Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
dich und Ragnar und den Rest der Ungeheuer fertiggemacht habe!«
Steinmauer empfand nicht einen einzigen Augenblick, während er den Gewehrlauf entlangsah, Angst. Aber es war nicht sein Glaube, der ihm Zuversicht gab. Shay hatte sich so schnell aus dem Staub gemacht, dass es schwierig gewesen war, ihn mit dem bloßen Auge zu verfolgen. Biskuit dagegen war ein unbewegliches Ziel.
Der erste Pfeil traf ihn in die Schulter des Armes, mit dem er das Gewehr hielt. Als das Gewehr auf den Boden fiel, bohrten
sich zwei weitere Pfeile in seinen Rücken, und ein anderer ragte aus seinem Hals. Als er schließlich auf der Erde aufkam, sah er aus wie ein Nadelkissen.
Steinmauer schüttelte traurig den Kopf angesichts des Verlustes zweier guter Schmiede. Er stimmte ihn auch traurig, dass Shay weggegangen war. Er hatte die Unterhaltung mit ihm genossen. Seit er die Treibinseln verlassen hatte, hatte er nur wenig Gelegenheit gehabt, eine gebildete Unterhaltung zu führen. Aber er konnte Shays Flügel nicht unbeachtet lassen. Welchen Bann hatte Jandra ihm auferlegt? Oder stimmte es vielleicht doch? Waren die Flügel einfach nur Maschinen?
Das Blut, das von Frost und Biskuit wegströmte, vermischte sich zu einer einzigen großen Lache. Steinmauer trat in diese Lache und hob das Handgewehr hoch. Es war eine sehr geschickte Erfindung. War das Burkes Werk? Oder hatte Frost die Waffe aus eigenem Antrieb verändert?
Seine Überlegungen wurden abrupt unterbrochen, als die Haustür aufging. Ragnar stand benommen auf den Stufen. Ein roter Fleck befand sich auf der Stirn des Propheten, wo er den Kopf auf den Boden gedrückt hatte. Er schien die zwei Leichen auf seiner Türschwelle nicht zu bemerken.
»Der Herr hat meine Gebete mit Donnerstimme an einem wolkenlosen Tag beantwortet«, sagte der Prophet.
Steinmauer stand kurz davor, ihm von dem Kampf zu erzählen, aber dann dachte er, dass es möglicherweise als Blasphemie gewertet werden könnte, wenn er behauptete, dass der Prophet Gewehrschüsse mit der Stimme des Herrn verwechselt hatte.
»Ich habe eine Botschaft für die Männer«, sagte Ragnar. »Hol sie zusammen. Alle.«
»Auch die, die unter Quarantäne stehen?«
»Alle. Sofort.«
Der haarige Prophet drehte sich auf den Fersen um und stapfte ins Haus zurück.
Eine Stunde später waren die Leichen auf Steinmauers Befehl hin entfernt worden. Stroh war ausgestreut worden, um das Blut zu verdecken, das die festgetretene Erde verschmierte. Die Mächtigen Männer waren von einem Gebäude zum nächsten gezogen und hatten die Männer aus ihren Betten gezerrt, in manchen Fällen auch darunter hervor. Zweitausend Männer versammelten sich auf der Straße vor Ragnars Haus. Ganz vorn standen die Männer, die unter Quarantäne gestellt worden waren. Sie waren ein erbärmlicher Haufen, unordentlich und schmutzig, mit fettigen Haaren und struppigen Bärten. Seit sie von den anderen isoliert worden waren, hatte man ihnen nicht mehr gestattet, sich den Bädern zu nähern.
Es war mitten am Nachmittag. Die Sonne strahlte, und es war warm. Ein Wintertag, der vom kommenden Frühling kündete.
Schon bald waren alle innerhalb der Festungsmauern versammelt, abgesehen von den Männern der Himmelsmauer, die – in ihrer ursprünglichen Anzahl – einen beeindruckenden Anblick auf der Mauer bildeten.
Die Tür des Backsteinhauses öffnete sich.
Ragnar trat heraus; in seiner Linken hielt er das Kreuz. Er schleuderte es auf die Stufen, und die Eisenklingen klirrten wie Glocken.
»Es gibt keine Seuche in Drachenschmiede!«, rief der Prophet.
Steinmauer runzelte die Stirn. Gemurmel breitete sich unter den Leuten aus.
»Es gibt keine Seuche in Drachenschmiede!«, rief Ragnar erneut. »Der Herr hat mit Donnerklang zu mir gesprochen!
Er sagte, dass wir nichts zu befürchten haben! Keine Krankheit kann unsere rechtschaffene Sache zunichtemachen. Er beschützt uns vor Plagen und Fieber. Wer immer krank war, wird durch die Kraft unseres Glaubens geheilt werden!«
Steinmauer sah zu den zerlumpt aussehenden Männern hin, die von den Quarantäne-Unterkünften hergekommen waren. Wenn auch keiner gesund aussah, so schien doch auch niemand völlig untauglich zu sein. Keiner wirkte, als hätte er Fieber, abgesehen von einem der jüngeren Männer, einem Jungen, genauer gesagt. Steinmauer hatte das Gefühl, als müsste er den Namen des Jungen kennen. Schließlich fiel er ihm ein. Es war Bohrer, der Junge, über dem Jeremiah sich erbrochen hatte. Als er in die
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