Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
traten zögernd auf den zerbröckelten Steinstreifen, dann wandten sie den Blick gen Himmel und folgten ihrem König.
Gadreel war froh, wieder in der Luft zu sein, aber er hatte keine Zeit, es zu genießen. Kaum eine Viertelmeile weiter vorn wandten sich die Ochsenhunde von dem Steinstreifen ab und sprangen ein steiles, rebenbedecktes Ufer hinunter. Dann drehten sie sich um und betraten einen kleinen Tunnel, der unter dem breiten Steinweg verlief.
Als Gadreel landete, schrie einer der Hunde auf. Der zweite Hund wich vom Tunnel zurück.
Zanzeroth blinzelte in die dunkle Öffnung. Gadreel bemühte sich, etwas zu erkennen, und sah den ersten Ochsenhund tot daliegen. Sein Kopf war von einem schweren Stein zermalmt worden. Zanzeroth nahm einen Speer aus seinem Köcher, schob den Schaft über den Boden und hob ihn mitsamt einem dünnen Seil.
»Eine Falle«, murmelte er. »Der Mörder hat seinen Fluchtweg mit einer Baumfalle versehen. Ziemlich gerissen für einen Menschen.«
»Es ist Bitterholz«, sagte Albekizan. »Der Jäger. Er ist kein Mensch mehr.«
Zanzeroth nickte, dann nahm er den verbliebenen Hund an die Leine und führte ihn über den Steinstreifen zur anderen Seite des kurzen Tunnels. Als der letzte Erddrache sie eingeholt hatte, hatte der Hund die Spur wiedergefunden. Zanzeroth ließ ihm nur wenig Leine, damit er nicht zu weit vorauslaufen konnte. Gadreel folgte ihm, wurde immer unruhiger. Sie gingen die Raute entlang. Die geflügelten Drachen waren vertraut mit diesem Ort, denn er war aus vielen Meilen Entfernung von oben zu sehen: vier gigantische Steinkreise, umgeben von einer noch größeren Raute aus Stein. Es gab mehrere solcher Konstrukte im ganzen Königreich, an Orten, an denen die mysteriösen Streifen sich in ausgeklügelten Netzen aus Rampen und Brücken kreuzten. Vielleicht die letzten Überreste einer lange untergegangenen Kultur. Diese Orte wurden sehr gefürchtet, denn vier Kreise waren das Symbol des Todes.
Zu Gadreels Erleichterung wandte der Ochsenhund sich vom Rand der Raute ab und führte sie alle zu einem großen Feld zerbrochener Steine. In der Mitte befand sich ein uraltes, niedriges Gebäude aus von Reben bewachsenen Ziegelsteinen. Der Himmel erhellte sich, als die Morgendämmerung näher rückte, und spendete Gadreel etwas Trost.
Als er zuließ, dass er sich ein wenig entspannte, zerschnitt ein pfeifender Lärm die Luft. Mit einem Übelkeit erregenden nassen Platschen bohrte sich ein Pfeil tief zwischen die Augen des Ochsenhundes. Das riesige Tier seufzte, dann, als kein Leben mehr in ihm war, sackte es nach vorn.
Zanzeroth sprang zum König, breitete die Schwingen aus, um ihn zu schützen. »Er ist in dem Gebäude da. Bringt Euch in Deckung, Herr!«
»Niemals!«, rief Albekizan. »Wenn Bitterholz hier ist, wird keine Macht der Erde mich davon abhalten, meine Soldaten da reinzuschicken und ihn herholen zu lassen, damit ich meine Rache bekomme!« Er deutete auf den Hauptmann und donnerte: »Los!«
Der Hauptmann hob seinen Schild und stürmte los; seine Männer folgten eine Schwanzlänge hinter ihm. Einer nach dem anderen verschwanden sie in dem dunklen Eingang. Stille folgte.
»Er ist tiefer hineingeflohen«, sagte Zanzeroth. »Oder vielleicht …«
Ihm wurde das Wort abgeschnitten, als ein Drache in der Dunkelheit aufschrie. Donnerndes Poltern folgte, und dann glühte der Eingang plötzlich in einem so hellen Licht, dass es mit der Sonne zu wetteifern schien. Ein Feuerball rollte nach vorn, zusammen mit einem so heftigen Stoß glühender, terpentingetränkter Luft, dass Gadreel von den Füßen gerissen wurde.
»Nein!«, rief der König. »Eine Selbstmordfalle! Wie kann er es wagen, mir Gerechtigkeit zu verweigern!«
»Ich glaube nicht, dass es Selbstmord ist«, sagte Zanzeroth und schlug mit den Schwingen in der noch immer aufgewühlten Luft. Er stieg einige Fuß hoch, ehe er rief: »Da!«
Gadreel und Albekizan erhoben sich, um ihm zu folgen, und bemerkten rasch einen verhüllten Mann, der einen Langbogen trug. Er war etwa hundert Schritte entfernt und lief über das Steinfeld. Das Licht des brennenden Gebäudes verlieh ihm einen teuflischen, rötlichen Schimmer. Als Zanzeroth zu ihm hinunterstieß, ließ der Mann den Bogen fallen und sank auf die Knie. Er kämpfte mit einer rostigen
Eisenscheibe von zwei Fuß Durchmesser, die in den Stein eingelassen war und die er versuchte hochzuheben. Noch während Zanzeroth die Klauen nach seiner Beute ausstreckte, löste sich die
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