als Gadreel, der ein Sklave war. Nicht zum ersten Mal verfluchte er im Stillen seinen Vater.
Er war klug genug, seine Empörung für sich zu behalten.
Er hatte seine Lektion gelernt, was das Verraten von Schwäche betraf. Drei Jahre waren vergangen, seit er krank gewesen war und an der Versammlung des väterlichen Clans nicht hatte teilnehmen können. Albekizan hatte hundert menschliche Sklaven eingefordert. Dem Clan gefiel die Vorstellung jedoch nicht, sich von so vielen Sklaven zu trennen. Aber sollte ein Drachensklave nicht ebenso viel wert sein wie einhundert menschliche Sklaven? Gadreels Vater hatte erklärt, dass er diesem Vorschlag widersprochen hätte, sich aber letztendlich den Wünschen des Clans hatte fügen müssen.
Es war entwürdigend gewesen, auf Befehl seines Vaters in die Knechtschaft gezwungen worden zu sein. Um seinen Rang als bloßes Besitzgut noch stärker zu betonen, hatte der schlaue Zanzeroth, der einzige Drache, der es wagte, den König auf einer Jagd zu besiegen, ihn in einer Wette gewonnen. Und doch konnte Gadreel in seinem entwürdigenden Zustand auch Chancen und Hoffnungen erkennen. Er befand sich beinahe täglich in der Gegenwart von Albekizan. Eines Tages, schwor er sich, würde er den König so sehr beeindrucken, dass er dafür mit der Freiheit belohnt werden würde.
Die Ochsenhunde blieben am anderen Ufer eines vom Regen angeschwollenen Baches stehen. Wie Gadreel sah, hatten sie die Fährte verloren. Zanzeroth ging am schlammigen Ufer entlang; seine Augen glänzten in der Dunkelheit, als er den Boden musterte.
»Hier«, sagte Zanzeroth schließlich. Der alte Drache packte einen Ochsenhund am Halsband, zog das Tier zurück über den Bach und schob seinen Kopf auf den moosbewachsenen
Stein. Zanzeroths große Kraft gestattete ihm, den riesigen Hund zu bewegen, als wäre er lediglich ein Hündchen. Der Ochsenhund schnüffelte am Stein und knurrte ihn dann an. Kurz darauf hatte er die Spur wieder aufgenommen und schoss, dicht gefolgt von seinem Bruder, in den Wald davon. Die Drachen jagten hinter den Hunden her, und bald darauf endete der Wald vor einem Maisfeld. Gadreel war erleichtert, als er wieder offenen Himmel sah; das Mondlicht beschien einige dünne Wolkenschwaden. Albekizan schlug mit den Flügeln und erhob sich in die Lüfte. Zanzeroth folgte ihm, in respektvollem Abstand begleitet von Gadreel.
Wenige Augenblicke später drehte Zanzeroth ab; Gadreel sah ein reiterloses Pferd am Rand des grasbestandenen Feldes stehen. Zanzeroth tauchte nach unten und streckte die hinteren Klauen aus. Das Pferd setzte zum Galopp an, als der Schatten des Drachen auf es fiel, aber es nutzte nichts. Zanzeroth packte das fliehende Pferd am Nacken und tötete es mit einem heftigen Ruck.
»Verflucht«, sagte der alte Jäger, als er landete.
»Wo ist er?«, fragte Albekizan, als er neben ihm auf dem Boden aufkam. »Wo ist Bitterholz?«
»Wir sind reingelegt worden, Herr«, sagte Zanzeroth. »Dies ist das Pferd, dem wir gefolgt sind. Ich kann es riechen. Aber Bitterholz muss irgendwann vorher abgestiegen sein. Ich habe keinen Hinweis darauf gefunden. Vielleicht hat er sich an einem Ast festgehalten.«
»Verflucht sei Eure unfähige Haut«, rief der König. »Wenn wir Eurer Nachlässigkeit wegen den Mörder meines Sohnes verloren haben, wird Euch das den Kopf kosten!«
Gadreel zuckte zusammen, aber sein Herr schien ungerührt zu bleiben.
»Natürlich, Herr«, sagte Zanzeroth mit einer leichten Verbeugung. »Die Jagd ist umso interessanter, je mehr auf dem Spiel steht.«
Inzwischen hatten die Erddrachen sie eingeholt. Die Halter packten die Leinen der Ochsenhunde und zogen sie von dem dampfenden Kadaver des toten Pferdes weg.
Zanzeroth zog die drei Speere aus seinem Köcher und reichte sie Gadreel. »Die stören mich nur«, sagte er. Gadreel bemühte sich, die riesigen Holzschäfte mit ihren leuchtenden Stahlköpfen zu halten. Nur Sonnendrachen
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