Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
die Silberkugel auf die polierten Stufen des
Tempels und darauf das flammende Schwert. Dann trat er zurück und hoffte, dass die Drähte schmelzen würden, bevor sie die Kugel erreichten. Aber stattdessen knallte der Homunkulus plötzlich wie ein Maiskorn – heftig genug, dass das Schwert durch die Luft geschleudert wurde. Winzige Splitter klirrten gegen den Stein. Ein Stahlsplitter bohrte sich tief in Bitterholz’ Wange, kaum einen Zoll unterhalb von seinem linken Auge. Er zog das Stück mit rauen Fingernägeln heraus und wischte mit dem Handrücken über die Wunde. Er atmete tief und ruhig, obwohl jeder Atemzug Schmerzstiche durch seinen geprellten Brustkorb schickte.
Dann hob er das flammende Schwert auf; ein Kreis hatte sich an der Stelle im Gras gebildet, wo es gefallen war, allerdings waren der Boden und der Pflanzenbewuchs zu feucht, als dass die Flammen sich hätten weiter ausbreiten können. Bitterholz hielt die Waffe auf Armeslänge von sich gestreckt, unfähig, sie direkt anzusehen, so sehr glühte sie. Er hoffte, dass das Feuer ausgehen würde, wenn er das Schwert zurück in die Scheide schob. Aber in dem Moment, als er sich wünschte, dass die Waffe nicht so heiß wäre, reagierte sie darauf. Die weißglühende Flamme verklang zu einer gewöhnlichen Fackel. Bitterholz hatte nicht mehr das Gefühl, als würde sein Ärmel kurz davor stehen, ebenfalls in Flammen aufzugehen. Er starrte auf die jetzt beherrschbare Flamme und fragte sich, ob sie noch kleiner werden könnte. Das tat sie, und sie schrumpfte so sehr, dass nur ein schwacher Heiligenschein aus einer orangefarbenen Flamme um das Schwert herumtanzte. Bitterholz spürte keine Hitze mehr auf seinem Gesicht. Mit seinem Willen zwang er es, wieder heißer zu werden.
Er lächelte – was selten genug geschah – leise in sich hinein, als das Schwert auf seinen unausgesprochenen Befehl hin reagierte. Er ging zu Gabriels erstarrter Gestalt und schob die
Klinge zurück in die Scheide, die der dann an seinem eigenen Gürtel befestigte.
Er warf einen Blick zu der abgetrennten Zunge von Blasphet zurück. Zumindest wusste er jetzt, wie er sie kochen würde.
Bitterholz verließ den brennenden Tempel. Eine Stunde lang hatte er dort herumgeschrien und versucht, die Göttin zu sich zu rufen. Er hatte ihre Statue verbrannt und die Wände in Brand gesetzt, aber alles ohne Erfolg. Sie war nicht zu ihm gekommen.
Also schön. In Wirklichkeit war er auch nicht zurückgekehrt, um Engel und Göttinnen zu töten, sondern um Zeeky zu retten. Er entfernte sich von der Feuersbrunst des ehemals heiligen Ortes. Da der Engel erschlagen war und der Tempel brannte, sah Bitterholz keinen Grund, sich weiterhin an Details zu halten. »Zeeky!«, rief er. »Zeeky, wo bist du?«
Er lauschte in den nächtlichen Dschungel, lauschte dem Quaken der Frösche und dem Summen der Insekten, den lebhaften Schreien der Vögel und Affen, welche über die verbrannte Erde sprangen, die Bitterholz zurückgelassen hatte. Bei dieser Kakophonie von Geräuschen, das wusste er, konnte Zeeky nach ihm schreien, wie sie wollte, er würde es nicht hören.
Jandra ließ die Zahlenreihe, die ihren Helm verschloss, wieder durch ihren Geist wandern. Sie und Hex befanden sich im Fadensaal und starrten auf das Regenbogentor. Sie hatten bereits Adam und Trisky durchgeschickt, und auch die anderen Langwyrm-Reiter waren bereits durch die Tore zurückgekehrt, durch die sie gekommen waren.
Das Nest befand sich in keinem sehr guten Zustand, aber es gab nicht mehr viel, das sie noch tun konnte. Die Matriarchin hatte sich von dem betäubenden Rauch erholt und wieder den
Befehl übernommen. Sie hatte Graxen und Nadala gefesselt wegführen lassen, und Jandra hatte nicht das Gefühl gehabt, dass sie genug verstand, um gegen diese Entscheidung Einwände erheben zu können.
In dieser Nacht hatte Jandra viel Zeit damit verbracht, verletzte Walküren zu heilen. Sie hatte auch auf eine Nachricht über Blasphet gewartet – die Walküren, die die Tunnel durchsucht hatten, hatten seine Leiche immer noch nicht gefunden. Jandra konnte allerdings nicht glauben, dass er nicht tot sein sollte. Sie hatte schließlich seine abgetrennte Zunge gesehen, und bei allen Fehlern, die Bitterholz hatte, er war kein Lügner. Wenn er sagte, dass er Blasphet getötet hatte, dann hatte er das auch getan. Konnte er seinem Körper möglicherweise etwas so Schreckliches angetan haben, dass er niemals gefunden werden würde? Es war besser,
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