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Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra

Titel: Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Maxey
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ihre Seite schlage. Zum Beispiel ist da diese Erinnerung an sie als Teenager; sie hockt an einem ölbedeckten Strand und hält eine sterbende Möwe in den Händen. Ich kann ihren Kummer spüren, ihre aufrichtige
Sehnsucht danach zu verhindern, dass so etwas jemals wieder passiert. Zwei Jahre später war sie die Drahtzieherin bei der Bombardierung einer Ölraffinerie. Sie hat neun Leute getötet und ökonomischen Aufruhr erzeugt, der das Leben von Millionen zerstört hat. Sie hat mir diese Erinnerung als eine gute Erinnerung gegeben; sie zählt zu den Dingen, auf die sie am meisten stolz ist. Sie will, dass ich sehe, dass sie immer nach dem größeren Guten gestrebt hat, auch wenn ihre Methoden hart und gewalttätig gewesen sein mochten.«
    »So, wie mein Vater den Krieg im Namen des Friedens gerechtfertigt hat und die Unterdrückung im Namen der Ordnung«, sagte Hex. »Wenn es etwas gibt, das ich über das Leben gelernt habe, dann dass die Wesen mit den glühendsten Überzeugungen die größten Grausamkeiten rechtfertigen können.«
    »Ich weiß nicht, ob ich dir da zustimme«, sagte Jandra. »Du hast ebenfalls glühende Überzeugungen, aber es hat dich nicht blutrünstig und rücksichtslos gemacht wie Jazz. Oder wie Bitterholz, wenn ich darüber nachdenke. Du bist ein lebender Widerspruch zu deiner eigenen These.«
    »Wenn es noch etwas gibt, das ich über das Leben gelernt habe, dann dass jede Wahrheit, die ich in einem einzigen Satz beschwören kann, ziemlich sicher zerplatzen wird, wenn ich sie mit dem Gewicht der Wirklichkeit belaste.«
    »Und ich habe aus diesen neuen Erinnerungen gelernt, dass ich keine Angst vor Jazz haben muss. Sie mag mächtig und klug sein, aber sie ist weder allmächtig noch allwissend. Sie ist nur eine Frau mit einem menschlichen Gehirn in einem menschlichen Schädel. Ich will nicht grausam sein, aber ich habe gesehen, was du mit einem menschlichen Schädel tun kannst. Wir haben eine Chance, wenn wir zusammenbleiben. Ich glaube, wir können sie besiegen.«
    »Nun denn«, sagte Hex und ging auf das Tor zu. »Es ist wieder
mal an der Zeit, eine Überzeugung an der Realität zu messen.« Er sprang in den Regenbogen und verschwand.
    Während er das tat, schien der Regenbogen zu beben, und die Luft um ihn herum schimmerte mit unzähligen winzigen Prismen, die so rasch verklangen, wie sie sich gebildet hatten. Aber in diesem einen kurzen Aufblitzen war Jandra sicher, dass sie wieder ihren Namen gehört hatte, gesprochen von Zeeky. Sich wappnend, trat Jandra in den Regenbogen …
     
    … und diesmal war die Leere unendlich. Statt auf der anderen Seite herauszukommen, trieb Jandra in Dunkelheit und Stille dahin. Sie konnte nicht atmen; sie konnte ihr Herz nicht schlagen hören. Das körperlose Gefühl war in etwa so, wie sie sich den Tod vorstellte. Aber sie … sie war nicht tot. Sie dachte. Was geschah mit ihr?
    Sie versuchte, Feuer um ihre Hände zu erzeugen und damit die Dunkelheit zu vertreiben, aber sie spürte ihre Hände nicht mehr. Sie war sich nicht einmal mehr sicher, ob sie überhaupt noch welche hatte. Es war, als wäre alles, was körperlich an ihr war, von ihr genommen worden, und nur noch ihr Geist wäre übrig geblieben.
    »Jandra«, flüsterte eine Stimme.
    »Zeeky?«, fragte sie, obwohl sie keine Kehle und keinen Mund hatte, um die Worte zu bilden.
    »Folge meiner Stimme«, sagte Zeeky. Während sie sprach, teilte sich die Dunkelheit, und ein kleiner Lichtstreifen entstand. Jandra wollte sich auf das Licht zubewegen, aber sie wusste nicht, wie. Sie hatte keine Gliedmaßen, mit denen sie sich hätte voranschieben können. Panik ergriff sie. Das Wissen, dass es einen Weg gab, der aus dieser Leere herausführte, und ihre Unfähigkeit, ihn zu finden, ließen in ihr das Gefühl entstehen, sie würde in der Falle sitzen.

    Dann legten sich Hände, die keine Hände waren, auf sie oder auf die Idee von ihr, und sie schob sich voran.
     
    Jandra landete hart auf dem festen Boden eines grauen, fensterlosen Raumes. Die Schwerkraft war sowohl beruhigend wie auch beengend. Das Gewicht ihres eigenen Körpers nagelte sie an die kalte, harte Oberfläche. Das Licht hier war schwach, aber nach ihrer Begegnung mit der Leere fühlte sich selbst dieses schwaches Licht in ihren Augen wie Dolche an. Sie hielt einen Arm quer vor das Gesicht, um das Licht fernzuhalten. Sie atmete tief und langsam ein und begrüßte die Luft auf ihren Lippen nach der kurzen Begegnung mit dem luftlosen, lippenlosen

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