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Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet

Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet

Titel: Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Maxey
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Schwein befand sich ein kleines blondes Mädchen von etwa zehn Jahren, das selbst für Shays Verhältnisse dünn war. Auch sie hatte sich ein Visier aus Metall aufgesetzt.
    Beim Kopf des Tieres stand Bitterholz im Sattel; er hatte seinen Bogen gespannt und feuerte einen Pfeil nach dem anderen in den Schwarm Drachen, die auf sie zukamen. Shay starrte den legendären Drachentöter an. Er war ein gutes Stück kleiner als er selbst und nicht besonders heldenhaft, was seine Haltung oder seine Gesten betraf, wirkte vielmehr wie ein Feldsklave mittleren Alters, verwittert, verschrumpelt und abgenutzt. Die tiefen Falten um seine Augen zuckten, als sie ein Ziel nach dem anderen auswählten. Seine Hände bewegten sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit zwischen Köcher und Bogen hin und her. Die Sehne erklang in einem musikalischen Rhythmus, der für ein paar Sekunden summte, bis ein neuer Pfeil an die Sehne gelegt wurde, Zumm, Zumm, Zumm, Zumm. Die Pfeile, bemerkte Shay, waren mit den gleichen leuchtenden grünen Blättern befiedert wie die Pfeile, durch die die Sklavenjäger beim Fluss getötet worden waren.
    Shay versuchte sich zu erheben, sofern »erheben« in dieser seltsamen seitwärtsgeneigten Welt, in der er erwacht war, irgendeine sinnvolle Bedeutung hatte. Als er sich rührte, begann sich sein Schwerpunkt zu verlagern. Er hatte das Gefühl, als
würde er von dem Boden unter ihm gerufen werden. Er packte das Tier an den Schuppen, die sich wie einander überlappende dünne Scheiben anfühlten und in ihrem Kern metallisch waren. Er spürte, wie er abrutschte.
    »Kämpf nicht dagegen an«, rief das blonde Mädchen. »Der Sattel wird dich halten, wenn du es zulässt.«
    Aber Shay kämpfte dagegen an. Seine Beine hingen jetzt gerade nach unten.
    Er sah zu Anza hin, die die Augen verdrehte. Sie schleuderte ihre Wurfmesser zum Himmel hoch, und ein Himmelsdrache kippte zur Seite und stürzte mit plötzlich erschlafften Flügeln nach unten. Anza zog ihr langes Schwert aus der Scheide am Rücken. Sie schwenkte es hoch über den Kopf und ließ die flache Seite der Klinge auf Shay niedersausen.
    Donner krachte irgendwo in der Nähe seines Schädels, und die Welt färbte sich erneut schwarz.
     
    Shay erwachte zu dem leicht süßlichen Gestank von Dung und Heu. Er lag flach auf dem Rücken eines großen Strohballens, und sein Kopf pochte bei jedem Herzschlag. Als er an seinem Hinterkopf tastete, fand er einen Knoten von der Größe einer Walnuss. Er setzte sich auf und versuchte sich zu erinnern, wo und warum er sich diese Verletzung zugezogen hatte. Pferde waren in der Scheune, in der er sich befand, starrten ihn geduldig an. Die Scheune kam ihm vage vertraut vor; er wusste, dass er schon einmal hier gewesen war. Sie gehörte zu einer Schenke am Rand von Richmond. Hier hatten sie ihre Pferde zurückgelassen, bevor sie zum Palast gegangen waren.
    Er stand auf und stellte fest, dass seine Beine zitterten. Stimmen waren draußen zu hören, vertraute Stimmen. Er stolperte zur Scheunentür. Das Gehen schmerzte. Er erinnerte sich an Bitterholz’ wenig ehrenvollen Angriff auf ihn. Jemandem in die
Eier zu treten war nicht gerade ein Verhalten, das er von einem legendären Kämpfer für die Menschlichkeit erwartet hätte.
    Shay schob die Scheunentür auf und stellte fest, dass sein Blick wie von allein zum Horizont gezogen wurde. Flammen schossen in einem riesigen Inferno in die Luft, das bis zu den Sternen zu reichen schien. Die Große Bibliothek, in der tausend Jahre Geschichte und Literatur versammelt gewesen waren, war jetzt das größte Leuchtfeuer der Welt. Er sank auf die Knie, scherte sich nicht darum, dass er im Mist des Scheunenhofes kniete. Ihm war übel. Nicht mehr als zehn Fuß von ihm entfernt saß Jandra am Rande eines Regenbottichs und starrte ebenfalls auf die Flammen. Vor ihr auf dem Boden hockte der alte Mann, Bitterholz.
    Jandra trug jetzt einen Umhang, der ihr bis zu den Waden reichte und wie maßgeschneidert saß. Der Stoff war hellblau und hatte damit die gleiche Farbe wie die Flügel eines Himmelsdrachen. Shay hatte sich an den unförmigen, farblosen Umhang eines Erddrachen gewöhnt, den sie in der letzten Zeit getragen hatte. Jetzt wirkte sie zugleich kleiner und auch mächtiger, erinnerte eher an eine Zauberin als an einen Flüchtling. Kopfschüttelnd starrte sie auf die Flammen. »Es ist nicht so, dass ich nicht anerkenne, dass du uns gerettet hast, Bant«, sagte sie. »Aber was du da getan hast, ist

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