Die Herrschaft der Orks
Es war fast, als sprächen verschiedene Stimmen aus ihm. Erneut gab es Jubel und zustimmendes Geschrei, bis Winmar wieder die Arme hob.
»Die Jahre der Unterdrückung«, fuhr er mit weithin hallender Stimme fort, »sind endgültig vorüber. Ebenso wie die Zeiten, in denen wir unseres Aussehens und unserer Körpergröße wegen von den Menschen verlacht wurden. Nach diesem Tag, meine getreuen Kämpfer, wird niemand mehr über uns lachen, sondern jede Kreatur und vor allem jeder Mensch in Erdwelt wird gelernt haben, unseren Zorn zu fürchten. Es ist an der Zeit, den Staub der Berge von unseren Füßen zu schütteln und uns zu nehmen, was rechtmäßig uns gehört. Die Ära der Elfen ist vor langer Zeit zu Ende gegangen, nun geht auch das Zeitalter der Menschen zu Ende – uns, den Zwergen, gehört das Erdwelt der Zukunft!«
Erneuter Jubel, der sich gar nicht wieder legen wollte. Schon wieder wurde hier und dort der Name des Königshauses skandiert, bis Winmar erneut das Wort ergriff. »In diesem Krieg«, hob er noch einmal an, »dem längsten, der je von unserem Volk geführt wurde, ging es niemals um Besitz, um Boden, um Nahrung oder weswegen auch immer in der Vergangenheit Kriege geführt worden sein mögen. Es ging immer nur darum, unserem Volk den Platz in der Geschichte zu verschaffen, der ihm seiner Bestimmung gemäß zukommt. An vielen Fronten haben wir gekämpft, haben die Grenzen des Zwergenreichs beständig erweitert; wir haben die Nordlande und das Nordmeer unterworfen und das Königreich Anar – doch die endgültige Entscheidung steht noch immer aus. Erst wenn das Banner des Zwergenkönigs über dem höchsten Turm von Tirgaslan flattert, ist die Mission beendet, auf die uns die Vorsehung geschickt hat. Und diese letzte Auseinandersetzung, diese letzte Schlacht und dieser größte Sieg stehen unmittelbar bevor!
Nur zu diesem Zweck seid ihr hier zusammengekommen, die tapfersten Krieger, die das Zwergenreich je gesehen hat. Geht hinaus und kämpft, meine Getreuen! Vereint euch mit dem Heer unserer Söldner und mit den Horden der Gnomenmark, bemannt die Kaldronen und marschiert dem Ruhm entgegen, der euch alle erwartet. Ich, Winmar von Ruun, König der Zwerge und Herr des Berges, werde nicht nur mit meinen Gedanken bei euch sein, sondern euch auch mit einer neuen Waffe ausstatten, wie sie zuvor noch niemals in Erdwelt gesehen wurde.«
Der Zwergenkönig wartete, bis seine Worte verhallt waren. »Diese Waffe«, fuhr er dann fort, auf die von den Trollen gezogenen Panzerwagen und Katapulte deutend, »wird euch auf eurem Feldzug begleiten. Als ›Winmars Faust‹ wird sie unter den Feinden Angst und Schrecken verbreiten – und ihr, meine Krieger, werdet den Sieg davontragen. Für mich, euren König, für das Volk der Zwerge – und für die Ewigkeit!«
Dem Jubel, der nun ausbrach, hätte selbst Winmar nicht mehr Einhalt zu gebieten vermocht.
»Ruun! Ruun! Ruun!«, erklang wieder der rhythmische Gesang, in den sich nun auch das Stampfen und Schnauben der Kaldronen mischte. Die Kriegsmaschinerie des Zwergenreichs war entfesselt – von einem kleinen Mann, der den meisten Menschen noch nicht einmal bis zur Hüfte reichte. Die kurzen Arme hoch erhoben, stand er an der Brüstung des Balkons und nahm die Ovationen seiner Krieger entgegen, die das gewaltige Aufmarschgewölbe endgültig in eine dröhnende, bebende Hölle verwandelten.
Vigor sah es mit wachsendem Grauen.
So sehr die zur Schau gestellte Stärke des Zwergenreichs auch ihn beeindruckte und so sehr er den Triumph über die Menschen herbeisehnte, so sehr wurmte ihn die Tatsache, dass es jemandem gelungen war, sich das Vertrauen des Königs zu erschleichen und dem Oberhaupt der königlichen Geheimpolizei seinen Posten streitig zu machen. In all den Jahren hatte Vigor seinem König stets die Treue gehalten, ihn mit aller Macht und all seinen Fähigkeiten unterstützt, den Bedenken zum Trotz, die ihn vor allem in letzter Zeit bisweilen gequält hatten.
Doch all dies, so hatte es den Anschein, war letzten Endes vergeblich gewesen, denn ein anderer hatte sich das Vertrauen des Königs erschlichen.
Und nicht irgendjemand.
Sondern ausgerechnet ein Mensch …
»Ihr seid ein begnadeter Redner«, sprach Lavan zu Winmar.
»Nicht wahr?« Der Zwergenkönig hatte wieder seinen seltsam entrückten Blick angenommen. »Sie würden mir blind folgen, überallhin. Sogar in den Tod.« Er trat wieder vor an die Brüstung und nahm den Beifall seiner Streiter auf wie
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