Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
beherbergte. Shay hoffte, dass er die Begegnung mit dem Sklavenjäger nicht nur überlebt hatte, um dann an einer schrecklichen Krankheit zu sterben.
Er war erschöpft, aber er beklagte sich nicht, als die anderen dafür stimmten, weiterzugehen. Im Verlauf des Tages kamen sie an drei weiteren Dörfern vorbei, die alle zerstört waren, und überall hatte man die abgetrennten Köpfe auf einen Haufen geworfen. Die Spuren der Erddrachen waren überall zu sehen. Sie alle ritten schweigend dahin. Anza wirkte besonders in sich gekehrt; ihr Gesicht war eine gefühllose Maske. Sie fragte sich vermutlich, ob ihr Heimatort das gleiche Schicksal erlitten hatte.
Auch Shay machte sich Sorgen um die Stadt. War Burkes verborgene Bibliothek zerstört worden? Er fühlte sich schuldig, weil das Schicksal der Bücher ihn so belastete, während Anza zweifellos mit dem Verlust von Freunden und Familie zu kämpfen hatte. Er konnte noch immer das Loch fühlen, das in seinen Eingeweiden aufgerissen war, als er gesehen hatte, wie Der Ursprung der Rassen zu Asche zerfallen war. Wie hatte er sich nur so irren können, was Ragnar betraf? Der Prophet hatte seit Jahren hitzköpfige Reden gehalten, in denen er die Menschen zur Rebellion aufforderte. Seine Worte wanderten im Flüsterton von Sklave zu Sklave durch das ganze Königreich. Burke mochte der Stratege gewesen sein, der die Rebellen mit würdigen Waffen ausstattete, aber es war Ragnars Vision, der die Rebellen gefolgt waren. Wie konnte ein so großer Anführer Bücher verschmähen?
Es war spät am Abend, als die Drachenspuren, denen sie folgten, plötzlich nach links abbogen und die Schmiedestraße verließen. Furchen eines Konvois von Versorgungswagen führten einen Hügel mit einem brachliegenden Feld hoch. Shay sah zum Kamm hoch und fragte sich, ob eine Armee auf der anderen Seite war.
»Was glaubst du, wo sie sind?«, fragte Vance, als er sein Pferd neben Shay gelenkt hatte.
Anza schnippte mit den Fingern und zog eine wellige Linie durch die Luft. Shay verstand nicht, was sie ihnen mitteilen wollte. Anza wirkte verärgert und wiederholte die Bewegung.
»Ein Fluss?«, fragte Jandra.
Anza nickte.
»Ich hatte schon bemerkt, dass wir seit einigen Meilen keine gute Trinkwasserquelle mehr passiert haben. Sie müssen zum Fluss gegangen sein, um zu lagern. Wie weit südlich ist der Fluss?«
Anza hielt zwei Finger in die Luft.
»Zwei Meilen?«, fragte Jandra.
Anza nickte.
Sie starrten jetzt alle zum Berg hoch. Der Boden war vor nicht allzu langer Zeit niedergetrampelt worden, aber Shay konnte nicht erkennen, ob die Armee sich vor einer Stunde oder einem Tag nach Süden gewandt hatte.
Echs hockte auf Jandras Schulter; er hielt den Kopf hoch, schnüffelte und kauerte sich dann zusammen, während er die braune Farbe von Jandras Haaren annahm.
»Böse Häuptlinge«, flüsterte er.
»Wenn sie nah genug sind, dass Echs sie riechen kann, dann sollten wir sehen, dass wir weiterkommen«, sagte Shay.
»Oder wir sollten sie ausspionieren«, sagte Vance. »Herausfinden, wie viele es sind. Nachsehen, ob sie sich für längere Zeit niedergelassen haben oder nur die Nacht hier verbringen wollen.«
»Nein«, sagte Jandra. »Wir sollten weitergehen, zu Burkes Schenke. Wir müssen alle Städte, auf die wir unterwegs treffen, davor warnen, dass Drachenarmeen auf dem Marsch sind und sie weglaufen sollen.«
»Und wohin?«, fragte Vance. »Wenn sie nach Drachenschmiede gehen, könnten sie der Armee geradewegs in die Arme laufen.«
»Dann nach Osten«, sagte Jandra. »Nach Richmond. Shandrazel ist vielleicht tot, aber Androkom, der Hohebiologe, wird in der Umgebung des Palastes für Recht und Ordnung sorgen. Der Hohebiologe kann in Abwesenheit des Königs die Luftwache befehligen. Er wird den Frieden zumindest in unmittelbarer Nachbarschaft aufrechterhalten.«
»Du hast viel Vertrauen in Androkom«, sagte Shay. »Er war beim Kolleg der Türme ziemlich berüchtigt, denn er war ein
prominenter Gegner der Sklaverei und hat sich bei den Biologen viele Feinde gemacht. Ich bin nicht sicher, ob die anderen Himmelsdrachen ihm gehorchen werden.«
»Ich mochte ihn auch nicht«, sagte Jandra. »Er hatte eine hochnäsige Art, als würde er glauben, dass niemand auf der Welt so klug sein könnte wie er. Aber auch wenn ich allen Grund habe, Drachen zu hassen« – Echs wimmerte, und Jandra strich über seinen Arm –, »ich vertraue Androkom trotzdem. Wenn jemand klug genug ist, um zu verhindern, dass das
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