Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
landete, streckte sie die Hand nach dem Schwert aus, das sie zuvor in die Luft geworfen hatte und das jetzt genau dort hineinfiel.
Bitterholz’ Augen wurden schmal. Die Frau sah ihn mit ruhigem Blick an. Da war etwas Vertrautes an ihr. Sie bewegte sich wie die mechanischen Männer, gegen die er gekämpft hatte, Hezekiah und Gabriel, die uralten Maschinen, die so ausgestattet waren, dass sie wie Menschen aussahen.
Die Frau streckte Bitterholz die Hand entgegen und krümmte dann die Finger, als wollte sie ihn zum Angriff einladen. Bitterholz zielte sorgfältig. Er hatte die Absicht, die Herausforderung anzunehmen.
Eine Krücke aus Stahl schlug ihm seitlich ins Gesicht und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Sterne tanzten vor seinen
Augen. Er schwankte, und es bimmelte in seinen Ohren, aber nicht von dem Schlag. Vielmehr war Burke nur wenige Zoll von seinem Ohr entfernt und schrie sich die Lunge aus dem Leib.
»Aufhören, habe ich gesagt!« Burke packte Bitterholz am Kragen und zog ihn näher zu sich heran, bis ihre Gesichter dicht beieinander waren. »Das ist Anza!«
»Anza?«, fragte Bitterholz und warf einen Blick hinter sich auf die Frau. Jetzt wusste er, warum sie ihm vertraut vorgekommen war. Er war ihr nur kurz während der Flucht aus dem Drachenpalast begegnet, und ohne ihre Kleidung aus schwarzem Hirschleder hatte er sie nicht erkannt. Ihre Haare hingen zudem offen herab, statt wie zuvor zu einem festen Zopf zusammengebunden zu sein.
»Es gibt keinen Grund, zu kämpfen«, sagte Blasphet mit seiner weichen, kultivierten Stimme, während er sich wieder in eine sitzende Position begab. »Ich bin nicht wütend auf dich, Bitterholz.«
»Wer bist du wirklich?«, knurrte Bitterholz. »Ich habe Blasphet getötet. Du kannst nicht der echte Mördergott sein.«
»Der bin ich auch tatsächlich nicht«, sagte Blasphet. »Du hast meiner Herrschaft als Mördergott ein Ende bereitet. Du bist der Geist-der-tötet, der Tod-aller-Drachen. Du, Bitterholz, bist der wahre Mördergott.«
Bitterholz hatte das Gefühl, als wäre er in einen Alptraum gerutscht. Es war die einzige Erklärung. Selbst wenn Blasphet überlebt hätte, wie konnte er dann reden? Seine Wut verwandelte sich in Verwirrung. »Ich habe deine Zunge gegessen.«
»Wie angemessen«, sagte Blasphet. »Die Überreste eines besiegten Feindes zu verzehren ist eine der Möglichkeiten, seine Macht in sich aufzunehmen.«
»Es war nur ein Abendessen«, sagte Bitterholz und schüttelte den Kopf.
»Deshalb haben die Walküren nie deine Leiche gefunden, Onkel«, sagte Hex. »Und wieder einmal hast du dir einen eindrucksvollen Abgang verschafft.«
»Nein!«, wandte Bitterholz ein. »Er hatte keinen Herzschlag mehr! Er hat nicht geatmet. Als ich ihm die Zunge herausgeschnitten habe, ist er nicht einmal zusammengezuckt.«
Blasphet nickte. »Das ist alles richtig. Aber da ich viele Jahre mit der Gefahr gelebt habe, hingerichtet zu werden, habe ich schon vor langer Zeit ein Gift entwickelt, das mich in einen todesähnlichen Zustand versetzen konnte. Colobi hat mich gefunden und mir das Gegenmittel gegeben, nur wenige Momente, nachdem du gegangen warst. Wir sind zusammen vom Nest weggehumpelt. Meine Verletzungen waren tatsächlich schwerwiegend. Du hast mich höchst wirkungsvoll abgeschlachtet.«
»Du … warst gar nicht tot?« Es fiel Bitterholz schwer, das zu glauben, obwohl der lebende Beweis dafür vor ihm stand.
»Ich war dem Tod so nah, wie irgendein sterbliches Wesen es nur sein kann. Als das Gift sich in mir ausgebreitet hat, habe ich mich gefühlt, als würde ich von meinem Körper abfallen und in ein großes, niemals endendes Nichts sinken. Ich bin im Abgrund gewesen, Bitterholz. Was ich dort vorgefunden habe, hat mich verändert. Als Colobi mich wiederbelebt hat, bin ich in eine Welt zurückgekehrt, in der jeder Atemzug eine Qual ist. Und doch kann ich jetzt bezeugen, dass jeder schmerzhafte Atemzug weit, weit süßer ist als das Nichts des Todes. Ich habe den dunklen Tunnel verlassen und meine üblen Verhaltensweisen bereut. Ich habe mir geschworen, niemals wieder einem anderen Menschen Schaden zuzufügen. Ich habe meinen Verstand, der einst so begeistert vom Morden war, auf den Schutz und die Verbesserung des Lebens gerichtet.«
Hex schüttelte den Kopf, während Blasphet sprach. »Du wirst mir vergeben, Onkel, dass ich skeptisch bin.«
»Beurteile mich nach meinen Taten«, sagte Blasphet. »Sieh dich um. Ich mache Blinde sehend. Ich erlaube den Lahmen
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